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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 4.1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.1197#0128
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schichte der vlaemischen Malerschule höchst interessantes Dokument
mit, das jüngst in Gent im Besitz eines Herrn Lemmens aufgefunden
wurde und jetzt dem Stadt-Archive einverleibt ist. Es ist nichts we-
niger, als ein authentisches Verzeichniss der in Gent vom Jahre 1338
bis 1539 und von 1574 bis 1714 lebenden Maler und Bildhauer, die
Statuten ihrer Gilde und sonstige für die vlaemische Kunstgeschichte
merkwürdige Notizen. Die Verzeichnisse der Maler-Gilde Antwer-
pens reichen nur bis zum Jahre 1431 und die von Brügge noch
einige Jahre später. Die Genter Maler-Gilde hotte den h. Lucas zum
Patron. Nur die in Gent wohnenden Meister konnten in dieselbe auf-
genommen werden, fremde Künstler mussten sich erst das Bürgerrecht
erwerben. Die Maler machten, wie es scheint, sehr einträgliche Ge-
schäfte, denn zur Aufnahme in die Gilde mussten sie, nach unserm
Gelde, etwas mehr als 100 Thaler zahlen, für jene Zeit eine bedeu-
tende Summe, und der Zunft auch einen in Silber getriebenen Kopf
(Becher) verehren, welche bei deu Gildefesten gebraucht wurden. Be-
deutend waren die Strafen gegen Verletzungen der Satzungen. So
wurde jeder Maler, der offenbar schlechte Fleischfarbe, gemeinen
Zinnober und Ultramarin (AzurJ, falsches Gold oder falsches Sil-
ber gebraucht hatte, schwer an Geld gestraft, und nicht minder der
Bildhauer, der zu seinen Arbeiten schlechtes, feuchtes Holz verwandte.
Die Illuminatoren zahlten nur ein Viertel der Eintrittssumme; doch war
es ihnen streng untersagt, Miniaturen zur Ausschmückung von Missalen
und andern Manuscripten auszuführen, da dies bloss den Malern ge-
stattet. Kein fremder Maler durfte in Gent seine Kunst üben, kein
fremder Bilderhäudler dort Gemälde verkaufen, ausser in der Zeit der
freien Messe zu Haibfasten. Die Magazine und Werkstätten der
Zuwiderhandelnden wurden auf Befehl des Magistrats geschlossen. Nur
eine Ausnahme wurde hiervon gemacht; im Jahre 1421 schenkte die
Stadt den Gebrüdern Johann und Hubert van Eyck, die eben
beschäftigt für die Stadt das „Osterlamm" zu malen, freiwillig und
unentgeltlich das Meisterrecht. Die höchst merkwürdige Handschrift
giebt ausserdem noch manche Notiz zur allgemeinen vlaemischen Kunst-
geschichte und berichtigt, als authentisches Dokument, manche Annah-
men über einzelne Künstler dieser Schule, wie dieselben von modernen
Kunstgeschichtschreibern, ohne alle Belege, aufgestellt worden. (Ind. B.)

paVt'3. Der Kaiser hat Befehl gegeben, die 25 Seebilder von
Gudin zu kaufen, welche Louis Philipp von ihm für Versailles malen
Hess. Sie sollen im dortigen Museum aufgestellt werden.

Kunstvereine«

Der Kunst verein in ISianclieii

hat sein 29. Lebensjahr zurückgelegt und in demselben merkliche Zeichen
der Reconvalescenz gegeben, nachdem er einige Jahre in Betreff der
Mitglieder-Anzahl eine rückgängige Bewegung gemacht halte. Wir
zählen jetzt wieder 3062 Mitglieder, nachdem ihre Zahl im Jahre 1849
von 3117 allmählich auf 2815 geschwunden war. Doch bleibt wun-
derlicher Weise die Jahres - Einnahme hinter der vorigen zurück
(38,811 Fl. gegen 39,379 FI.) Von dieser Einnahme wurden 31,709 Fl.
zum Ankauf von Kunstwerken, zur Verloosung und Yertheilung ver-
wendet, nämlich für 10 plastische Werke, 111 Gemälde, 1 Galvanogra-
phie und 28 Kupferstiche und Lithographieen, und für das Vereins-
Gedenkblatt. Ausgestellt aber waren im Laufe des Jahres 474 Oelge-
mälde, 93 Handzeichnungen, 19 Kupferstiche, 39 Lithographieen, 71
plastische Werke, 132 Photographieen, 22 Medaillen, 2 Galvanographieen
und 160 verschiedene Gegenstände.

Sehen wir uns neben diesen Zeichen des äussern Wohlbefindens
auch nach den eigentlichen Merkmalen des Lebens, den Leistungen des
Vereins um, so müssen wir bei den Ankäufen und dem Gedenkblatt
stehen bleiben. Die angekauften Gegenstände müssen grösstenteils
als achtungswerlhe Arbeiten bezeichnet werden und die Zahl der
„beachtenswerten Bestrebungen und Versuche" war offenbar viel
geringer als in frühern Zeiten. Nur'die Abtheiiung der Historienma-

lerei war ohne alles Verhältniss schwach vertreten, so dass besser
ihrer Leistungen nicht gedacht wird, und nur die Frage gerechtfertigt
erscheinen mag, warum Künstler wie Kaulbach, Hess, Schrau-
dolph,Strähuber, König, Fischer, Genelli, Schwind, Mora!t,
und wie sie alle heissen, dem Verein nichts bieten, oder nichts gelten?
Dagegen ist nicht zu verkennen, dass der Ruhm unsrer Landschaftmaler
in den diesmaligen Ankäufen des Kunstvereins wiederum eine glänzende
Rechtfertigung gefunden hat. Die Natur in ihrer unendlichen Mannich-
faltigkeit des Terrains, des Klimas, der Länder, der Tages- und Jah-
reszeiten, des Wetters, der Beleuchtung, der Farbe und Stimmung
bietet für sich schon zahllose Reize, die sich unter der Wirkung eines
freien, meisterhaften Vortrags nothwendig vervielfachen. Fast nicht
eine der angekauften Landschaften durfte man mittelmässig nennen,
die Mehrzahl gehörte zur Reihe der Cabinetsbilder. Dahin rechne ich
die grosse Abenddämmerung an der Loissch von Zwengauer, den
Sommersonneiilag im Walde von Bich. ZimmerriTann, die Ernte am
Chicmsee von C. Ebert, den melancholischen Eibsee von Haushofer,
den wunderbaren Herbststurm von Rosenthal, die Thorsäulen am
"Kochelsee von H. Heinlein, die Hünengräber von Chr. Morgen-
slern, den Waldbachfall im Hochgebirge von Alb. Zimmermann,
die Sommernachmitlaglandschaft bei Salzburg von Aug. Seidel, einen
Schweizer Wasserfall von Steffan, Beyrut am Libanon von Löffler,
eine niederländische Gegend von Stademann, eine norwegische von
Baade, den hohen Walzmann bei Bercbtesgaden von J. Lange, eine
Waldpartie von Beckmann, den Kochelsee von Franz Seidel,
eine Winterlandschaft von Langko etc.

Was nun das Gedenkblatt des Vereins betrifft, so waren wir im
verflossnen Jahr so wenig zufrieden gestellt, dass heuer eine bessre
Stimmung unschwer hervorzubringen war.

Ein nicht uninteressantes Charaktergemälde von Flüggen, die Be-
endigung eines Erbschaftsprozesses zwischen unberechtigten und un-
gerechten vornehmen und berechtigten armen aber rechtschaffnen Com-
petenten zu Gunsten der letzten, das als Bild hier sehr gefallen hat,
ist mit Hülfe der Galvanographie von Hanfstängl vervielfältigt worden
und wird als Gedenkblatt vertheilt; gewiss zur Zufriedenheit eines
grossen Theils der Mitglieder, Grössren Dank noch erwirbt sich der
Verwaltungs-Ausschuss durch die Wahl des Gegenstandes für das
nächste Vereinsblatt, indem er dafür eine der herrlichen, griechischen
Landschaften von C. Roltmann ausgewählt hat, die Schöninger mit
Hülfe der Galvanographie vervielfältigen wird: „Die Bucht von Aulis."

Vollständig erschien:

CONVERSATIONS-LEXIKON

für

bildende Kunst.

Herausgegeben von

Friedrich Faber.

Ilhistrirt mit vielen Hol£schnUten.

5r Därmfj.

Ausgabe auf Velinpapier 2!/3 Thlr. Pracht-Ausgabe 4 Thlr.
Dieser Band, einer der inhaltreicbsten unseres Kunstlexikons, bietet dem
Kunstpublikum ausser vielen kleineren Artikeln erheblichere und grössere

Aufsätze über Giesskunst, Glassmalerei, Goldschmiedekunst, gesehrotene
Arbeit, Gewandung; über Gottdarstellnngen, Grazien und Göthebüder, über

Vorstellungen Gottfrieds V. Bouillon, über Zeichnungen und Gemälde nach
der göttl. Komödie, über Grabdenkmale aller Zeiten, über die Städte Gern-
rode, Gorknm, Görlitz, Goslar, Gotha, Göttingen, Granada, Gratz, Gre-

noble, über die Lande Graubünden und Grossbritannien. Ausser dem im
letzten Hauptartikel vorliegenden Notizenschafze über alle bemerkenswerthen
englischen Künstler bringt dieser Band Lehensbeschreibungen und Würdigungen
der Bildhauer fioujon, GottfrO, Covers, Greenough etc., der Maler Gozzoli.

van der Goes, Gossart (Jlabuse), van Goyen (m. Monogr.), Greuze, Gros,
Grauet, Götzenberger, GötzlofF, Gropius etc., des Zeichners Grandeville,
der Stecher Göttig, Goltzius, Grateloup, Gonzenbach etc.

Leipzig, im Februar 1853.

Revger'sche Buchhandlung.

Verlag von Rudolph und Theodor Oswald Weige! in Leipzig. — Druck von Gebr. ünger in Berlin.
 
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