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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0485
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hat gar nichts zu bedeuten; denn wenn in Berlin nicht gebildete Leute genug
wären, die eine Skizze anzusehen wissen, so sähe es sehr traurig um den Genuß
der fertigen Arbeiten aus, welche der Oeffentlichkeit ausgestellt werden.

K. T. HMierstadt. Der bekannte Fabeldichter Regierungsrath Lichtwer
besaß aus der Erbschaft des Stiftsraths Luther zu Wurzen und der Familie
von Wichmanshausen werthvolle Kunstschätze, welche zunächst an seinen gleichfalls
in Halberstadt, wohnhaften Schwiegersohn Negierungsrath von Pott und dann
an dessen Sohn vererbt wurden.

Zunächst davon zu nennen ist ein 5 Fnß hohes Altarbild von Lucas Cra-
nach dem Jüngeren und die Bildnisse Luthers und der Catharina von derselben
Meisterhand. Eine Sammlung von Bildnissen, Zeichnungen und Stichen, so
wie von Handschriften hervorragender Männer aus der Reformationszeit, welche
Lichtwer sein „Luther-Album" nannte. Eine Suite von Portraits aus den Fa-
milien des Stiftsraths Luther, von Wichmanshausen und Lichtwer, auch das
schöne Bildniß dieses Fabeldichters von Benjamin Calou mit puuischem Wachs
gemalt. Dann ein Stammbilch von Miniaturportraits mit Handschriften aus
der Zeit August des Starken, Karl XII., so auch von der Aurora von Königs-
mark n. s. w.

Jetzt gelangen alle diese Sachen in den Besitz des Herrn Gutsbesitzers
Diedrich zu Wallrode und werden nicht unwahrscheinlich zum Verkauf kommen.

■f im Dezember. Im Laufe des nächsten Frühjahres wird die
Sammlung des jüngst verstorbenen Kunstfteundes Baronovsky versteigert wer-
den. Sie enthält über 400 Oelgemäldes meist moderne Niederländer (Schelf-
hout, Koeckoeck- Brakelaer, van Os, Tschaggeny, Verboekhoveu, van Hoven u.a.m.)
unter denen sich einzelne ganz artige Gemälde befinden, die jeden Freund dieser
Schule befriedigen werden. Von älteren Gemälden verdienen vorzugsweise er-
wähnt zu werden, Gemälde von Sal. RuySdael, van Goyen, D. de Heem u, a.

K. Swobada (ein jüngerer Künstler, Schüler des Akademiedirectors Rü-
ben) hat Zedlitz's „Waldsräülein" in einer Reihe von Zeichnungen geistvoll
illustrirt. Sie werden in Auers Zeitschrift „Faust" in Holzschnitt ausgefiihrt
erscheinen. Derselbe Künstler bereitet im Vereine mit den Kupferstechern Schmidt
und dem Maler Trenkwald eine Reihe von Illustrationen zur „Königinhofer-
Handschrift" vor, die bei dem großen Antheile, den Deutsche, aber insbesondere
Slaven an der Gedichtsammlung nehmen, nicht verfehlen kann, ein weiter ver-
breitetes Publikum zu interessiren.

Die Künstler, welche sich mit religiösen Werken beschäftigen, sind diesmal
stark in Thätigkeit. Prof. Kupelwieser malt eine große „Himmelfahrt Mariä"
ftir die Kathedrale zu Calocza (in Ungarn), ein kleineres Altargemälde „die
thronende Maria, umgeben von Heiligen" für den Bischof von Breslau; Prof.
Blaa s ebenfalls eine Madonna ftir die Fürstin Grarzmehry, außer den genann-
ten Künstlern sind noch Führich, Meyer, Binder, Engerth mit Anfertigung
der Cartons ftir die Altlerchenfelder Kirche beschäftigt.

. Die Historienmalerei ruht sonst fast ganz; wir wüßten mit Ausnahme von
Blaas nicht Einen Künstler zu nennen, der mit einem Aufträge beehrt worden
wäre und sei es auch nur von Seiten eines Kunstvereins. Krieg, Anlehn, Agio
verzehren fast alle Geldkräste. Die höheren Stände nehmen an der Kunst nur
einen sehr untergeordneten Antheil. Trotzdem ist die Betheiligung der Künstler-
in Wien, Mailand, Venedig, Prag für die Pariser Ausstellung nicht unbedeutend.
Was kann aber Oesterreich, wo Kunst und Wissenschaft durch Jahrzehende hin-
durch stiefmütterlich behandelt wurde und erst in den jüngsten Zeiten ein Schritt
im Interesse echter Kultur gethan wurde, was kann Oesterreich Frankreich, Eng-
land, dem übrigen Deutschland gegenüber anders aufzeigen, als Anläufe, Ver-
suche, vereinzelte Bestrebungen? — Die Anmeldungen geschahen bei den k. k.
Akademien der bildenden Künste zu Wien, Mailand und Venedig. Die Zahl der
dabei betheiligten Künstler übersteigt die Zahl von 90. Unter den deutschen
Künstlern befinden sich sehr viele, welche sich in München nicht betheiligt hatten,
unter den Venetianern und Mailändern, insbesondere den letzteren nehmen die
Bildhauerarbeiten eine große Stelle ein, darunter befinden sich Werke von Prof.
Ferrari, Minisini, Fraccaroli, Motelli, Prof. Caccialori, Galli,
Marchesi, Pilloti, Magni u. a. m. Unter den deutschen Künstlern, welche
sich in München nicht betheiligt haben, nennen wir die Prager Künstler Prof.
Grueber und die Bildhauer I. und E. Max, und die Wiener Künstler Pros.
Radnitzky, Prof. Steinfeld, Aigner, Preleuthner, Vöscher, denPesther
Maler Weber u. a. m.

Der jüngere Architect Ferstel erhielt ein einjähriges Staatsstipendium für
eine Kunstreise nach Italien, ein anderer jüngerer Wiener Architect, F. Kier sch-
ner, bei dem Coukurse für daß neue Armenhaus in Triest den ersten Preis mit
250 Dncaten. — Director CH. Rüben wurde „Ehren-Vice-Präsident" der
Londoner Allgemeinen Gesellschaft für Industrie und Kunst.

Der hiesige Kupferstecher Ehr. Mayer ist mit Ausführung eines großen
Blattes in geschabter Manier beschäftigt und zwar nach dem Oelgemälde Rahls:
„Kolonics im Lager vor Wien". Die Platte wird im Aufträge Auers ausgefiihrt.

/X Karlsruhe. Dezember. Der Historienmaler Feuerbach hat zur
Zeit ein großes Bild ausgestellt, das allgemeine Auftnerksamkeit erregt. Gegen-
stand ist das Ende des bekannten Satyrikers Pietro Aretino (ft 1557), den mitten
unter den Freuden des Bacchanals der langhinstreckende Tod erreichte. Der
geistreiche Spötter ist vom Schlag getroffen rücklings umgesunken, die Laute ent-
fällt seiner Hand, Bläffe des Sterbens auf der epheuumkränzten Stirn; die
schwelgende Gesellschaft im Moment des ersten noch nicht znm Schreck ausge-
prägten staunenden Eindrucks, iippige Franengestalten springen von ihren Sitzen
ans, ein schwarz gekleideter Nobile beugt sich über den Gesunkenen, während eine
andere Gruppe noch ungestört der Freuden des Mahles Pflegt.

Die Composition zeugt von großer, tragischer Auffassung; es ist jener ge-
waltige in den Todtentänzen des Mittelalters so mannigfach variirte sittlich ernste
Gedanke des in die Ueppigkeit unerwartet hereiubrechenden Strafgerichtes, aber
hier ohne Sensenmann imd diirftige Allegorie, im vollen, prächtigen realen
Venetianercostüm des sechszehnten Jahrhunderts. Die farbensichere, gewandte
Ausführung, bei welcher das Streben unverkennbar ist, eine an früheren Bildern
nicht ohne Grund gerügte Flüchtigkeit der Behandlung zu vermeiden, erinnert an
die guten Tage Paolo Veroneses, mit welchem der Künstler in einer gewissen
Geistesverwandschaft zu stehen scheint.

Anselm Feuerbach ist der Sohn des rühmlich bekannten Archäologen und
Enkel des großen Criminalisten. Wir möchten dem sprühenden jugendlichen Ta-
lente wünschen, daß ihm recht bald der Anlaß sich biete, jenseits der Alpen durch
näheres Studium der großen Vorbilder seinem kiinstlerischen Streben die letzte
Weihe zu ertheilen.

Lunstverriiir.

Der Krnrstverenr zu Köln.

Unser Knnstverein krankt an einem Nebel, das ihm von Geburt aus an-
klebt, und er droht fast, daran zu verscheiden. Man hat nämlich bei Entwurf des
Statuts gleich sein Augenmerk darauf gerichtet, die Mitglieder durch die Ge-
winne anzulocken und eine möglichst vortheilhaste Bilderlotterie einzurichten; es
gelang das im Anfang uni so besser, als die zeitweiligen Ansstellungen sich auf
dem Gürzenich in der Regel eines zahlreichen Besuchs erfreuten, der mitunter
durch bedeutende Kunstwerke noch gehoben wurde, wodurch dann reichliche Ein-
gangsgelder flössen. Jedoch war die natürliche Folge dieser Einrichtung, daß
man sich nur aus den Ankauf von Staffeleibilder beschränkt fand, woraus dann
wieder folgte, daß größere Werke allmählig ganz ausbliebeu, und die Ausstellung
immer mehr an Interesse verlor. Man sah dieses, nachdem es oft vorausgesagt
worden war, endlich denn doch ein; das Nebel war aber bereits so eingerissen,
daß es einer Radikalkur bedurft hätte, um den Besuch wieder zu beleben. Man
hätte, statt hauptsächlich sich auf die Gewinnsucht zu stützen, an den allgemeinen
Kunstsinn appelliren sollen; statt dessen aber begnügte man sich, dem letzteren
eine kleine Concession zu machen, indein man einen Theil der Einnahme, „höch-
stens ein Sechstel der Einnahme, nach Abzug der Kosten der Verwaltung und
der zu vertheilenden Nachbildungen" zu öffentlichen Kunstwerken bestimmte; ein
Antheil der Lei den früheren reichen Einnahmen vielleicht noch einige werthvolle
Anschaffungen gestattet hätte, jetzt aber durchaus unzureichend wurde. Die Ab-
änderung der zeitweiligen Ausstellung in eine permanente, und die Verlegung
derselben ans dem Gürzenich in die Glockengaffe hat das Uebel noch gehoben.
Der Besuch ließ fast gänzlich nach, und mit ihm nahm der Ankauf von Priva-
ten, so wie vom Vereine selbst ab. Früher kaufte Letzterer jährlich mindestens
irgend ein werthvolles Bild, etwa eine große Landschaft von 13 bis 1400 Thaler
von Andr. Achenbach oder ein sonstiges hervorragendes Staffeleibild; das aber
gestatten, wie es scheint, die Mittel nicht mehr, und von öffentlichen Kunstwer-
ken, die angekauft, oder ausgeführt würden, bekommt man auch noch nichts zu
schauen. Auf der Ausstellung sieht man allerdings noch manches Gute, und es
sind mitunter die besten Künstler vertreten, aber selten, oder richtiger gesagt, nie
mehr mit hervorragenden Werken. Der Verein droht im Sande zu verrinnen.

Dazu kommt dann noch, daß man bei den Ankäufen, die noch gemacht
werden, wie von Anbeginn, fast nur die Technik in Betracht zieht, während es
doch die Hauptaufgabe eines Kunstvereins sein sollte, eine höhere Richtung in
der Kunst zu fördern.

Es wurden angekauft: von C. Hübner der Freiersmann zu 480 Thaler.
Das Bild ist mit bekannter Meisterschaft gemalt, und hat im Einzelnen viel
Schönes; ist aber in der Anffasfung weder originell, noch geht eine einheitliche
Stimmung hindurch. Der dumme Freier erinnert an mehre Bilder, aber na-
mentlich an den Heirathsantrag auf Helgoland, ohne jedoch durch denselben
Humor gehoben zu werden. Die Geliebte scheint einer herabgekommenen Fa-
milie anzngehören, die sich durch den reichen Bauerntölpel wieder finanziell
 
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