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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 2.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.1195#0471
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359

Nachfrage seltener, der Yorrath grösser, der Werth minder beachtet,
der Preis niedriger, folglich der Erwerb für den kundigen, aufmerk-
samen, nachspürenden Sammler leichter.

Ein solcher wurde Heller in kurzer Zeit. Den Hittelpunkt seiner
Geschäfte aus dem dunklen Tuchgewölbe auf den bunten Trödelmarkt
verlegend, Hess er hier seinem Scharfblick keine „Rarität" entwischen.
Gleich den Staatsmännern des klassischen Alterthums verhandelte er
auf offnem Märkte "die wichtigsten Angelegenheiten und Begebnisse in
seinem Kunstreiche. Hier traf er zusammen, und kam in Verkehr mit
den bedeutendsten Genossen gleicher Bestrebung, mit den grossen
Kunstkennern und Sammlern Frauenholz, Börner, v. Derschau, Alten;
an dem Umgange mit ihnen, aus ihren Schätzen bereicherte er seine
Kenntniss, seine Beurtheilungsgabe der Kunstwerke, steigerte dadurch
seine Lust zu eignen Studien und Sammlungen, bildete, erweiterte sich
der Kreis seiner Bekanntschaft mit Gelehrten, Künstlern, Geschichts-
und Kunstforschern.

Einige Jähre solchen Wandels in Nürnberg hatten den Kaufmanns-
lehrling in der Handlungs-Wissenschaft und im Commerz - Betrieb kei-
neswegs zum Eingeweihten, aber inGeschichtskunde und Kunstkenner-
schaft zu einem tüchtigen Meister gemacht.

Als solcher kehrte Heller nach seiner ihm stets werthen Geburts-
stadt zurück, und überliess sich nun, die väterliche Handlung Ver-
wandten abgebend, ganz jener schönen Beschäftigung.

Die Sammlungen von Werken der Geschichte und der Künste, vor-
zugsweise der zeichnenden, die er in Nürnberg begonnen, vermehrte
er hier mit immer rastloserem Eifer, kenntnissreicherer Umsicht und
sorgfältigerer Auswahl. Seine Zeit, seine Studien und sein Vermögen
verwendete er nur darauf; das ererbte namhafte Geldkapital wandelte
er um und legte er an zu einem Schatze der Wissenschaft und Kunst,
der nach seinem innern und äussern Werthe jenes beträchtlich über-
steigen, ein unveräusserliches kostbares Gemeingut für alle Pfleger der-
selben, ein bleibender Nutzgenuss für seine Mitbürger und ihre Nach-
kommen werden sollte.

In Bamberg gehörten zunächst Bibliothekar Jäck, der in allen
Zweigen der Geschichte und Literatur unermüdlich Rührige, bewandert
Anregende, und Professor Martin von Beider, der für Kunst und Ge-
schichte besonders seiner Vaterstadt emsig Spürende und still Sam-
melnde, zu Heller's häufigstem Umgang. Auch Professor —jetzt Reichs-
.archivar zu München — Dr. Rudhart, der rüstige Arbeiter in den Fand-
gruben der Vorzeit, dann der Maler und Kupferätzer Rupprecbt, gründT
lichscharf beurtheilender Kenner der Erzeugungen des Grabstichels, der
Kanzleirath C. Theodori, selbst reichbegabter Künstler und Forscher
in den Riesengräbern der vorsündfluthlichen Welt, und der Arzt Dr,
Ziegler, feingebildeter lebenswarmer Kunstfreund und Sammler, der
edle stets unvergessliche erste Stifter des Kunstvereins zu Bamberg,
lebten mit ihm in enger Befreundung.

Dieser wissenschaftliche und künstlerische Verkehr erweiterte sich
mit seinen Sammlungen zu stets grösseren Kreisen, und trieb ihn gleich-
massig zu unablässiger Ausdehnung und Vertiefung seiner Forschungen,
deren Ergebniss und Quelle zugleich er in jenen überall her be-
schafften Besitztümern fand.

So durch eigene Geistesthätigkeit und unverdrossensten Fleiss zu
seltenem Reichthume an Stoff in diesem Gebiete der Geschichte und
Kunst gelangt, betrat Heller im Jahr 1820 die Schriftsteller-Bahn, die
ihn, wie anspruchslos er auch bei dem ersten, wie jedem späteren
Schritte auf ihr einherging, alsbald in die vorderste Reihe der bedeu-
tendsten Gelehrten seines Faches führte.

Dem engeren heimatblichen und dem grossen deutschen Vaterlande
auch hier in voller Liebe seine Kräfte vorzugsweise zuwendend, Hess
er als sein erstes Erzeugniss im Jahre 182t erscheinen, den „Versuch
über das Leben und die Werke von Lukas Cranach". Er schrieb ihn,
laut des Vorwortes, nur in der Absicht, damit eine gewandtere Feder
einst aus demselben Stoffe vollkommenere Arbeit liefern könne, aber
vor und nach ihm hat keiner die Beschreibung zumal der Kupferstiche
und Holzschnitte des alten Bamberg-Kronacher Meisters so vollständig
geliefert und nach der vor einigen Jahren erschienenen zweiten völlig
umgearbeiteten Ausgabe nimmt dies Buch in der Literatur der Kunst
immer noch mit den ersten Rang ein.

Die glänzende Aufnahme des so bescheiden nur Versuch genannten

Werkes ermuthigte, befeuerte. Helleres thatkräftige Strebsamkeit nicht
nur zu neuer literarischer Arbeit, sondern zu noch umfassenderer Vor-
bereitung für solche.

Um nicht allein aus Büchern, Abbildungen und Mittheilungen, viel-
mehr durch eigene Anschauung und Prüfung die Kunstwerke, Ge-
schichten und Orte, deren Behandlung er zur Aufgabe seiner Schriften
ausersehen, vollständig kennen zu lernen, entschloss er sich zu grös-
seren Reisen.

• Wien war das erste Ziel derselben; dann hier fand er in den kai-
serlichen und andern berühmten Sammlungen von Handzeichnungen,
Holzschnitten, Kupferstichen der Meister aller Zeiten und Schulen die
erlesenste Ausheute, vornehmlich für die jetzt und sein Lehen lang ihm
liebste Arbeit über „das Leben und die Werke Albrecht Dürer's".

Schon gleichzeitig mit seinem Buche über Lukas Cranach damit
beschäftigt, von diesem Stifter und Grossmeister deutscher Schule ein
würdiges Lebensbild aus dessen eigenen Schöpfungen darzustellen, er-
achtete er sich dazu nur erst durch jene Selbstanschauung seiner Werke
befähigt, und solche gewährten ihm nun diese Reisen in befriedigend-
stem Maasse.

Von Wien wanderte er in die namhaftesten Bücher- und Kunst-
sammlungen- Oesterreichs, Tyrols, Oberitäliens; später besuchte er die
von Bayern, Böhmen, Sachsen, der Schweiz und den Rheinlanden;
Franken, Thüringen mit allen ihren Natur- und Kunstschätzen waren
ihm längst alte werthe Bekannte, die er eben als solche gar oft wieder
heimsuchte.

Nach derartiger Ausrüstung trat er mit dem grossen Werke über
Dürer in die gelehrte und künstlerische Welt. Es erschien von 1825
his 1831 in zwei Bänden, das Umfassendste, Vollständigste und Gründ-
lichste, was bis daher die Literatur über den Künstlerheros und seine
Schöpfungen besitzt.*)

Mit den beiden Schriftwerken über Cranach und Dürer war ihres
Verfassers europäischer Ruf für immer fest begründet, nicht aber der
Kreis seiner Arbeiten abgeschlossen.

Zwischen beide fällt seine Geschichte der Holzschneidekunst, sein
Handbuch für Kupferstich-Sammler in 3 Theilen, 1841, von welchem
unentbehrlichen Hülfsbuch eben jetzt, nebst seinem sprechend ähnlichen
Bildniss, eine durchaus verbesserte zweite Ausgabe erschienen ist2);
dann reiht sich an: das Monogrammen-Lexikon, die gänzliche Umar-
beitung von Winkelmann's Malerlexikon in drei.Bänden, und beinahe
zahllos sind die vielen Aufsätze über einzelne Erscheinungen und Fragen
im Bereiche der Kunst, ihrer Kritik und Geschichte, die Münzkunde
inbegriffen, welche er in fast alle besseren Zeitschriften, besonders in
Schorn's Kunstblatt lieferte, oder als eigene Abhandlungen und in den
Berichten des Kunstvereins von Bamberg herausgab.

Nicht minder reichhaltig sind seine Schriften über fränkische Ge-
schichte und Landeskunde, besonders über bambergische; dahin gehört
die Reformationsgeschichte des Bisthums Bamberg, Geschichte der Al-
tenburg, der Kirche St. Stephan, der Burg Lisberg, der fürstlichen
Grabdenkmäler in der Domkircbe, des Domes selbst, der bambergi-
schen Münzen, des Schönborn'schen Schlosses und der Gemälde-Samm-
lung zu Pommersfelden. Sein Handbuch für Reisende im ehemaligen
fränkischen Kreise, Taschenbuch von Bamberg, Muggendorf und die
fränkische Schweiz in zwei Auflagen, seine einzelnen Beschreibungen
im malerischen Bayern sind dem Besucher und Beschauer, stets will-
kommene Begleiter und Erinnerungen.

Neben dieser in so reicher Mannigfaltigkeit sich ergehenden und
entwickelten Thätigkeit vernachlässigte Heller seine Sammlungen durch-
aus nicht; im Gegentheil er erweiterte, sichtete, veredelte sie fort-
während.

Seine Reisen, seine Schriften hatten ihn mit den bedeutendsten

1) Das Erschienene ist der zweite Band in 3 Abtheilungen; der erste
und dritte Band ist nicht herausgekommen. D. Red.

2) Unter dem Titel: Praktisches Handbuch für Kupferstich-Sammler,
oder Lexikon der vorzüglichsten und beliebtesten Kupferstecher, Formsclinei-
der und Lithographen, nebst Angabe ihrer besten und gesuchtesten Blätter,
des Maasses und der Preise derselben in den bedeutendsten Auctionen des
In- und Auslandes. Nebst einem chronologischen Verzeichnisse der Ku-
pferstecher etc. Leipzig, T. 0. "Weigel. Ladenpreis 5 Thhr.
 
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