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Bömer, Aloys [Hrsg.]; Degering, Hermann [Gefeierte Pers.]
Mittelalterliche Handschriften: palaeographische, kunsthistorische, literarische und bibliotheksgeschichtliche Untersuchungen ; Festgabe zum 60. Geburtstage von Hermann Degering ; mit 1 Farbentaf. und 16 Taf. in Lichtdr. — Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.44802#0131

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WILLI GOBER

scheinen den jetzigen nicht unähnlich gewesen zu sein; nur muß das Blatt ein größe-
res Format gehabt haben, wie man aus den Spuren auf den jetzt von der Schrift
freigelassenen Rändern sehen kann. Haar- und Fleischseite sind in der Färbung
deutlich unterschieden; diese dürfte einst fast weiß mit leichter gelblicher Tönung
gewesen sein. Die Blatthöhe beträgt 17,6 cm, die Breite des einzelnen Blattes etwas
über 10 cm; das ergibt also ungefähr das Verhältnis 3:2. Der aufgeschlagene
Kodex hat so ein für ein Buch des täglichen Gebrauches sehr passendes Format
von rund 21 X 18 cm aufgewiesen. Das Pergament ist für die Beschriftung sorgfältig
vorbereitet worden: jede Seite weist außer den zwei senkrechten Linien, die die
Schriftkolumnen begrenzen, regelmäßige Querlinien auf, für jede Zeile eine. Die
Zeilenzahl ist verschieden; das eine Blatt - wie sich zeigen wird, Seite 17 und 18 -
enthält-25 Zeilen, das andere — Seite 31 und 32 —231). Die Liniierung ist mit einem
harten, spitzen Gegenstand ausgeführt, nachdem, wie üblich, durch eingestochene
Löcher eine Markierung geschaffen war. Die Linien sind auf der Fleischseite ver-
tieft, auf der Haarseite erhöht2); die senkrechten laufen über die ganze Höhe, die
wagrechten von den Punkturen am äußeren Rande gewöhnlich bis an die Faltung.
Das Einstechen der Löcher ist nicht mit einem Punktorium erfolgt, wie die ver-
schiedene Zeilenzahl und die nicht ganz gleichmäßigen Zeilenabstände zeigen; es
dürfte wohl ein Zirkel verwendet sein, der beim Gebrauch kleinen Verschiebungen
ausgesetzt war. Für ein Einstechen nach dem Augenmaß, etwa mit einer Nadel,
herrscht doch zu große Gleichmäßigkeit3).
Der äußere Rand, den die Schrift freiläßt, ist sehr schmal: er mißt kaum 1 cm;
der innere ist doppelt so breit; der obere beträgt etwa 1,4 cm, der untere 3 bzw.
auf Seite 31-32 : 3,2 cm. Das Verhältnis von außen zu innen und oben zu unten
ist also ungefähr 1 : 2.
Die Tinte konnte nicht näher untersucht werden, da das Blatt, um es vor weiterer
Zerstörung zu bewahren, unter festem Glasverschluß liegt. Die Farbe ist nicht
rein schwarz, sondern tief dunkelbraun; die Haa striche und Lesezeichen, bei
denen der Schreiber weniger aufgedrückt hat, sind öfters heller. Die Tinte hat
sich nur wenig eingefressen und zur Zerstörung des Pergaments nicht beigetragen.
Im Gegenteil gehen die Löcher mehrmals haarscharf um die Tintenstriche herum:
man beachte besonders Seite 32, 10 und 11. Seite 32, 21 steht die Haste des I am
Zeilenanfang vor de sogar teilweise frei: das Pergament fehlt unter ihrem oberen
Ende.
Der Schreiber ist bemüht gewesen, die Zeilen möglichst gleichmäßig zu füllen —
durchschnittlich finden wir 19 Buchstaben — und über die senkrechten Grenzlinien
J) Die beigegebene Tafel (Taf. 7) zeigt die Haarseite: links Seite 32 mit 23, rechts S. 17 mit 25 Zeilen.
2) Gerade das Umgekehrte ist nach Gardthausen (Griechische Palaeographie I2, Leipzig 1911, 158 und 184)
das übliche. Zur Regel stimmt es, daß die Schrift sich auf der Haarseite viel besser erhalten hat als auf der
Fleischseite, wo die Schwärze teilweise völlig abgerieben ist.
3) Vgl. Wilhelm Schubart: Das Buch bei den Griechen und Römern (2. Aufl. 1921) im Anhang Seite 176
zu Seite 28 f.
 
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