Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0360
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
344

herstellbar und ein Schauplatz für die Ornamentik ist. Das k. Hüttenamt
in Wasseralfingen scheint es ihm darin gleich zu thun. Ihm hat der
König, die vaterländische Industrie fördernd, beim Bau der Villa
Wilhelma bei Cannstatt eine würdige Gelegenheit gegeben. Der
Hofbaumeister von Zanth in Stuttgart leitete diese im reichsten
maurischen Style ausgeführte Bauten und man muß sagen, daß er
dem Hüttenamt einen nicht geringen Antheil daran einräumte. Es
will nichts sagen, daß die Rinnenträger, die Säulen, daß die Gar-
ten- und Einsahrtsgeländer von bronzirtem Eisen sind, aber selbst
die Kronleuchter, Armleuchter, zwei mächtige Kandelaber, Vasen mit
Untersätzen, kurz der innere Schmuck der Gemächer, den die Sculp-
tur zu vollführen hat, ist zum großen Theil von Eisen in maurischem
Styl hergestellt.

Ein etwa 20 Fuß hoher Kandelaber ist aus der Villa des Kron-
prinzen in Berg und hat in den Nischen seines dreiseitigen Unter-
satzes etwa \\ Fuß hohe Knabenfiguren, welche den Krieg, die
Wissenschaft und den Ackerbau, also den Lehr-, Wehr- und Nähr-
stand repräsentiren. Der Schaft ist schlank und wohlgestaltet. Oben
aus dem Teller knien 3 weibliche Genien, welche die Glocken für
die Gasflammen halten. Aus derselben Villa steht noch ein Balkon-
geländer und eine Vase aus. Die Zeichnungen zu diesen Sachen
sind von Paul Wirth. Baumeister der Villa ist Ehr. Leinst
Derselbe hat auch die Säulenzeichnungen zu einem vollständigen
Pserdestand angegeben, der sich sehr einladend ausnimmt. Die bei-
den Standsäulen sind oben durch eine Kette verbunden, an der eine
Tafel mit dem Namen und der Abstammung des Pferdes herunter
hängt. Die Sattelträger daran, die Gitter, die den Stand vom
nächsten trennen, Raufen und Trog, Alles war sauber gezeichnet und
gegossen in sehr gefälligen Mustern. Einiges Bedenken gegen die
Haltbarkeit konnten wir, so verführerisch schön das Ganze aussah,
nie unterdrücken, wenn wir bedachten, welche unruhigen Gäste die
edlen Lieblinge des Neptun mitunter im Stalle sind. Doch werden
hier wohl Erfahrungen sprechen.

Einen sehr bedeutenden Fabrikartikel bilden die s. g. Anhäng-
platten für Claviere, d. h. eine Ausfüllung desjenigen Raumes,
welcher beim Oesfnen des Claviers die Diskantseite und damit einen
Theil der Saiten und des Resonanzbodens bloßlegt und den man
gewöhnlich mit grüner Seide zu bedecken pflegt. Die Anhängplatten
zeigen eine durchbrochene hübsche Zeichnung, welche mitunter ein mu-
sikalisches Emblem enthält, und haben einen Hintergrund von rothem
Stoffe, der sich zum Eisengrau gut ausnimmt. Natürlich befördert
das Eisen eher die Resonanz, statt sie zu stören.

Ein origineller Gegenstand der Fabrik sind die Wirthshaus-
schilder. Ein durch gefällige Zeichnung gebildeter Ornamentarm, in
dessen Ranken und Traubenwerk ein trinkender Bachus sitzt, hebt sich
von der Wand aus ab und trägt oben auf einer Fläche das Zeichen
des Wirthshauses, z. B. einen Hirsch, rund heraus modellirt und
freistehend.

Auch Opferstöcke sind zu Gegenständen figürlicher Darstellungen
gemacht worden, indem ein Engel neben dem eigentlichen Stock zum
Geben einladet. Die Zeichnungen dazu sind ebenfalls vom Hofbau-
meister von Zanth. Nach den Zeichnungen von E. Mauch in
Stuttgart dagegen finden wir Schirmständer, Grabkreuze, einen
Kasten für die Aufbewahrung des Feuerungsmaterials im Zimmer
und einen Feuergeräthständer, Alles von anmuthiger und gefälliger
Zeichnung. Natürlich ist für den Garten durch Tische in verschie-
denen Größen, durch Sessel und größere Bänke, durch Fußbänkchen
und endlich durch Rabatteneinfassungen gesorgt. Auf dem Tische
finden wir Hefte mit den Abbildungen der Modelle zu den Guß-
waaren bei der k. Fabrik W., welche durch die Ebner'sche Kunst-
handlung in Stuttgart bezogen werden können, und in denen wir
auch den ganzen Apparat der architektonischen Ornamentik: Rosetten,

Palmetten, Akroterien, Eckstücke, Stabverzierungen, Füllungen, Ca-
pitäle u. s. w. in reicher Auswahl abgebildet fanden.

Die Zeichnungen zu den Oefen sind von dem Modelleur Plock
ausgesührt; die Ornamente siud gefällig, die figürlichen Darstellun-
gen auf den Schildern amnuthig, mitunter befremdend freilich in der
Wahl der Motive, mitunter aber auch desto hübscher und passender,
z. B. zwei Bauernkinder, die mit großem Appetit aus einer und
derselben dampfenden Schüssel essen.

Daneben zeichnen sich die Oefen aus dem Eisenwerke Sr. k. k.
Hoh. des Erzherzogs Albrecht durch eine einfache Form, durch eine
edle, kräftige, schwungvolle Ornamentik aus, während die Zieröfen
des k. k. Schichtsamts Hollaubkau sehr mangelhafte figürliche Dar-
stellungen aufweisen. Die Oefen aus dem k. hannoverschen Berg-
amt Clausthal sind in der Erfindung originell, bisweilen fast phan-
tastisch und überreich; am schlimmsten in Bezug auf Zeichnung stellen
sich die von H. L. Lattermann und Söhne aus dem Eisenwerk
Morgenröthe im Königreich Sachsen dar. Das Ornament ist klein-
lich, bunt und wirr. Den Preis möchten wir der Koch'schen Hüt-
tenverwaltung zu Carlshütte im Herzogthum Braunschweig zusprechen.
Sie bieten einen angenehmen Farbenwechsel von braun, mattblank
und grünschwarz; das Figürliche ist in Motiv und Zeichnung an-
sprechend; ein Porzellanbild, die sixtinische Madonna vorstellend, war
vor der Oeffnung des einen Ofens zu gewiß recht hübscher Wir-
kung angebracht.

Das gräflich Einst edel'sch e Eisenwerk Lauchhammer bei Mücken-
berg, auch als Bronzegießerei berühmt, hat sich mit Wenigem aber
Gewähltem eingefunden. Vor Allem ist ein englischer Kamin mit
Zubehör zu erwähnen, der sich überaus schön, ja prächtig darstellt.
Der Untersatz ist von brauner Farbe und sehr reich und solide in
den Ornamenten. Das Gesims hat eine dunkelgrüne Eisenfarbe und
trägt oben auf der schwarzen Marmorplatte zwei Statuengruppen,
Abend und Morgen darstellend, so wie in der. Mitte eine Uhr, aus
deren Kasten eine landschaftliche Ansicht auf Porzellan fein ausgeführt
erscheint. Ueber dem Gesimse erhebt sich ein Spiegel, dessen Rah-
men durch Blumenarabesken gebildet wird, in denen kleine Vögel
von trefflicher ftischer Bewegung Hausen. Das Ganze macht durch
die reichen aber nicht ausschweifenden Formen und die zwar ernste,
aber doch Abwechselung bietende Farbentönung einen sehr stattlichen
und angenehmen Eindruck.

Die kleineren Erzeugnisse des s. g. Kunsteisenguffes finden wir
in großer Vollkommenheit ausgeführt. So die Statuette von Les-
sing nach Rietschel, so ein Kruzifix mit kniender Madonna, nicht
ohne Adel im Ausdruck und gut modellirt, Thierfiguren, scharf im
Guß und von frappanter Naturwahrheit', nach Modellen von Jul.
Hähnel gemacht, Blätter, wie über die Natur gegossen und zu ver-
schiedenen Zwecken bestimmt.

Wir können hier eine Interpellation an das verehrliche Eisen-
werk nicht unterdrücken. Auf der Station Riesa nämlich, wo man
eine halbe Stunde Zeit hat, sich das mit allerlei Figuren, ausge-
stopsten Vögeln, eigenthümlichen Lithographien aller Art, namentlich
aber mit Erinnerungen an die Napoleonische Dynastie reich ausge-
schmückte Restaurationslokal zu bettachten, findet man auch einen
Glasschrank, der unter der Ueberschrist „Eisenwerk Lauchhammer"
eine große Auswahl dieser kleineren Erzeugnisse znm Verkauf aus-
bietet. Freilich ist Alles sehr billig, aber dafür auch geeignet, den
Beschauer mit Verwunderung zu erfüllen über den gänzlichen Man-
gel guter Muster und Modelle, wobei namentlich die Thierfiguren
sehr schlecht wegkommen. Äst es wirklich so nothwendig, daß ein so
berühmtes Hüttenwerk sich auch mit der Fabrikation wohlfeiler Ar-
tikel befasse, die, von Kunstwerth fern, doch Kunstformen affektiven?

Alle diese kleinen Geräthe des Zimmerdaseins, als Dintenfässer,
Briefbeschwerer, Schmuckhalter, Leuchter, Toilettenspiegel, Teller
 
Annotationen