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JW 1.

BEIBLATT

1853.

zu dem

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Kunstliteratur.

Rudolph Weigel's Kunstlager - Catalog. 24. Abthei-
lung. Leipzig, Rudolph Weigel. 1852. 96 SS. Pr.: l Thlr.

Der unermüdliche und fleissige Arbeiter auf dem Gebiete
des Kunstvertriebs, der das ganze Feld mit einem Kennerauge
überschaut und überall bei seiner Beschäftigung höhere Ge-
sichtspunkte festzuhalten weiss, legt das 24. Heft seines Kunst-
lagerkatalogs vor. Jede neue Abtheilung scheint Einem die in-
teressanteste und bedeutendste. Die Fächer der Kunstwissen-
schaften enthalten, wie gewöhnlich, die wichtigsten Erschei-
nungen nicht bloss des In- sondern auch des Auslandes, nicht
bloss kleine Vorträge und Brochüren, sondern auch reich illu-
strirte Prachtwerke. Besonders aber haben Weigel in letzter
Zeit künstlerische und malerische Anatomien interessirt. Es
ist bekannt, dass er an der Herausgabe des Choulant'schen
Werkes „Geschichte und Bibliographie der anatomischen Ab-
bildung etc.", das Hr. Sotzmann in No. 2 des vor. Jahrg. be-
sprochen hat, mitwirkte und also sein forschendes Auge auf
alles dahin Gehörige warf. So finden sich also im Cataloge
unter andern merkwürdigen künstlerischen und medizinischen
Anatomien „ die berühmten ersten sechs anatomischen Tafeln in
den Originalholzschnitten von Johann Stephan von Calcar, Ve-
nedig 1538. gr. Fol." angezeigt. (Choulant S. 45. 189 — 93.)
Wegen der eminenten Seltenheit des Werkes fügt W. die ver-
kleinerten Nachbildungen der drei Hauptblätter bei, damit sie
vielleicht zum Erkennen und Auffinden von Exemplaren Ver-
anlassung gäben. — Nach einer Abtheilung von Galeriewer-
ken, Nachbildungen, Originalcompositionen, Portraitsammlungen
kommt die allemal interessanteste Rubrik, die der Bücher mit
künstlerischer Ausstattung, welche sich als eine Fundgrube der
seltensten Sachen darzustellen pflegt. So finden wir gleich die
erste Niedersächsische oder Lübecksche Bibel vom J. 1494:
„de Biblie mit vlitigher achtinghe: recht na deme latine in du-
desck averghesettet. etc.", zwar nicht ganz vollständig, da nur
der erste Theil bis zum Psalter darin ist; aber doch mit den
Hauptholzschnitten; dann: das „Täschenbüchlin" 1516, mit 14
Holzschnitten von H. Burgkmair und H. Schäuflein und viele
andere von diesen Meistern gezierte Bücher; eine äusserst sel-
tene Ausgabe des „Sachsenspiegels", Augsburg 15i6, mit Ori-
ginalholzschnitten von Daniel Hopffer; die Schriften von J. Gayler
v. Kaysersperg, Strassburg 1511, mit Holzschnitten von Hans
Baidung Grien; unter den Bilderbibeln ist eine Nürnberger
(1554), mit Holzschnitten von G. Leigel, H. Brosamer und L.
Cranach; eine Frankfurter, illustrirt von Jobs Amman (von
dem auch ein illustrirter „Cäsar" vorhanden); dann das von
Decker bei Gelegenheit der Londoner Ausstellung nach der
Ausgabe von 1545 gedruckte „Neue Testament", 110 Bogen
Oliphant-Folio-Format mit historischen Illustrationen von Cor-
nelius und Kaulbach, in Holzschnitt ausgeführt vonUnzel-
mann, 0. und A. Vogel, Lederband von Vogt, Krampen
und Beschläge von Netto. Preis 2911 Thlr. Die „Cosmogra-
phie oder Beschreibung aller länder, herschafften, fürnemsten,
stetten" etc., Basel 1550, eines der berühmtesten Holzschnitt-

bücher s. Z.; unter den Kräuterbüchern findet sich eine „Hi-
storia generalis plantarum" etc., 2 Bde., Lion 1587, eines der
reichsten Werke der Art in guten Holzschnitten; Kriegsbücher
und Klassiker; die „Contes de J. de La Fontaine", mit 38 Blät-
tern, meist nach N. Lancret von G. F. Schmidt gestochen. U. s. w.
Auch unter den Kupferstichen ist wieder viel Seltenes.
So neben einigen Incunabeln das Werk der HOpfer, 234 BI.,
ein in 2 gr. Fol.-Bänden gebundenes Exemplar mit nur alten
Abdrücken, mehrere sogar vor den Nummern. Enthaltend be-
kanntlich historische, mythologische, allegorische Darstellungen,
Portraits, Ornamente elc. Preis 150 Thlr. U. s.w. Unter den
Niederländern: Christus in der Herrlichkeit nach Hieronymus
Bosch von Alaert du Hameel, kostbares Blatt im ersten Ab-
druck aus Durands Sammlung. Preis 180 Thlr. Unter den Ita-
lienern: der schönste Abdruck der Madonna del pesce von Marc
Anton, 150 Thlr. und andere Stiche des Meisters in alten schö-
nen Abdrücken.— Unter den Maler-Radirungen sind seltne
Sachen von Richter, J. Hulsmann, J. H. Roos, G. P. Er-
mels, J. C. Rein hart u. A., von J. Breughel, G. Hont-
horst, Rembrandt (der Mönch im Kornfelde), G. van den
Eeckhout, P. Potter (der Kuhkopf beim Zaune) u. v. A.

Die Holzschnitte, die Lieblingspflegekinder des Heraus-
gebers, sind durch die merkwürdigsten Sachen vertreten. Das
Verzeichniss beginnt mit dem Salve Regina, einem Antiphonium
in bildlichen Darstellungen, Holztafeldruckwerk von Lienhart
zu Regensburg, 1470. Weigel rechnet dieses Werk zu den
Glanzpunkten der illuslrirlen Bücher seines Catalogs und nennt
es eine Perle unter den xylographischen oder Holztafeldruck-
werken; von Dürer sind viele seltene Blätter in alten Ab-
drücken, von L. Cranach das Werk dieses Meisters vorhan-
den und zwar das schöne Exemplar aus der Fries'schen Samm-
lung. Preis 325 Thlr. Ebenso das Werk Holbein d. J. aus
Peter Vischer's Sammlung mit mehreren Blättern vermehrt. Preis
250 Thlr. — Ausserdem eine Menge von Originalschnitten,der
berühmtesten Meister, wie sie ohne Zweifel die Unermüdlich-
keit Weigels bei seinem bekannten schönen Unternehmen der
Herausgabe alter Holzschnitte in seine Hände geführt hat.

Daran schliessen sich Lithographieen, Liebhaberradirungen,
Blätter der religiösen Schule der Malerei in Deutschland, Kunst-
vereinsblätter.

Den Beschluss macht eine sehr interessante Abtheilung von
Hand- oder Originalzeichnungen. Voran steht von einem
unbekannten Meister aus der zweiten Hälfte des XV. Jahrh. die
„Biblia Pauperum", ein Bildercyclus von 48 Federzeichnungen,
hoch und breit 9 Zoll 3 — 9 Linien altfranz. Maass, wo oben in
der Mitte eine Darstellung aus dem Neuen Testament, zu Seiten
vier Brustbilder oder Halbfiguren von weissagenden Propheten
oder heiligen Männern mit beschriebenen Bändern, Büchern,
Tafeln etc. in den Händen und darunter zwei Darstellungen aus
dem Alten Testament. W. giebt eine kurze Beschreibung der
Bilder von der 28. Seite des Bildercodex und fügt eine Copie
des oberen Mittelbildes in der Grösse des Originals ;n Holz-
schnitt bei, damit man sehe, wie die Kunstweise is*. Er hat
uns in den Stand gesetzt, diesen Holzschnitt hier abdrucken zu
lassen:
 
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