V. Das Christusbild von Edessa.
119
erzählte. In schroffstem Gegensatz zu solcher scherzhaften Auffass-
ung übten andere eine sehr ernste religiöse Beurteilung der Dinge.
Vielleicht war auch davon Prokop etwas bekannt; er selbst deutet
diese Grundstimmung an, ohne ihr doch in der Darstellung der
einzelnen Vorgänge einen beherrschenden Einfluss zu gewähren.
Vielleicht aber war auch die Fassung, wonach die Rettung allein
einem wunderbar entstandenen Christusbild-Palladion zu verdanken
sei, nicht zu ihm gedrungen. Denn offenbar war es nur ein
begrenzter, religiös gestimmter Kreis, in welchem diese Beurteilung
geübt wurde.
Welches dieser Kreis war, darüber giebt der Auffindungs-
bericht uns eine leise Andeutung. Der Bischof, der das Bild,
durch eine Vision gemahnt, wieder auffand, wird Eulalios genannt.
Einen Bischof von Edessa dieses Namens kennt die sonstige
Uberlieferung nicht; und doch braucht er keine unhistorische
Persönlichkeit zu sein. Als Bischof von Edessa zu der Zeit
der Belagerung Edessas im Jahre 544 gilt den Syrern Jakob
bar Addai (541—578), der gewaltige Vorkämpfer und Reorgani-
sator des Monophysitismus, der den monophysitischen Gemein-
schaften wie den Stempel seines Geistes, so auch seinen Namen
aufprägte. In Edessa, einem Knotenpunkte der östlichen Ver-
kehrsstrassen, wo sich mit den einheimischen Syrern auch Araber,
Perser, besonders zahlreiche Armenier, vor allem aber Griechen
mischten, wo eine starke griechische Garnison lag, gab es aber
natürlich neben den syrischen Monophysiten auch andere christliche
Gemeinschaften, persische Nestorianer und ebenso Anhänger der
griechischen Reichskirche, Melkiten, wie die Syrer sie nannten.1)
Ein Bischof Amazonios von Edessa hat als Teilnehmer der V.
oikumenischen Synode zu Konstantinopel im Jahre 553 deren
Akten unterschrieben; von seinen Bauten in Edessa bewahrte
man dort noch in späterer Zeit Kunde. Ein Vorgänger dieses
x^mazonios auf dem Bischofsstuhle der griechisch-reichskirchlichen
Gemeinde von Edessa wird unser Eulalios gewesen sein, dessen
Name ihn schon den Griechen zuweist.
1) vgl. meine Zusammenstellungen über die konfessionellen Verhält-
nisse in Edessa in der Zeitschr. f. wiss. Theol. XLI (N. F. VI), 1898, 374f.,
R. Duval, Journ. Asiat. 1892, 30 Α. l. Bei Garns, ser. episc. 437 a fehlt
Eulalios. Einzelne Handschriften von II 21 schreiben übrigens Eulabios.
119
erzählte. In schroffstem Gegensatz zu solcher scherzhaften Auffass-
ung übten andere eine sehr ernste religiöse Beurteilung der Dinge.
Vielleicht war auch davon Prokop etwas bekannt; er selbst deutet
diese Grundstimmung an, ohne ihr doch in der Darstellung der
einzelnen Vorgänge einen beherrschenden Einfluss zu gewähren.
Vielleicht aber war auch die Fassung, wonach die Rettung allein
einem wunderbar entstandenen Christusbild-Palladion zu verdanken
sei, nicht zu ihm gedrungen. Denn offenbar war es nur ein
begrenzter, religiös gestimmter Kreis, in welchem diese Beurteilung
geübt wurde.
Welches dieser Kreis war, darüber giebt der Auffindungs-
bericht uns eine leise Andeutung. Der Bischof, der das Bild,
durch eine Vision gemahnt, wieder auffand, wird Eulalios genannt.
Einen Bischof von Edessa dieses Namens kennt die sonstige
Uberlieferung nicht; und doch braucht er keine unhistorische
Persönlichkeit zu sein. Als Bischof von Edessa zu der Zeit
der Belagerung Edessas im Jahre 544 gilt den Syrern Jakob
bar Addai (541—578), der gewaltige Vorkämpfer und Reorgani-
sator des Monophysitismus, der den monophysitischen Gemein-
schaften wie den Stempel seines Geistes, so auch seinen Namen
aufprägte. In Edessa, einem Knotenpunkte der östlichen Ver-
kehrsstrassen, wo sich mit den einheimischen Syrern auch Araber,
Perser, besonders zahlreiche Armenier, vor allem aber Griechen
mischten, wo eine starke griechische Garnison lag, gab es aber
natürlich neben den syrischen Monophysiten auch andere christliche
Gemeinschaften, persische Nestorianer und ebenso Anhänger der
griechischen Reichskirche, Melkiten, wie die Syrer sie nannten.1)
Ein Bischof Amazonios von Edessa hat als Teilnehmer der V.
oikumenischen Synode zu Konstantinopel im Jahre 553 deren
Akten unterschrieben; von seinen Bauten in Edessa bewahrte
man dort noch in späterer Zeit Kunde. Ein Vorgänger dieses
x^mazonios auf dem Bischofsstuhle der griechisch-reichskirchlichen
Gemeinde von Edessa wird unser Eulalios gewesen sein, dessen
Name ihn schon den Griechen zuweist.
1) vgl. meine Zusammenstellungen über die konfessionellen Verhält-
nisse in Edessa in der Zeitschr. f. wiss. Theol. XLI (N. F. VI), 1898, 374f.,
R. Duval, Journ. Asiat. 1892, 30 Α. l. Bei Garns, ser. episc. 437 a fehlt
Eulalios. Einzelne Handschriften von II 21 schreiben übrigens Eulabios.