Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 48.1921

DOI Artikel:
Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Artur Volkmann (zum 70. Geburtstag)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9123#0267

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
■■■■■■■■■■■■■■■■■■

ARTUR VOLKMANN.

(ZUM 70. GEBURTSTAG.)

Artur Volkmann, der künstlerische Erbe
L Hans von Mares, der allerersten einer, der
schon vor Jahrzehnten die Größe des Vielver-
kannten erfühlte und sich ihr rückhaltlos als
Schüler hingab, war lange Zeit ein Unbekannter
in der Kunstwelt. Die kühl-ruhige, herbe arka-
dische Note seiner Plastik, seiner Gemälde und
Zeichnungen verklang im Jugendrausch des
Impressionismus. Erst mit dem Steigen der
Thomaschen Sonne, mit der Auferstehung
Hans von Marees und dessen Versetzung
unter die Heroen der Malerei, gewann man auch
im weiteren Kreise Verständnis für ihn. Viel
trug dazu bei das Interesse, das Breitkopf und
Haertel dem Künstler entgegenbrachten, indem
sie seine schönsten Zeichnungen in ihrer Samm-
lung künstlerischen Wandschmucks populari-
sierten; ferner erschien im Jahre 1908 eine
stattliche Veröffentlichung Waldemar von Was-
sielewskys bei Piper in München, die sich liebe-
voll eingehend mit Volkmann befaßte und in
Wort und Bild sein Lebenswerk ausführlich
darstellte. Endlich nahm dann der Meister
selbst die Feder in die Hand und sprach in
einem fesselnden Büchlein, zurückhaltend und
bescheiden, wie es seine Art ist, von seinem
Sehen und Gestalten und den Tagen mit Hans
von Marees! So gilt er denn heute als ein ge-
achteter Mann unter denen, die ihre Augen
nicht nur flüchtig über die Fülle der Erschei-
nungen gleiten lassen, und wird respektvoll mit
Adolf Hildebrandt genannt.

Veranlassung, seiner in diesem Jahre beson-
ders zu gedenken, gibt sein 7 0. Geburtstag.

Am 28. August 1851 ward er zu Leipzig ge-
boren. Die Goethe'schen Gestirne regeln also
sein Leben. Verwandte Sterne — verwandte
Neigungen — verwandte Schicksale! Nennt's
Aberglauben, nennt's Zufall, aber ein Quentlein
Goethe steckt in ihm. Nicht vom jungen Goethe,
der götzlich und faustisch brauste, aber etwas
vom älteren, vom kühl-ruhig-vornehmen, vom
milde-weisen Goethe, vom Verfasser der Löwen-
Novelle, vom Faust II. Teiles, der für Helena
in Liebe glüht — kurz unverkennbar allerlei
geistige Verwandtschaft, wenn's beliebt und
wenn astrologische Mystik befriedigt sein soll!
Die Tatsache des 70. Geburtstages in rüstiger
Frische und noch nicht abgeschlossener Schöp-
ferkraft bei einer würdigen Künstlerpersön-
lichkeit verlangt ehrendes Gedenken am gol-
denen Meilenstein werkgeschmückter Lebens-
strecke von uns 1 Ob auch die Mitwelt laut und

brausend Ehrung und Huldigung gewähren wird ?
Sicher nicht, die gibt sie nur ihren temperament-
vollen Lieblingen, die sie frisch und warm,
keckzeugend und unbedenklich, als ihre eigen-
sten Kinder empfunden hat! Meister Volkmanns
Atelier, das Mars von Rom nach Frankfurt
versetzte, wird am 28. August kaum von En-
thusiasten gestürmt werden, einmal weil seine
still sinnige Natur überhaupt keine populären
Fermente besessen hat, sodann weil gerade er
und seine Zeitgenossen in ihrer antikisch be-
herrschten Formenstrenge unserer Jugend frem-
der sind, denn irgend etwas — und die Enthu-
siasten müßten doch gerade aus ihr hervor-
quellen! — Bleibt also, daß der 28. August ein
stilles schönes Familienfest bedeuten wird, ein
Fest der geistigen Familie, in der man Artur,
dem Schweigsamen, der nur gerne mit Meißel
und Stift redet zu Marmor, Ton und Papier —
so huldigen wird, wie er es liebt: Mit Hände-
druck und freundlichem Blick und Herzens-Aner-
kennung. Die besten der Freunde werden leider
fehlen, die, die seinem Herzen tiefes Erlebnis
und Förderung waren und die allein glückliche
Jugendzeiten zu einem Erinnerungsfrühling be-
leben könnten: sie sind nicht mehr, sie gingen
ins Jenseits hinüber! So bleiben als Gäste
zum Feste nur Weggenossen aus späteren
Tagen, einige Freunde, die wie er das Feuer
ihres Talents an Marees Fackel entzündeten,
Auguren der Kunstgeschichte, die strengen Ur-
teils, vom Zeitengeist ungetrübten Blicks wissen,
was Volkmann war und sein wird, sodann die
reifen Kunstfreunde, dem Meister stillverwand-
ten Naturells, die seine Werke lieben um des
harmonisch-lauteren Gehalts willen und endlich
— last not least — die ihm nächsten der Nahen:
die Vertreter des eigenen Namens, des Namens
Volkmann, der in Wissenschaft, Dichtung und
Kunst so vielfach ehrenvoll erklang und noch
erklingt, lauter Männer, die Meister Artur mit
besonderer Liebe und besonderem Stolz den
Ihren nennen!

Im übrigen wird den Künstler Artur Volk-
mann sein schönes und reiches Lebenswerk
ehren, und wenn uns nicht alles trügt, wird
noch manche Generation an dem Feste seines
unermüdlichen Schaffens feiernd teilnehmen.
Und das ist mehr als das Fest eines sieben-
zigsten oder achtzigsten Geburtstags — das ist
das sich immer wiederholende schöne, ewige
Geburtstagsfest des Künstlers in den Zeiten
und den Herzen 1 . .

KUNO GRAF HARDENBERG.
 
Annotationen