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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Bruns, Margarete: Der Stil der modernen Kleidung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0077

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Margarete Bruns: Der Stil der modernen Kleidung.

Kleidung ist demnach die, welche diese Be-
dingung am vollkommensten erfüllt und uns
von der Schönheit des nackten Körpers,
trotzdem sie ihn bedeckt, so wenig wie
möglich entzieht. Da nun die natürlichen
Figuren von Mann und Weib in ihren Grund-
Formen durchaus verschieden sind, so ist es
selbstverständlich, dass die Kleidung jedes
Geschlechtes ihren eigenen Karakter haben
muss. Der Haupt-Unterschied der männ-
lichen und weiblichen Kleidung seit alter
Zeit liege in der Bekleidung des Unter-
körpers. Beim Manne ist hier das Beinkleid
das gebräuchliche, beim Weibe der Rock.
Trotzdem schon seit undenklichen Zeiten
dieser karakteristische Unterschied in der
Kleidung der Geschlechter zu Tage tritt
und sich deswegen auch wohl hinlänglich
als praktisch erwiesen haben muss, macht
man in letzter Zeit doch Versuche, das Bein-
kleid auch für die Frau als die bequemere
Tracht einzuführen. Nun ist es ja schon
ganz richtig, dass der Rock der Bewegung
der Beine beim Gehen hinderlich ist, und es
wäre gewiss das Beinkleid vorzuziehen weil


bernh. wenig—berchtesgaden. Tisch-Lampe.
Ausgeführt von otto schulz—berlin.


bernh. wenig—berchtesgaden. Schreibtisch-Lampe.
Ausgeführt von otto schulz—Berlin.
es diese Unbequemlichkeiten aufhebt, wenn
es auf der anderen Seite nicht neue, grössere
Unbequemlichkeiten hervorriefe. — Eine
Kleidung, die die Figur zeigen soll, muss ent-
weder ganz eng anliegend oder weit und faltig
sein. (Ich erinnere an die weiten, faltigen Ge-
wänder der Griechen, die den Körper in ganz
herrlicher Weise hervortreten Hessen.) Da
das enganliegende Beinkleid für die Frau
schon wegen der allmonatlichen Regel, haupt-
sächlich aber wegen der Schwangerschaft
die grössten Missstände hervorrufen würde,
so bleibt eben nur als praktisches und schönes
Bekleidungsstück der Rock. Denn von dem
plumpen, weiten Beinkleid, wie es einige
Frauenfraglerinnen vorgeschlagen haben, ja
wie es beim Radfahren zum Teil schon
getragen wird, einem Beinkleid, das dem
runden, schöngeformten Schenkel der Frau
das Ansehen einer formlosen Fleischmasse
gibt, von diesem Monstrum will ich garnicht
reden. Obgleich alles das schon allein genügen
würde, die Ansprüche des Rockes auf seine
Stellung als das stilreinste Kleidungsstück
zur Bekleidung des Unterkörpers der Frau
zu begründen, so gibt es doch noch eine
 
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