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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0366
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lerifcher Durchbildung doppelt vorhanden; es könne in unserer Zeit gar nicht
zu viel solcher Anregungen geben und die Kunstvereine seien vorzugsweise be-
rufen, den Kunstsinn in den Korporationen, aus denen er gewichen, wieder an-
zuregen. Ja, es sei geradezu unverantwortlich, wenn ein Verein nicht wenigstens
einen Theil der durch die Beiträge aller einzelnen Kunstfreunde erworbenen
reichen Mittel diesen h'öhern und eben nur durch die Vereinigung Aller zu er-
reichenden Zwecken widmete, und sich statt dessen begnüge, eine bloße Lotterie
zu halten.

Bei den Ausstellungen und dem Ankäufe zur Verloosung sollen die Kunst-
vereine aber die Forderung nationaler, gediegener Kunst und aufstrebender Ta-
lente vorzugsweise im Auge behalten, und bloße Handelswaaren, Fabrikerzeug-
nisse, Mittelgut, äußerlich Bestechendes möglichst abhalten, daher: ■

a) die directen Sendungen von Künstlern in jeder Weise begünstigen, Sen-
dungen von Kunsthändlern aber nur ausnahmsweise nach eingeholter besonderer
Genehmigung zulassen.

b) Keine allgemeine, sondern nur individuelle Einladungen, zur Ausstellung
an Künstler von anerkanntem Rufe erlassen und in jeder in Rücksicht auf Kunst be-
deutenden Stadt einige Bertrauensmäuner ernennen, welche auch jüngere, noch
unbekannte Talente zur Einsendung gelungener Erzeugnisse ermuthigen können.

e) Namentlich fremdländischen Erzeugnissen keine unbedingte Concurrenz
gestatten, sondern von außen her nur ganz ausgezeichnete, gediegene Werke zur
Ausstellung und zum Ankäufe zulassen.

. d) aufstrebenden, jugendlichen Talenten eine besondere Berücksichtigung an-
gedeihen zu lassen, die sich indes; wesentlich auf den Ankauf ihrer gelungensten
Leistungen zu beschränken hätte.

EggerS ist vollkommen der Ansicht des Vorredners, daß die Förderung
der monumentalen Kunst das höchste Ziel der Kunstvereine sei und theilt die
ausgesprochenen Wünsche in Bezug auf die Verwirklichung einer solchen, mög-
lichst kräfügen Förderung, glaubt aber, daß man um so weniger die vorhande-
nen Mittel ftir dieselbe unterschätzen müsse und daß diese Mittel gerade in man-
chen der getadelten Wirksamkeiten der Vereine zu suchen seien, die man als
Zwischenstufen zum höchsten Ziele nicht ohne Weiteres fortwerseu könne, weil
man sich dadurch jeden Fortschritt zu demselben unmöglich mache. Wenn ein
reicher, seßhafter Verein, wie der böhmische, dessen schöne Wirksamkeit auf dem
Gebiete der monumentalen Kunst allgemein anerkannt sei, wenn dieser vermöge
seines Reichthuins und seiner Organisation weniger Gewicht auf andere Wirk-
samkeiten als auf die directe für monumentale Kunst zu legen habe, so hätten
es sich die wandernden Vereine, die von dem Herrn Grafen beregten Gefahren
nicht mißkennend, sehr angelegen sein lassen, dieselben durch zweckmäßige Mittel
fern zu halten. Weil Vorschubleistung der Mittelmäßigkeit eine directe Unter-
grabung schon ihrer materiellen Existenz wäre, so seien faktisch sehr positive Ein-
richtungen zur Fernhaltung des Geringfügigen getroffen und die vorgeschlagenen
persönlichen Einladungen gelten in der That bei den meisten Vereinen. Den
Ausdruck Museen habe man in dem vorliegenden Falle für gleichbedeutend mit
Galerien zu nehmen. Soll Staffeleimalerei überhaupt noch gelten, so werde ein
Verein doch auch nichts anders thun können, als seine Bilder in einein Raume
zur Betrachtung neben einander aufhängen, wie es jeder Private thut, der eine
Bildergalerie besitzt. Außerdem pflegen die Vereine solche Bilder nicht planlos
zusammenznkaufen; vielmehr gern ein historisches, auf die Geschichte der Stadt
bezügliches Bild zu bestellen. Und wenn so das beschlossene Aktien-Unternehmen
nicht gerade die höchste Spitze einer Vereinswirksamkeit sei, so gehöre es doch
unmittelbar in die nächste Stelle. Die historische Entwickelung werde zeigen,
ob es nicht der Anfang zu Gutem und Tüchtigen sei. In dem gewöhnlichen
Lauf der Dinge verleihen die Kunstvereine dem jungen durch fremde Autorität
und eignes Talent eingeführten Talente den Schauplatz fsir seine Wirksamkeit.
Seine Bilder werden gekauft und zwar immer unbedingter und zu immer
h'öhern Preisen. Dann tritt der Punkt ein, wo es für die Bestellungen, die ihm
in die Werkstatt kommen, der Ausstellungen nicht mehr bedarf. Nun wird der
Künstler also dort nicht mehr gesehn. Daher läge dem Aktien-Unternehmen der
schöne Sinn zum Grunde, den berühmt gewordenen Künstler ferner an die
Schauplätze seiner ersten Erfolge zu fesseln und ihm auf gut honorirte Bestellung
da die würdigste Erscheinung zur angenehmen Pflicht mache, wo er anfangs um
das Recht dazu werben mußte. Diese Auffassung habe etwas den Künstlern
durchaus Zusagendes. Einer der Koryphäen deutscher Malerkunst habe sich in
einem Gespräch über diese Angelegenheit mit so entschiedenem Eifer dafür ge-
äußert, daß er (Redner) die mehr als feste Ueberzengnng habe, Jener werde ein
von der Vereinigung etwa bestelltes Historienbild gern auf's Beste ausführen
und ihr gratis zur Disposition stelle,!, wodurch allerdings doch dem weitern
Vorschreiten des Unternehmens Vorschub geleistet werde, abgesehen von dem
Zeichen von Interesse für die Sache, welche sich in diesem schönen Beispiel er-
kennen lasse.

Auch vr. Lucanus spricht sich für die Museen in dem Sinne wie sie

von den Kunstvereinen aufgefaßt und in Angriff genommen werden, erläu-
ternd aus.

In Bezug auf Punkt D, ob die Kunstvereine bei Veranstaltung von Kunst-
ausstellungen, den Künstlern gegenüber noch mehr Verpflichtungen übernehmen
können, als bisher rc., führte eine allseitige Erwägung der Stellung und Mittel
der Vereine zu der Ueberzeugung, daß man das Bewußtsein hegen dürfe, feine
Pflicht zu thun. Eine vorzugsweise Berücksichtigung der deutschen Künstler wurde
von verschiedenen Seiten empfohlen und als gerechtfertigt anerkannt.

In der folgenden Frage 15: Ob es nothwendig, dahin zu wirken, daß Un-
terricht im Zeichnen und in der Formenlehre zum regelmäßigen Lehrgegenstande
in allen Schulanstalten erhoben werde, ergriff zunächst Schulrath Looff das
Wort. Nicht mit Unrecht, bemerkte er, habe' man den h'öhern Lehranstalten den
Vorwurf gemacht, daß ihre Leistungen im Zeichnen sehr mangelhaft sind, was
hauptsächlich seinen Grund in dem Bildungsstande oder der Persönlichkeit der
Zeichnenlehrer habe. Nur wenige Gymnasien oder Realschulen haben sich sol-
cher Zeichnenlehrer zu erfreuen, welche sich einer höhern Bildung rühmen dür-
fen; ihre Stellung sei in der Regel eine untergeordnete und ihre Besoldung
eine so geringe, daß höhere Ansprüche bei der Wahl eines Lehrers nicht ge-
macht werden können; so geschehe es denn, daß das Zurückstehen an allgemei-
ner Bildung von Seiten der Zeichnenlehrer hinter den Schülern der obersten
Klassen keine ungewöhnliche Erscheinung sei, woraus wieder eine mangelhafte
Disciplin während des Unterrichts folge, da solche Lehrer die ihnen gebührende
Autorität nicht zu erlangen wissen. An Realschulen ist man in vielen Fällen
gen'öthigt gewesen, zwei Zeichnenlehrer für die besonderen Zweige des Linien-
und freien Handzeichnens anzustellen, wodurch natürlich die Besoldung der Ein-
zelnen noch spärlicher geworden sind, während durch Vereinigung beider Stellen
und Besetzung mit einem für beide Zweige des Zeichnenunterrichts befähigten
Lehrer, diesem doch noch eine erträgliche Besoldung hätte verschafft werden kön-
nen. Soll der Zeichenunterricht daher die Resultate gewähren, welche der jetzige
Standpunkt der Kunst und Industrie erheischen, so müsse man dafür sorgen, daß
tüchtige, für den Gesammtunterricht des Zeichnens befähigte Lehrer ausgebildet
werden, deren allgemeine Bildung mindestens dem Ziele der Gymnasien und
höhern Realschulen entspricht, daß die Zeichnenlehrer in den Rang und die Be-
soldung der ordentlichen Lehrer eintreten und an solchen Anstalten, an welchen
der Zeichneuunterricht nicht die volle Kraft des Lehrers in Anspruch nimmt,
auch andern Unterricht, namentlich in der Mathematik oder in der Naturgeschichte
übernehmen. Für die Heranbildung solcher Lehrer ließe sich leicht ein Seminar
in solchen Hauptstädten gründen, in denen eine Kunst-Akademie und eine poly-
technische Anstalt sich besindet, indem die Zöglinge neben dem speziellen Unter-
richt in der Pädagogik und in der Methodik des Zeichnenunterrichts, an den
für sie nothwendigen und nützlichen Unterrichtsgegenständen Leider Anstalten
Theil nehmen könnten. Die Opfer, welche der Staat zu bringen hätte, dürften
daher in diesem Falle nicht unerschwinglich sein. Es dürsten aber nur solche
Aspiranten in dieses Seminar ausgenommen werden, welche das Zeugniß der
Reife von einem Gymnasium oder einer Realschule auffveisen und durch Pro-
ben Nachweisen können, das; sie eine hinreichende Fertigkeit im Zeichnen er-
langt haben.

Gras Thun stellt den Auttag, das; die Versammlung sich zwar für die
Wichtigkeit der Frage erklären, von ihrer gründlichen Erörterung aber, als ihrem
eigenttichen Zwecke fernliegend, abstehen wolle.

Staatsrath von Voltz unterstützte diesen Anttag und derselbe wurde an-
genommen. Nichts desto weniger hatte man den Borttag des Hrn. Looff mit
so vieler Theilnahme gehört, daß sich dennoch eine längere privative Erörterung
der wichtigen Frage daran knüpfte. — Es folgte dann: .

F. Ob und auf welche Weise zu bewirken, daß alle deutschen Staatsregie-
rungen allgemein und durchgehend die Portofreiheit für die Correspondenz der
Kunsivereine gewähren.

Die Versammlung konnte nichts thun, als es im Interesse der Vereine für
wünschenswerth erklären, das; jeder seine Regierung ersuche, dem Beispiele und
Vorgänge der Preußischen zu folgen, welche für offene oder unter Kreuzband ge-
legte Briefe, so wie für Rollen und Packete unter 5 Pfund Portofreiheit gewährt.

Die Besprechungen über Punkt G, durch welche Vorsichtsmaßregeln die
Einnahmen für Einttittsgelder am sichersten zn conttoliren sein dürften, führten
zu keinem neuen Resultate. Wie schwierig die Frage überhaupt sei, bewies die
Mittheilung des Präsidenten Pittschaft, daß Hamburg einen Preis für die
glückliche Lösung ausgesetzt habe und zwar bis jetzt erfolglos.

Schließlich wurde die Wiederkehr jährlicher allgemeiner Versammlungen,
gegeuseittge Aktienzeichnung, Mittheilung sämuitlicher Druckschriften für sehr wün-
schenswerth erkannt und allgemein beschlossen, diese Mittel inniger Vereinigung
allen Vereinen dringend zu empfehlen.

Als Ort der nächstjährigen Zusammenkunft wurde Dresden vorgeschlagen
und allgemein genehmigt.
 
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