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welche er für alle Gymnasien vorschrieb. Die Instruktion
suchte den Lehrplan der Jesuiten zu vervollständigen, die Lehr-
art zu verbessern, und drang besonders auf Abschaffung der
Uebelstände, welche man schon früher als Hauptursache des
schlechten Unterrichts erkannt hatte (häufiger Wechsel der Pro-
fessoren; kein Unterricht in der deutschen Muttersprache; kein
Unterricht in der Geschichte, Geographie und Arithmetik), wie
das alles schon 1735 und 1752, freilich erfolglos, angestrebt
worden ttiar."138) „Die Schulkomödien, welche nicht
bloß in sittlicher, sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht
die Schüler im höchsten Grade schädigten, wurden endlich
durch königliche Verordnung vom 19. Dezeniber 1768 ab-
geschafft; schon die Instruktion vom Jahr 1764 wollte sie
ausgehoben wissen." 139)
Das Kelle sehe Buch blieb seitens der Jesuiten nicht un-
widersprochen. Es erschienen vielmehr zwei gründliche Gegen-
schriften aus der Feder des P. R. Ebner S. J., die erste
Schrift in Linz im Jahr 1874 mit dem Titel: „Beleuch-
tung der Schrift des Herrn Dr. Joh. Kelle: Die Jesuiten-
gymnasien in Oesterreich"; die zweite Schrift in Innsbruck
im Jahr 1883 mit dem Titel: „Offizielle ungedruckte
Briefe von Jesuitengeneralen und -Provinzialen und Miß-
brauch derselben." P. Ebner S. J. sagt nun hier bezüglich
unserer Frage u. a.:
„Seit 1735 standen die Jesnitenschulen unter staatlicher
Kontrolle, und seit 1752 wurden sie alljährlich vom Universi-
tätssuperintendenten visitiert. Diese Ehre ließen sich die
Jesuiten ohne Sträuben gefallen. Seit 1764 aber waren
die Jesuitengymnasien unter den von der Negierung ernannten
Studiendirektor gestellt worden, der selbe „allseitig überwachen
und anzeigen sollte, wenn irgendwo die Jesuiten den Befehlen
nicht Nachkommen würden." 14°) Jmallgemeineu zögerten
die Jesuiten mit der Ausführung dieser Befehle. Der Haupt-
grund war, daß bei der großen Zahl der Unterrichtsanstalten
und bei der einmal bestehenden Organisation des Unterrichts-
wesens im Orden es geradezu unmöglich war, die bereits
geheischten Reformen überall in kurzer Zeit durchzuführen.
Nichtsdestoweniger bestrebte man sich, den Anforderungen der
Regierung immer mehr nachznkommen. Besonders begann
man dem Unterricht in der Muttersprache mehr Rechnung zu
tragen.444) In Graz wurden alle Verordnungen der
Studienreform von 1764 unverzüglich zur Ausführung ge-
bracht?") Dem gegenüber nimmt sich die Kellesche Phrase:
„die Jesuiten kümmerten sich nichts um die kaiserliche Ver-
ordnung", ebenso absurd als boshaft aus." 443) „Wenn Herr
Kelle (S. 97) behauptet, daß die Komödien schon in der
Instruktion vom Jahr 1764 abgeschafft werden wollten, so ist
dies nicht durchweg wahr. Diese Instruktion schaffte bloß die
„Endskomödien" ab, wie aus dem Wortlaut der Instruktion
klar erhellt. »Lud anni finem exsulabunt comoediae
omnes atque spectacula, sed eorum loco oratio de utili
aliquo argumento et carmina praelegentur.« 444)
Daß P. Ebner S. J. mit seiner Thesis: „Die Jesuiten
bestrebten sich, den Anforderungen der Negierung immer mehr
nachzukommen", vollständig recht hat, wird durch das vollauf
bestätigt, was wir oben von den Rottenburger Jesuiten gehört
138) Vrgl. Kelle 1. c. p. 80—83.
13B) Vrgl. Ib. p. 85—97.
34°) Ebner, Beleuchtung w. S. 427 u. 431.
141) Ebner, Beleuchtung :c. S. 398, vgl. S. 313 f.
"3) Die Beweise s. bei Dr. R. Peinlich, Gymnasialprogramm von
Graz, 1871, S. 63 f.
"3) Ebner, Offizielle k. S. 148.
144) Ebner, Beleuchtung jc. S. 633 f., 636.
haben. Unverz ü glich wurde von ihnen die Vorschrift?
Studienreform vom Jahr 1764 (betreffend die Unterlasst^;
der „Endskomödien") zur Ausführung gebracht:
butioni Praemiorum iuxta novam ordinationem
Tragoedia, sed Oratio et Carmen praelus1'
Und daß die Jesuiten nicht bloß momentan, etwa aus „Opp^
tunitätsgründen", sondern dauernd der Regierung gehest?
waren, geht hervor aus der Notiz, welche sich im w .
Jahr unserer Annalen (1766) vorfindet: »Praemia dis
buimus post vesperas ipso festo Nativitatis B. Vii'sr
absque ullo Dramatie exhibito.«
Schlu ß. .
Hundertfünfundzwanzig Jahre haben die Söhne des l
Ignatius in Rottenburg gewirkt. Die mannigfaltigen Sa)
sale der Niederlassung sind im I. Abschnitt an unserem
vorübergezogen. Im II. Abschnitt haben wir in ihre 1,^
umfangreiche Seelsorgethätigkeit und im III. Absa)'
in ihr Gymnasium einen Einblick bekommen. _ ?
Schließlich könnte noch jemand sagen: Viel, stl)4' ^
haben diese Jesuiten gearbeitet; aber mit welchem
nal wurde das alles geleistet? Auf diese Frage
A4'
i'oi?1
uns noch der Anhang III Antwort. Man ersieht aus
wie die Zahl der Jesuiten (von 1649 an) von drei PE
allmählich auf das achtfache steigt. Aus Nr. 2 aber
wir, wie die verschiedenen Arbeiten im Hause auf das genast^
ausgeteilt waren, im Jahr 1688 unter 16, im Jahr 1
unter 20 Personen.
Wir können hier schließen. ^
Zum mindesten sind wir mit Achtung erfüllt worden ^
diesen Ordensmännern, welche mit unveränderlichem und
ablässigem Eifer alle Kräfte eingesetzt haben, um der f ^
ihres Ordens gerecht zu werden: »Omnia ad maj° (
Dei gloriam!« Wir scheiden von unseren Nottestdn
Jesuiten mit der Ueb erzeugung, daß solch ein Kl4''
wahrlich keine Anstalt für Müßiggänger ist, sondern
Segen für einen weiten Umkreis.
Anhang I.
>Commnniones et Confessiones generales.
1667—1766.
Anno:
1667
1668
1669
1673
1674
1675
1676
1677
1678
1679
1680
1681
1682
1683
1684
1685
Communiones.
22 278
18 046 | 4232
20 045
15 400 | 4615
21 853
16 050 | 5803
28 000
35 600
30 500 I 5100
18 300
32 600
27 003 | 5600
22 400
24 000
18 600
21 730
16 430 I 5300
27 373
31 070
27 428
20 042
22 2n8
Confess.
gener.
146
74
87
78
120
40
100
100
147
88
113
188
101
221
205
186
Anno:
1686
1687
1690
1693
1694
1695
1696
1697
1698
1699
1700
1701
1702
1703
1704
1705
1706
1707
Communiones.
20 050
36 300
33 600
22 270
22 168
20 515
33 343
27 453 I 5890
27 278
32 805
27 805 I 5000
37 640
37 570
44 409
25 508
30 700
25 000 I 5700
26 900
28 240
32 274
33 409
93
246
2 2*
welche er für alle Gymnasien vorschrieb. Die Instruktion
suchte den Lehrplan der Jesuiten zu vervollständigen, die Lehr-
art zu verbessern, und drang besonders auf Abschaffung der
Uebelstände, welche man schon früher als Hauptursache des
schlechten Unterrichts erkannt hatte (häufiger Wechsel der Pro-
fessoren; kein Unterricht in der deutschen Muttersprache; kein
Unterricht in der Geschichte, Geographie und Arithmetik), wie
das alles schon 1735 und 1752, freilich erfolglos, angestrebt
worden ttiar."138) „Die Schulkomödien, welche nicht
bloß in sittlicher, sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht
die Schüler im höchsten Grade schädigten, wurden endlich
durch königliche Verordnung vom 19. Dezeniber 1768 ab-
geschafft; schon die Instruktion vom Jahr 1764 wollte sie
ausgehoben wissen." 139)
Das Kelle sehe Buch blieb seitens der Jesuiten nicht un-
widersprochen. Es erschienen vielmehr zwei gründliche Gegen-
schriften aus der Feder des P. R. Ebner S. J., die erste
Schrift in Linz im Jahr 1874 mit dem Titel: „Beleuch-
tung der Schrift des Herrn Dr. Joh. Kelle: Die Jesuiten-
gymnasien in Oesterreich"; die zweite Schrift in Innsbruck
im Jahr 1883 mit dem Titel: „Offizielle ungedruckte
Briefe von Jesuitengeneralen und -Provinzialen und Miß-
brauch derselben." P. Ebner S. J. sagt nun hier bezüglich
unserer Frage u. a.:
„Seit 1735 standen die Jesnitenschulen unter staatlicher
Kontrolle, und seit 1752 wurden sie alljährlich vom Universi-
tätssuperintendenten visitiert. Diese Ehre ließen sich die
Jesuiten ohne Sträuben gefallen. Seit 1764 aber waren
die Jesuitengymnasien unter den von der Negierung ernannten
Studiendirektor gestellt worden, der selbe „allseitig überwachen
und anzeigen sollte, wenn irgendwo die Jesuiten den Befehlen
nicht Nachkommen würden." 14°) Jmallgemeineu zögerten
die Jesuiten mit der Ausführung dieser Befehle. Der Haupt-
grund war, daß bei der großen Zahl der Unterrichtsanstalten
und bei der einmal bestehenden Organisation des Unterrichts-
wesens im Orden es geradezu unmöglich war, die bereits
geheischten Reformen überall in kurzer Zeit durchzuführen.
Nichtsdestoweniger bestrebte man sich, den Anforderungen der
Regierung immer mehr nachznkommen. Besonders begann
man dem Unterricht in der Muttersprache mehr Rechnung zu
tragen.444) In Graz wurden alle Verordnungen der
Studienreform von 1764 unverzüglich zur Ausführung ge-
bracht?") Dem gegenüber nimmt sich die Kellesche Phrase:
„die Jesuiten kümmerten sich nichts um die kaiserliche Ver-
ordnung", ebenso absurd als boshaft aus." 443) „Wenn Herr
Kelle (S. 97) behauptet, daß die Komödien schon in der
Instruktion vom Jahr 1764 abgeschafft werden wollten, so ist
dies nicht durchweg wahr. Diese Instruktion schaffte bloß die
„Endskomödien" ab, wie aus dem Wortlaut der Instruktion
klar erhellt. »Lud anni finem exsulabunt comoediae
omnes atque spectacula, sed eorum loco oratio de utili
aliquo argumento et carmina praelegentur.« 444)
Daß P. Ebner S. J. mit seiner Thesis: „Die Jesuiten
bestrebten sich, den Anforderungen der Negierung immer mehr
nachzukommen", vollständig recht hat, wird durch das vollauf
bestätigt, was wir oben von den Rottenburger Jesuiten gehört
138) Vrgl. Kelle 1. c. p. 80—83.
13B) Vrgl. Ib. p. 85—97.
34°) Ebner, Beleuchtung w. S. 427 u. 431.
141) Ebner, Beleuchtung :c. S. 398, vgl. S. 313 f.
"3) Die Beweise s. bei Dr. R. Peinlich, Gymnasialprogramm von
Graz, 1871, S. 63 f.
"3) Ebner, Offizielle k. S. 148.
144) Ebner, Beleuchtung jc. S. 633 f., 636.
haben. Unverz ü glich wurde von ihnen die Vorschrift?
Studienreform vom Jahr 1764 (betreffend die Unterlasst^;
der „Endskomödien") zur Ausführung gebracht:
butioni Praemiorum iuxta novam ordinationem
Tragoedia, sed Oratio et Carmen praelus1'
Und daß die Jesuiten nicht bloß momentan, etwa aus „Opp^
tunitätsgründen", sondern dauernd der Regierung gehest?
waren, geht hervor aus der Notiz, welche sich im w .
Jahr unserer Annalen (1766) vorfindet: »Praemia dis
buimus post vesperas ipso festo Nativitatis B. Vii'sr
absque ullo Dramatie exhibito.«
Schlu ß. .
Hundertfünfundzwanzig Jahre haben die Söhne des l
Ignatius in Rottenburg gewirkt. Die mannigfaltigen Sa)
sale der Niederlassung sind im I. Abschnitt an unserem
vorübergezogen. Im II. Abschnitt haben wir in ihre 1,^
umfangreiche Seelsorgethätigkeit und im III. Absa)'
in ihr Gymnasium einen Einblick bekommen. _ ?
Schließlich könnte noch jemand sagen: Viel, stl)4' ^
haben diese Jesuiten gearbeitet; aber mit welchem
nal wurde das alles geleistet? Auf diese Frage
A4'
i'oi?1
uns noch der Anhang III Antwort. Man ersieht aus
wie die Zahl der Jesuiten (von 1649 an) von drei PE
allmählich auf das achtfache steigt. Aus Nr. 2 aber
wir, wie die verschiedenen Arbeiten im Hause auf das genast^
ausgeteilt waren, im Jahr 1688 unter 16, im Jahr 1
unter 20 Personen.
Wir können hier schließen. ^
Zum mindesten sind wir mit Achtung erfüllt worden ^
diesen Ordensmännern, welche mit unveränderlichem und
ablässigem Eifer alle Kräfte eingesetzt haben, um der f ^
ihres Ordens gerecht zu werden: »Omnia ad maj° (
Dei gloriam!« Wir scheiden von unseren Nottestdn
Jesuiten mit der Ueb erzeugung, daß solch ein Kl4''
wahrlich keine Anstalt für Müßiggänger ist, sondern
Segen für einen weiten Umkreis.
Anhang I.
>Commnniones et Confessiones generales.
1667—1766.
Anno:
1667
1668
1669
1673
1674
1675
1676
1677
1678
1679
1680
1681
1682
1683
1684
1685
Communiones.
22 278
18 046 | 4232
20 045
15 400 | 4615
21 853
16 050 | 5803
28 000
35 600
30 500 I 5100
18 300
32 600
27 003 | 5600
22 400
24 000
18 600
21 730
16 430 I 5300
27 373
31 070
27 428
20 042
22 2n8
Confess.
gener.
146
74
87
78
120
40
100
100
147
88
113
188
101
221
205
186
Anno:
1686
1687
1690
1693
1694
1695
1696
1697
1698
1699
1700
1701
1702
1703
1704
1705
1706
1707
Communiones.
20 050
36 300
33 600
22 270
22 168
20 515
33 343
27 453 I 5890
27 278
32 805
27 805 I 5000
37 640
37 570
44 409
25 508
30 700
25 000 I 5700
26 900
28 240
32 274
33 409
93
246
2 2*