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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 4.1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.1197#0371
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Zeitung

für bildende Kunst und Baukunst.

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Organ

der deutschen Kunstvereine.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf
in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien

herausgegeben von Dr. P. Eggers in Berlin.

Schnaase

JJ#40.

Sonnabend, den 1. October.

1853.

Snljatti Peter Leven's Antiken- und Curiositäten-Cabinet in Köln. — Die Wandmalerei in einer neuen Technik erfunden von Albert Eichhorn.
(Fortsetzung.) Die Farbengebung. — Die acht Marmorgruppen auf der Schlossbrücke zu Berlin. (Fortsetzung.) (Hierzu eine Radirung.) — Mit-
theilungen aus Rom. Von Ernst aus'm Weerth. II. — Kunstliteratur. Die Geschichte des deutschen Volkes äo fünfzehn grossen Bildern dar-
gestellt von K. H. Hermann.

Beiblatt. Berichtigung vom Vorstand des Künstler-Vereins Malkasten. — Zeitung. Berlin. Naumburg. Dessau. Neapel. — Kunstvereine
Gedenkblatt für die Jubelfeier am 7. Mai in Halberstadt. — DerfKunstverein in München. — Anzeigen.

Peter Leven's Antiken- und Curiositäten-Cabinet in Köln.

JVöln durfte einst stolz sein auf die Kunslschätze, welche
es in seinen Mauern barg. Seine Klöster, die Wohnungen sei-
ner Patrizier und wohlhabenden Bürger waren kleine Museen,
denn die Erinnerungen der grossen Vergangenheit der Stadt,
die das Mittelalter das deutsche Rom nannte, wurden heilig ge-
halten von denen, welche, von reiner Vaterlandsliebe beseelt,
lebendigen Sinn für diese Dinge hatten. Die Zeiten haben sich
im gewaltigen Umschwünge geändert; was früher Sache der
Pietät, wurde später eine der vielen Liebhabereien, wie sie die
neuerungssüchtige Zeit entstehen sah, und so wurden alle diese
Gegenstände der historischen Erinneruug Handelsartikel, mit
denen die Laune des Reichthums prahlte. Was für die Menge
keine Bedeutung mehr haben konnte, wurde eitler Gewinnsle
wegen veräussert, und Köln sah sich nach und nach vieler sei-
ner historischen Kunstschätze beraubt, die jetzt den Haupt-
schmuck der kostbarsten Sammlungen bilden.

Köln hatte nur Einen Wallraf. Leider konnte er nicht
über die Mittel verfügen, um seine Sendung, wie er es in sei-
nem rein patriotischen Eifer wollte, zu vollenden: Erhaller und
Retter von Allem zu werden, was noch zu retten und zu er-
halten war. Ein eben so grosser Enthusiast für mittelalterliche
Kunst und Alles, was ein eigenthümliches Kunststreben bekun-
dete, war Peter Leven, Kaufmann in Köln, welcher seiner
Kunstliebe bedeutende Opfer bringen konnte und mit solchem
Glücke, solcher Umsicht sammelte, dass er sich ein Cabinet
schuf, welches an 3000 Nummern zählt und in allen Zweigen
mittelalterlicher Plastik in allen Stoffen, der Goldschmiede-,
Emaillir- und Ciselir-Kunst u. s. w. Seltenes, Tüchtiges und
Kunstgediegenes aufzuweisen hat. Vor einigen Jahren starb
der fleissige Sammler, in den letzten Jahren seines Lebens
zwar des Augenlichtes beraubt, aber doch noch mit einer
wahren Pietät an seiner ausgezeichnet schönen Sammlung han-
gend, die jetzt, und zwar schon am 4. Oktober und folgende

IV. Jahrgang.

Tage, durch die antiquarische Handlung von J. M. Heberic
(H. Lempertz) öffentlich verkauft werden soll.

Wolle der Himmel, die Sammlung werde in ihrem Haupt-
bestande, namentlich was ihre höchst seltenen und kunstgedie-
genen Kirchengeräthe angeht, der Vaterstadt erhalten. Durch
ihren Erwerb Hesse sich der Grund zu einem „christlichen
Museum" legen, wie man ein solches mit unserer Metropole
zu vereinigen gedenkt. Wir wollen hoffen, dass dies kein
frommer Wunsch! Wie reich die Sammlung in allen Kunst-
zweigen , beweist das recht übersichtlich angelegte Verzeichniss
in seinen neunzehn verschiedenen Abtheilungen. Aeusserst
reich ist das Cabinet an mittelalterlichen Töpferarbeiten in den
schönsten und seltensten, in den launigsten Formen, den reich-
sten Verzierungen, und nicht minder zahlreich sind seine Glä-
ser, welche das Kostbarsle in einfachen und gebrannten, in
allen Kunststücken, wie sie die Glasmacherkunst Italiens, Deutsch-
lands und Frankreichs im Mittelalter und in der Renaissance-
Zeit nur schuf, in den besterhaltensten Exemplaren aufzuwei-
sen hat. Die römischen Antikaglien aus Thon, besonders aus
Glas und verschiedenen Metalien sind werthvoll. Wie schon
bemerkt, zeichnet das Cabinet sich durch seine kunstreichen
und durch ihr Alter äusserst seltenen Kirchengeräthe aus, von
denen viele aufs kostbarste emaillirt und zwar aus den ältesten
Zeiten. Ein reich emailürles, byzantinisches Stehkreuz
über 2 Fuss hoch, ist sowohl in Bezug auf sein Alterthum als
seine ungewöhnliche, reiche Ausführung eines der seltensten
Cabinctsstücke, wie uns deren nur wenige erhalten. Die Rhein-
provinz hat keines aufzuweisen, das ihm an die Seite gestellt
werden dürfte. Unter den vierundsechzig in verschiedenen
Metallen ciselirten Arbeiten, zum grössten Theile Kirchenge-
räthe, heben wir besonders ein im reichsten Spitzbogenstyle
in Kupfer ausgeführtes Pectorale hervor, welches sowohl in Be-
zug auf die Ausführung der architektonischen Ornamente, wie
hinsichtlich der Figuren der Einfassung, die Mutter des Heilan-
des, zwei Apostel und die h. Helena, und psaltirende Engel,
ein seltenes Meisterwerk ist.

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