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Bömer, Aloys [Hrsg.]; Degering, Hermann [Gefeierte Pers.]
Mittelalterliche Handschriften: palaeographische, kunsthistorische, literarische und bibliotheksgeschichtliche Untersuchungen ; Festgabe zum 60. Geburtstage von Hermann Degering ; mit 1 Farbentaf. und 16 Taf. in Lichtdr. — Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.44802#0206

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ZUR DATIERUNG DER JOSUAROLLE
VON HANS LIETZMANN, BERLIN
Mit 1 Tafel

ENN schon die Bestimmung derZeit, aus der die alte Vorlage der in der Vati-


T V kanischen Bibliothek liegenden Josuarolle stammt, noch immer kontrovers ist,
und die Ansetzung dieses wertvollen Denkmals altchristlicher Kunst zwischen der
Mitte des 4. bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts schwankt, so werden auf die Frage
nach dem Alter des uns erhaltenen Exemplars noch erheblichere Unsicherheiten laut.
In der vorzüglichen und die Literatur sorgfältig durchmusternden Einleitung zu
der phototypischen Ausgabe der Rolle1) kommt das Durcheinander der Meinungen
recht lebendig zur Anschauung. Und doch glaube ich, daß dies Problem weit leichter
zu lösen ist als jenes andere nach dem Alter der Vorlage.
Die ganze 10,5 m lange und 0,31 m hohe Rolle bildet einen einzigen gewaltigen
Bildstreifen, der in kontinuierlicher Darstellungsform Szene an Szene reiht. Diese
Bilder sind, wie unzweifelhaft feststeht, nicht etwa Originalkompositionen, sondern
aus einer älteren Vorlage kopiert, und zwar mehrfach ohne rechtes Verständnis,
so daß wunderliche Verzeichnungen zutage gekommen sind. Einzelne Figuren und
auch ganze Gruppen werden durch Beischriften in Unziale dem Beschauer gedeutet.
So auf der beigegebenen Taf. 13 7?/6oty 6 tov Navrj, avöosq Tat (zweimal) flGpa?] Zitat
(zweimal), und über allen die Personifikation der jtäZtq rat. Durch diese Unzial-
schrift versucht man gewöhnlich das Alter der Kopie zu bestimmen, obwohl an sich
schon das Datieren von Unzialschrift eine reichlich unsichere Sache ist, und hier,
wo die Schrift als Begleiterin der Malerei auftritt, noch besonders ungünstige Um-
stände obwalten. Man ist denn auch, wie gesagt, auf diesem Wege zu keinem über-
zeugenden Ergebnis gekommen.
Unter dem Bildstreifen läuft auf schmalem Raum zusammengedrückt ein be-
gleitender Text zu den Bildern, der im 10. Jahrhundert von einer normalen, flotten
Schreiberhand hingesetzt ist. Diesen Text pflegt man ziemlich allgemein als späteren
Zusatz anzusehn und keiner weiteren Beachtung zu würdigen. Aber es wird sich
lohnen, ihn einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Er begleitet in lückenloser
Folge die Bilder, indem er die zu ihnen gehörige Erzählung liefert. Und zwar gibt
er den biblischen Text der Septuaginta, aber nicht vollständig, sondern nur, soweit
er durch die Bilder illustriert ist. Und auch da wird der biblische Text nicht im
vollen Wortlaut geboten, sondern in einem oft sehr stark kürzenden Exzerpt. So
0 II rotulo di Giosue. Codice Vaticano Palatino greco 431 riprodotto in fototipia e fotocromografia a cura
della Biblioteca Vaticana. Milano, Hoepli 1905.
 
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