bewegten äußeren Blätter aus drei Stegen sind in ä jour-Technik gearbeitet und gegen das Mit-
telblatt gedreht. Auf der Rückseite haben sich die Überreste von drei Tonstegen erhalten, die
darauf schließen lassen, daß der Stirndeckziegel, dem das Antefix vorgeblendet war, einem
Dach des korinthischen Systems zuzuordnen ist356. Das Antefix ist rundum mit einer weißlichen
Engobe überzogen.
Obwohl der Ziegel auf den ersten Blick recht unscheinbar wirkt, stellt er dennoch einen bemer-
kenswerten Bestandteil der Heidelberger Sammlung dar. Laut Aufschrift auf seiner Rückseite
ist er ein Geschenk von stud. phil. A.E. Napp und stammt aus der Casa del Labirinto (VI 11,
8-10) in Pompeji, einem der berühmtesten Häuser der Stadt357. Sie wurde in den Jahren
1834/35 und 1841 freigelegt und verdankt ihren Namen dem Minotauros-Mosaik mit einem
Emblem des Theseus als Minotaurostöter, das im Cubiculum 42 freigelegt wurde358. Vermut-
lich diente das Heidelberger Stück als Compluvium-Antefix. Anschaulich wird die Funktion
und Anbringung auf einer Rekonstruktionszeichnung des Compluviums der Casa del Marinaio
in der Nähe der Porta Marina (VII 15, 2)359. Tonstege auf der Rückseite des Antefixes deuten
allerdings eher darauf hin, daß es nicht oberhalb der Kalyptere gesessen hat wie auf der Zeich-
nung von J. Overbeck und H. Mau, sondern einem Stirnziegel vorgeblendet war.
Ob das Stirnziegelfragment mit Antefix tatsächlich zur Ausstattung der Casa del Labirinto ge-
hört hat, muß angesichts der dürftigen Notiz über den Fund offen bleiben. Das Stück könnte
auch von einem anderen Haus dorthin verschleppt worden sein360. Wenn es jedoch von hier
stammt, stellt sich die beim derzeitigen Forschungsstand nicht eindeutig zu beantwortende
Frage, welchem der beiden Compluvia es zuzuordnen ist361. V.M. Strocka hat kürzlich ein wei-
teres Palmettenantefix aus der Casa del Labirinto abgebildet, das in dem an Atrium 27 angren-
zenden Cubiculum 28 gefunden wurde362. Es zeigt eine etwas andere Form als das Heidelberger
Exemplar: Über einer schmalen Stirnleiste befindet sich ein gekerbter Stab, aus dem drei flach
gehaltene Akanthusblätter erwachsen. Wie das Heidelberger Stück verfügt das von Strocka
abgebildete Antefix über eine siebenblättrige Palmette. Die beiden erhaltenen unteren Blätter
sind jedoch paarweise gegeneinander gedreht. Typologisch steht das Heidelberger Antefix sol-
chen an der Basilika von Pompeji, bei denen nur die beiden oberen Blätter zur Mitte hin gedreht
356 Vgl. dazu A. Ohnesorg, Inselionische Marmordächer (1993) 1; Winter 83 f. Abb. 2 b; 3 a. b; 4 a. b.
357 Grundlegend: V.M. Strocka, Casa del Labirinto (VI11, 8-10), Häuser in Pompeji 4 (1991). - Mosaik: ebenda 42 ff.
Abb. 269-272. - Zu A.E. Napp s.o. Anm. 10.
358 Zur Entdeckung und Forschungsgeschichte des Hauses: Strocka a.O. 16.
359 J. Overbeck - A. Mau, Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken4 (1884) 259 Abb. 143. - Zum
Haus zuletzt: L. Eschebach (Hrsg.), Gebäudeverzeichnis und Stadtplan der antiken Stadt Pompeji (1993) 341 f.
(Lit.). - Vgl. auch die Terrakottaverkleidung des Compluviums der Casa dei Vettii (VI 15,1): A.M. Ferroni -
M.G. Flamini - G. Prisco, RStPomp 8,1997, 166 f. Abb. 14. - Zum Haus zuletzt: V. Sampaolo in: Pompei. Pitture e
Mosaici V (1994) 573 ff. - Compluvium der Casa del poeta tragico (VI 8, 3-8): Pompeji wiederbelebt. Entdeckung,
Nachleben und Rekonstruktion eines antiken Wohnhauses, Ausstellungskatalog Leipzig 2001, Abb. 5. 40. 42. 43
(Rekonstruktion des Londoner Architekten N. Wood). - Vgl. auch H. von Rohden, Die Terracotten von Pompeji
(1880) 10 Abb. S. 5.
360 Entscheidend für die Geschichte der Sammlung ist jedoch, daß vermutlich nicht nur der Student A.E. Napp, son-
dern auch F. von Duhn davon ausgingen, dass es sich um ein Original aus dem bekannten Haus handelte.
361 Compluvia, deren konkrete Gestaltung aber unklar ist, befanden sich über den Atrien 3 und 27. Vgl. Strocka a. O.
20 ff. 27 ff. 96 ff. 139 f. Abb. 40. 44. 48. 51 f. - Ein weiteres Compluvium befand sich ferner über dem Atrium 50
des angegliederten Verwaltungshauses VI 11,8. Vgl. Strocka a.O. 96 Abb. 48. 456.
362 Vgl. Strocka a.O. 30 Abb. 467.
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telblatt gedreht. Auf der Rückseite haben sich die Überreste von drei Tonstegen erhalten, die
darauf schließen lassen, daß der Stirndeckziegel, dem das Antefix vorgeblendet war, einem
Dach des korinthischen Systems zuzuordnen ist356. Das Antefix ist rundum mit einer weißlichen
Engobe überzogen.
Obwohl der Ziegel auf den ersten Blick recht unscheinbar wirkt, stellt er dennoch einen bemer-
kenswerten Bestandteil der Heidelberger Sammlung dar. Laut Aufschrift auf seiner Rückseite
ist er ein Geschenk von stud. phil. A.E. Napp und stammt aus der Casa del Labirinto (VI 11,
8-10) in Pompeji, einem der berühmtesten Häuser der Stadt357. Sie wurde in den Jahren
1834/35 und 1841 freigelegt und verdankt ihren Namen dem Minotauros-Mosaik mit einem
Emblem des Theseus als Minotaurostöter, das im Cubiculum 42 freigelegt wurde358. Vermut-
lich diente das Heidelberger Stück als Compluvium-Antefix. Anschaulich wird die Funktion
und Anbringung auf einer Rekonstruktionszeichnung des Compluviums der Casa del Marinaio
in der Nähe der Porta Marina (VII 15, 2)359. Tonstege auf der Rückseite des Antefixes deuten
allerdings eher darauf hin, daß es nicht oberhalb der Kalyptere gesessen hat wie auf der Zeich-
nung von J. Overbeck und H. Mau, sondern einem Stirnziegel vorgeblendet war.
Ob das Stirnziegelfragment mit Antefix tatsächlich zur Ausstattung der Casa del Labirinto ge-
hört hat, muß angesichts der dürftigen Notiz über den Fund offen bleiben. Das Stück könnte
auch von einem anderen Haus dorthin verschleppt worden sein360. Wenn es jedoch von hier
stammt, stellt sich die beim derzeitigen Forschungsstand nicht eindeutig zu beantwortende
Frage, welchem der beiden Compluvia es zuzuordnen ist361. V.M. Strocka hat kürzlich ein wei-
teres Palmettenantefix aus der Casa del Labirinto abgebildet, das in dem an Atrium 27 angren-
zenden Cubiculum 28 gefunden wurde362. Es zeigt eine etwas andere Form als das Heidelberger
Exemplar: Über einer schmalen Stirnleiste befindet sich ein gekerbter Stab, aus dem drei flach
gehaltene Akanthusblätter erwachsen. Wie das Heidelberger Stück verfügt das von Strocka
abgebildete Antefix über eine siebenblättrige Palmette. Die beiden erhaltenen unteren Blätter
sind jedoch paarweise gegeneinander gedreht. Typologisch steht das Heidelberger Antefix sol-
chen an der Basilika von Pompeji, bei denen nur die beiden oberen Blätter zur Mitte hin gedreht
356 Vgl. dazu A. Ohnesorg, Inselionische Marmordächer (1993) 1; Winter 83 f. Abb. 2 b; 3 a. b; 4 a. b.
357 Grundlegend: V.M. Strocka, Casa del Labirinto (VI11, 8-10), Häuser in Pompeji 4 (1991). - Mosaik: ebenda 42 ff.
Abb. 269-272. - Zu A.E. Napp s.o. Anm. 10.
358 Zur Entdeckung und Forschungsgeschichte des Hauses: Strocka a.O. 16.
359 J. Overbeck - A. Mau, Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken4 (1884) 259 Abb. 143. - Zum
Haus zuletzt: L. Eschebach (Hrsg.), Gebäudeverzeichnis und Stadtplan der antiken Stadt Pompeji (1993) 341 f.
(Lit.). - Vgl. auch die Terrakottaverkleidung des Compluviums der Casa dei Vettii (VI 15,1): A.M. Ferroni -
M.G. Flamini - G. Prisco, RStPomp 8,1997, 166 f. Abb. 14. - Zum Haus zuletzt: V. Sampaolo in: Pompei. Pitture e
Mosaici V (1994) 573 ff. - Compluvium der Casa del poeta tragico (VI 8, 3-8): Pompeji wiederbelebt. Entdeckung,
Nachleben und Rekonstruktion eines antiken Wohnhauses, Ausstellungskatalog Leipzig 2001, Abb. 5. 40. 42. 43
(Rekonstruktion des Londoner Architekten N. Wood). - Vgl. auch H. von Rohden, Die Terracotten von Pompeji
(1880) 10 Abb. S. 5.
360 Entscheidend für die Geschichte der Sammlung ist jedoch, daß vermutlich nicht nur der Student A.E. Napp, son-
dern auch F. von Duhn davon ausgingen, dass es sich um ein Original aus dem bekannten Haus handelte.
361 Compluvia, deren konkrete Gestaltung aber unklar ist, befanden sich über den Atrien 3 und 27. Vgl. Strocka a. O.
20 ff. 27 ff. 96 ff. 139 f. Abb. 40. 44. 48. 51 f. - Ein weiteres Compluvium befand sich ferner über dem Atrium 50
des angegliederten Verwaltungshauses VI 11,8. Vgl. Strocka a.O. 96 Abb. 48. 456.
362 Vgl. Strocka a.O. 30 Abb. 467.
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