vollen Formenbedarf aus den bildnerischen Gedanken irgend einer
früheren Kunststufe, sei dieses selbst die antik-griechische, schöpfen
könnte. Ist dies doch eine Erfahrung, die wir auf architektonischem
Gebiete ebenfalls zu machen angesangen haben, und die sich in jeder
andern Sphäre geistiger Thätigkeit wiederholen wird. Daher muß
also auch in dieser Hinsicht für die Vorbilder ein weiterer Kreis
erschlossen, eine größere Mannigfaltigkeit von Formgedanken aus den
reichen Schachten der Vergangenheit ans Licht gehoben werden.
Nur wenn ein Unternehmen diese beiden Gesichtspunkte zu den sei-
nigen gemacht, die von uns eben entwickelten Principien als seine
leitenden Grundsätze angenommen hat, steht es auf der Höhe der
Anschauung, mithin der Wirkungsfahigkeit, die den geistigen Forde-
rungen und materiellen Bedürfnissen von heute völlig entspricht.
Je wärmer uns die künstlerische Durchbildung des Gewerbes
am Herzen liegt, um so wohlthuender ist es, bei dem in feinen An-
fängen vorliegenden Werke A. von Minutoli's die eben aufge-
stellten Anforderungen in schönster Weise erfüllt zu sehen. Man
muß wissen, was dieser unermüdliche, für die Sache begeisterte
Kunstfreund seit einer langen Reihe von Jahren für die Hebung
des Kunstgewerbes gethan hat, um die bedeutenden Dienste würdi-
gen zu können, die er demselben geleistet und liberalster Weise auch
jetzt wieder darbietet. Von dem durch ihn in Liegnitz begründeten
Institut der Vorbildersammlung zur Beförderung der Gewerbe und
Künste ist im Jahrgang 1851 des Deutschen Kunstblattes ausführ-
liche Kunde mitgetheilt worden. Diese Sammlung, mit seinem Geist
und sichrem Kennerblick zusammengebracht, mit eben so großer Ein-
sicht und Sachkenntniß geordnet und dem Studium, angepaßt, ist
einzig in ihrer Art und ein Muster für die Einrichtung ähnlicher
Institute, deren Vortheile für die künstlerische Hebung man nicht zu
hoch anschlagen kann. Vorzüglich reich ist sie an Erzeugnissen jener
glänzenden Epoche, wo die neuen weltbewegenden Ideen einen er-
höhten Pulsschlag des Daseins bewirkten, wo aus dem mit Be-
geisterung und Jugendfrische aufgenommenen Studium der antiken
Kunst eine unerschöpfliche Fülle reicher, anumthiger Werke hervor-
wuchs. Der Wunsch, solch ausgezeichnete Sammlung an allen be-
deutenderen Orten zu besitzen, würde wohl auf lange hin ein ver-
geblicher geblieben sein, wenn nicht der Schöpfer derselben, unbeirrt
durch Schwierigkeiten und Hindernisse aller Art, auf ein Mittel ge-
fallen wäre, treue Facsimile's der besten Vorbilder nach allen Orten
hin zu verbreiten. Die kürzlich erst erfundene, schnell zu hoher
Vollkommenheit gebrachte Photographie bot sich. ihm als bestes Mit-
tel der Vervielfältigung dar, und wie die vorliegenden Proben be-
weisen, sind seine andauernden Versuche vom schönsten Erfolge ge-
krönt worden.
Der beigefügte Prospekt stellt sich, wie schon bemerkt, durchaus
aus einen solcher Unternehmung würdigen Standpunkt. Die Aus-
wahl der zu gebenden Vorbilder beschränkt sich nicht aus eine ein-
zelne Kunstepoche, sondern wird die wahrhaft schönen Erzeugnisse
aller klassischen Epochen gleichmäßig berücksichtigen. Für die Gedie-
genheit der Wahl bürgt nicht allein der feine Geschmack des Heraus-
gebers, sondern auch die eingeholte Beistimmung bewahrter Fach-
männer. Wir dürfen voraussetzen, daß der Herausgeber sich frei
zu erhalten wissen wird von der Liebhaberei der Alterthümler, die
leicht dahin kommen, den ehrwürdigen Rost 'des Alters für den
Hauch der Schönheit zu nehmen, das bloß Charakteristische und für
die historische Entwickelung Interessante mit dem für alle Zeiten
Gültigen zu verwechseln. Die Photographieen werden nicht etwa
nach Abbildung^ sondern nach den Originalwerken selbst genommen,
so daß sie mit der absolutesten Genauigkeit und Feinheit die Inten-
tionen der Urheber abspiegeln. Sodann sind nicht weniger als zwei
und neunzig Gewerbe ausgezählt, auf welche in dieser reichhaltigen
Sammlung Rücksicht genommen werden soll; alle Industrien näm-
lich, welche „die Produkte der anorganischen wie der organischen
Natur verarbeiten, und bei denen der Werth der Erzeugnisse von
dem zur Anwendung kommenden guten Geschmack wesentlich abhän-
gig ist", werden eine entsprechende Zahl von Vorbildern finden.
Ein kurzer, die nothwendigen Erläuterungen enthaltender Text wird
den Bildern beigefügt werden.
Die uns vorliegenden 6 ersten Blätter sind sowohl nach Aus-
wahl, Mannigfaltigkeit und Schönheit, wie nach meisterhafter Aus-
sührung der Photographie die beste Empfehlung für das Werk. Da
sind architektonische Ornamente, die in ihrer eleganten Blattschwin-
gung, so wie in der plastischen Wirkung durch keinen Zeichner so
sicher und klar vorgetragen werden dürsten; da ist ein kleineres
Skulpturwerk, Christus am Oelberge, vom Engel getröstet, im Hin-
tergründe die schlafenden Jünger, in reichem Renaissance-Rahmen,
von hoher künstlerischer Bedeutung; da sind verschiedene Gefäße von
sehr edler Gesammtsorm und reicher Mannigfaltigkeit der Durch-
bildung; da ist eine Stickerei, die nicht allein durch zierliche Pracht,
sondern auch durch geschmackvolle Zeichnung und Composition ihres
Musters entzückt; da ist ein kostbarer, löwengetragener Sitz von be-
wundernswürdigem Profil und graziöser Arabesken-Ornamentik; da
sind Gläser von den verschiedensten Formen, deren Ranken- und
Figuren-Verzierungen eine unübertreffliche Anmnth athmen und zu-
gleich als wahre Muster- und Meisterwerke, photographischer Detail-
malerei gelten können. Nach diesen Proben müssen wir den Ge-
danken, die Photographie, welche überhaupt als wissenschaftliches
Hülfsmittel eine der wichtigsten Stellungen immer mehr einzunehmen
beginnt, zur Vervielfältigung dieser Vorbilder heranzuziehen, als den
glücklichsten bezeichnen. Wie das v. Minutolische Institut zu Liegnitz
einzig in seiner Art ist, so wird auch dies Werk als ein Unicum
dastehen. Die Photographie, die hier mit unübertrefflicher Meister-
schaft gehandhabt ist, giebt nicht allein die ganze künstlerische, pla-
stische Erscheinung des Gegenstandes, sondern auch das natürliche
Substrat, die Textur und Beschaffenheit des Stoffes auf's treueste
wieder, so daß man mit Hülfe eines Glases sogar technische Winke
über die Behandlungsart des Materiales sich verschaffen kann. Zu-
dem erhöhen die stets beigefügten Maßstäbe die praktische Brauch-
barkeit der Blätter noch um ein Wesentliches.
Es leuchtet aus dem Gesagten wohl hinlänglich ein, welche
Bedeutung das begonnene Unternehmen für alle Zweige der Indu-
strie zu gewinnen verspricht. Wie wir vernehmen, haben die preu-
ßischen Ministerien des Handels und des Kultus denn auch Ver-
anlassung genommen, durch Bestellung einer Anzahl von Exemplaren
das verdienstliche Werk zu unterstützen. Wir zweifeln um so weniger,
daß dasselbe sich der allgemeinen Anerkennung und Thcilnahme zu
erfreuen Haber: wird, da es in dem uneigennützigsten Sinne nur die
Sache zu fördern strebt, da trotz der bedeutenden Kosten die Preise
sehr mäßig gestellt sind, und da die Energie des Herausgebers eine
baldige Vollendung desselben in Aussicht stellt. Der Plan umfaßt
150 Blätter in 25 Lieferungen von je 6 Blättern; der kurze Text
wird der je fünften Lieferung beigegeben.
Wir brauchen Nichts mehr hinzuzusetzen, um ein Unternehmen,
ans das' unser Vaterland stolz sein darf, aus welchen: ihm reiche
Segnungen zusließen werden, noch besonders zu empfehlen. Es wird
sich selbst in die weitesten Kreise Bahn brechen. Aber es ziemt sich,
einem Manne, der mitten in den Geschäften einer hohen amtlichen
Stellung kein Opfer scheut, um eine ihm heilige Sache des Gemein-
wohls zu fördern, ein vernachlässigtes, im Argen liegendes Gebiet
der Thätigkeit einer höheren Kultur theilhastig zu machen, öffentlich
eine Schuld des Dankes abzutragen. W. Lttbke.
früheren Kunststufe, sei dieses selbst die antik-griechische, schöpfen
könnte. Ist dies doch eine Erfahrung, die wir auf architektonischem
Gebiete ebenfalls zu machen angesangen haben, und die sich in jeder
andern Sphäre geistiger Thätigkeit wiederholen wird. Daher muß
also auch in dieser Hinsicht für die Vorbilder ein weiterer Kreis
erschlossen, eine größere Mannigfaltigkeit von Formgedanken aus den
reichen Schachten der Vergangenheit ans Licht gehoben werden.
Nur wenn ein Unternehmen diese beiden Gesichtspunkte zu den sei-
nigen gemacht, die von uns eben entwickelten Principien als seine
leitenden Grundsätze angenommen hat, steht es auf der Höhe der
Anschauung, mithin der Wirkungsfahigkeit, die den geistigen Forde-
rungen und materiellen Bedürfnissen von heute völlig entspricht.
Je wärmer uns die künstlerische Durchbildung des Gewerbes
am Herzen liegt, um so wohlthuender ist es, bei dem in feinen An-
fängen vorliegenden Werke A. von Minutoli's die eben aufge-
stellten Anforderungen in schönster Weise erfüllt zu sehen. Man
muß wissen, was dieser unermüdliche, für die Sache begeisterte
Kunstfreund seit einer langen Reihe von Jahren für die Hebung
des Kunstgewerbes gethan hat, um die bedeutenden Dienste würdi-
gen zu können, die er demselben geleistet und liberalster Weise auch
jetzt wieder darbietet. Von dem durch ihn in Liegnitz begründeten
Institut der Vorbildersammlung zur Beförderung der Gewerbe und
Künste ist im Jahrgang 1851 des Deutschen Kunstblattes ausführ-
liche Kunde mitgetheilt worden. Diese Sammlung, mit seinem Geist
und sichrem Kennerblick zusammengebracht, mit eben so großer Ein-
sicht und Sachkenntniß geordnet und dem Studium, angepaßt, ist
einzig in ihrer Art und ein Muster für die Einrichtung ähnlicher
Institute, deren Vortheile für die künstlerische Hebung man nicht zu
hoch anschlagen kann. Vorzüglich reich ist sie an Erzeugnissen jener
glänzenden Epoche, wo die neuen weltbewegenden Ideen einen er-
höhten Pulsschlag des Daseins bewirkten, wo aus dem mit Be-
geisterung und Jugendfrische aufgenommenen Studium der antiken
Kunst eine unerschöpfliche Fülle reicher, anumthiger Werke hervor-
wuchs. Der Wunsch, solch ausgezeichnete Sammlung an allen be-
deutenderen Orten zu besitzen, würde wohl auf lange hin ein ver-
geblicher geblieben sein, wenn nicht der Schöpfer derselben, unbeirrt
durch Schwierigkeiten und Hindernisse aller Art, auf ein Mittel ge-
fallen wäre, treue Facsimile's der besten Vorbilder nach allen Orten
hin zu verbreiten. Die kürzlich erst erfundene, schnell zu hoher
Vollkommenheit gebrachte Photographie bot sich. ihm als bestes Mit-
tel der Vervielfältigung dar, und wie die vorliegenden Proben be-
weisen, sind seine andauernden Versuche vom schönsten Erfolge ge-
krönt worden.
Der beigefügte Prospekt stellt sich, wie schon bemerkt, durchaus
aus einen solcher Unternehmung würdigen Standpunkt. Die Aus-
wahl der zu gebenden Vorbilder beschränkt sich nicht aus eine ein-
zelne Kunstepoche, sondern wird die wahrhaft schönen Erzeugnisse
aller klassischen Epochen gleichmäßig berücksichtigen. Für die Gedie-
genheit der Wahl bürgt nicht allein der feine Geschmack des Heraus-
gebers, sondern auch die eingeholte Beistimmung bewahrter Fach-
männer. Wir dürfen voraussetzen, daß der Herausgeber sich frei
zu erhalten wissen wird von der Liebhaberei der Alterthümler, die
leicht dahin kommen, den ehrwürdigen Rost 'des Alters für den
Hauch der Schönheit zu nehmen, das bloß Charakteristische und für
die historische Entwickelung Interessante mit dem für alle Zeiten
Gültigen zu verwechseln. Die Photographieen werden nicht etwa
nach Abbildung^ sondern nach den Originalwerken selbst genommen,
so daß sie mit der absolutesten Genauigkeit und Feinheit die Inten-
tionen der Urheber abspiegeln. Sodann sind nicht weniger als zwei
und neunzig Gewerbe ausgezählt, auf welche in dieser reichhaltigen
Sammlung Rücksicht genommen werden soll; alle Industrien näm-
lich, welche „die Produkte der anorganischen wie der organischen
Natur verarbeiten, und bei denen der Werth der Erzeugnisse von
dem zur Anwendung kommenden guten Geschmack wesentlich abhän-
gig ist", werden eine entsprechende Zahl von Vorbildern finden.
Ein kurzer, die nothwendigen Erläuterungen enthaltender Text wird
den Bildern beigefügt werden.
Die uns vorliegenden 6 ersten Blätter sind sowohl nach Aus-
wahl, Mannigfaltigkeit und Schönheit, wie nach meisterhafter Aus-
sührung der Photographie die beste Empfehlung für das Werk. Da
sind architektonische Ornamente, die in ihrer eleganten Blattschwin-
gung, so wie in der plastischen Wirkung durch keinen Zeichner so
sicher und klar vorgetragen werden dürsten; da ist ein kleineres
Skulpturwerk, Christus am Oelberge, vom Engel getröstet, im Hin-
tergründe die schlafenden Jünger, in reichem Renaissance-Rahmen,
von hoher künstlerischer Bedeutung; da sind verschiedene Gefäße von
sehr edler Gesammtsorm und reicher Mannigfaltigkeit der Durch-
bildung; da ist eine Stickerei, die nicht allein durch zierliche Pracht,
sondern auch durch geschmackvolle Zeichnung und Composition ihres
Musters entzückt; da ist ein kostbarer, löwengetragener Sitz von be-
wundernswürdigem Profil und graziöser Arabesken-Ornamentik; da
sind Gläser von den verschiedensten Formen, deren Ranken- und
Figuren-Verzierungen eine unübertreffliche Anmnth athmen und zu-
gleich als wahre Muster- und Meisterwerke, photographischer Detail-
malerei gelten können. Nach diesen Proben müssen wir den Ge-
danken, die Photographie, welche überhaupt als wissenschaftliches
Hülfsmittel eine der wichtigsten Stellungen immer mehr einzunehmen
beginnt, zur Vervielfältigung dieser Vorbilder heranzuziehen, als den
glücklichsten bezeichnen. Wie das v. Minutolische Institut zu Liegnitz
einzig in seiner Art ist, so wird auch dies Werk als ein Unicum
dastehen. Die Photographie, die hier mit unübertrefflicher Meister-
schaft gehandhabt ist, giebt nicht allein die ganze künstlerische, pla-
stische Erscheinung des Gegenstandes, sondern auch das natürliche
Substrat, die Textur und Beschaffenheit des Stoffes auf's treueste
wieder, so daß man mit Hülfe eines Glases sogar technische Winke
über die Behandlungsart des Materiales sich verschaffen kann. Zu-
dem erhöhen die stets beigefügten Maßstäbe die praktische Brauch-
barkeit der Blätter noch um ein Wesentliches.
Es leuchtet aus dem Gesagten wohl hinlänglich ein, welche
Bedeutung das begonnene Unternehmen für alle Zweige der Indu-
strie zu gewinnen verspricht. Wie wir vernehmen, haben die preu-
ßischen Ministerien des Handels und des Kultus denn auch Ver-
anlassung genommen, durch Bestellung einer Anzahl von Exemplaren
das verdienstliche Werk zu unterstützen. Wir zweifeln um so weniger,
daß dasselbe sich der allgemeinen Anerkennung und Thcilnahme zu
erfreuen Haber: wird, da es in dem uneigennützigsten Sinne nur die
Sache zu fördern strebt, da trotz der bedeutenden Kosten die Preise
sehr mäßig gestellt sind, und da die Energie des Herausgebers eine
baldige Vollendung desselben in Aussicht stellt. Der Plan umfaßt
150 Blätter in 25 Lieferungen von je 6 Blättern; der kurze Text
wird der je fünften Lieferung beigegeben.
Wir brauchen Nichts mehr hinzuzusetzen, um ein Unternehmen,
ans das' unser Vaterland stolz sein darf, aus welchen: ihm reiche
Segnungen zusließen werden, noch besonders zu empfehlen. Es wird
sich selbst in die weitesten Kreise Bahn brechen. Aber es ziemt sich,
einem Manne, der mitten in den Geschäften einer hohen amtlichen
Stellung kein Opfer scheut, um eine ihm heilige Sache des Gemein-
wohls zu fördern, ein vernachlässigtes, im Argen liegendes Gebiet
der Thätigkeit einer höheren Kultur theilhastig zu machen, öffentlich
eine Schuld des Dankes abzutragen. W. Lttbke.