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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0024
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4

ν. DObschütz, Christusbilder.

Diomedes der Kühne und Odysseus der Schlaue, beide eifrige
Verehrer der Göttin Athene und ihre ausgesprochenen Lieblinge,
den Troern das Palladion zu entwenden wussten, das wurde
immer aufs neue in Worten, in Farben, in bildsamem Steine
dargestellt. Bald Hess man sie auf Strickleitern die Stadt er-
steigen, bald durch unterirdische Kanäle in die Burg eindringen.1)
Oder man dachte sie auch im Bunde mit Antenors Gattin Theano,
der Priesterin jenes Heiligtumes, die es den Feinden ermöglichte,
während eines Festes der Troer in dem Tempel zu übernachten
und das heilige Bild mit sich aus der Stadt zu nehmen.2) Ge-
nug, nur durch den Raub des Palladion war die Eroberung Uions
ermöglicht.

Dass man dem himmelentstammten Palladion solche schützende
Macht zutraute, hat dasselbe auch in der Folge zu einer ge-
schichtlichen Macht werden lassen. Mag jenes sagenumrankte
Palladion von Troja je existiert haben oder nur ein Gebilde
dichterischer Phantasie sein, es lebt in geschichtlicher Zeit in
einer ganzen Anzahl von Palladien fort. Nicht nur Neuilion, die
im 6. Jahrhundert v. Chr. gegründete Colonie, die sich gerne
als direkte Fortsetzung der alten sagenberühmten Stadt gab,
behauptete jenes Palladion zu besitzen, und führte es auf seinen
Münzen;3) sondern eine ganze Reihe griechischer und ebenso
italischer Städte erhob Anspruch auf das echte Palladion von
Troja. Ihr Streit scheint sich wiederzuspiegeln in den Erzählungen
von dem Hader der Fürsten vor Troja. Schon auf dem Rück-
weg von ihrem kühnen Streifzug sollen Odysseus und Diomedes
über das Palladion uneins geworden sein4.) Verschärft erhob

vgl. 9Sa la. Eine dritte Form nennt Anterior s. 95. 113a. 120b. (= lb Schol.).
124 a — eine vierte ein Orakel des Kalchas s. 59.

1) s. 98 a 2, dazu 11 [= 75 c]. Die litterarischen Bearbeitungen gehen
auf diesen Punkt im ganzen wenig ein; eine um so grössere Rolle spielt
er bei den künstlerischen Darstellungen.

2) s. Diktys (95 — vgl. 118), darnach auch 1 b Schol. = 120b [= 124a
= 132]. Die Rolle der Theano knüpft an Ilias Ζ 302 (lb) an.

3) s. Strabo (52c), der jenen Anspruch einer eingehenden Kritik
unterzieht; — Appian (70) — für die Münzen J. C. Rasche, Lexicon rei
nummariae veterum 1786. II. 2. 575ff. Jos. Eckhel, Doctrina nummorum
veterum ρ. I, vol. II. Wien 1794, p. 483—486. Τ. E. Mionnet, Description
de medailles antiques II, 1807, 657—667. Chavannes a. a. O. S. 20.

4) Davon erzählte schon die kleine llias (3 — 109b) — die ausführ-
 
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