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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0201
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V. Das Christusbild von Edessa.

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mit 1. Thess. 021 geantwortet, derjenigen auf das Zeugnis seines
Auitsvorgängers Stephanus mit grosser Deutlichkeit das von Papst
Gelasius über den Briefwechel gefällte Verdammungsurteil, dem
alle katholisch und orthodox denkenden Christen beipflichteten,
entgegengehalten. Doch dieser Widerstand Karls des Grossen
gegen die zu Nikaia dekretierte Bilderverehrung hat für die
Entwicklung im grossen nur die Bedeutung einer allerdings höchst
interessanten Episode; er hat in unserem Falle höchstens dahin
gewirkt, dass die in den Akten jenes Konzils enthaltenen Zeug-
nisse für die Bilderlegende, die Erzählung bei Euagrios und die
mündliche Bestätigung durch den Anagnosten Leon, nicht alsbald
im Abendlande wirksam wurden. Im übrigen floss die Quelle
weiter, aus der die abendländische Christenheit all ihr Wissen
über die Legenden des Orientes schöpfte: nur in vereinzelten
Fällen waren es direkte litterarische Beziehungen zu Griechen
oder Syrern; so etwa bei der Erzählung in dem kirchengeschicht-
lichen Kompendium unter dem Namen des Haynio von Halber-
stadt, dessen direkte Quelle noch nicht nachweisbar ist;1] meist
kam dem Abendlande, wie ernst die Kunde von Jesu Verheissung
für Edessa, so jetzt die Nachricht von seinem Bilde durch die
Scharen frommer Pilger, welche dem besonders germanischen
Wandertriebe folgend, zu allen Zeiten die heiligen Stätten Paläs-
tinas aufsuchten und dabei teilweise auch bis nach Mesopotamien
gelangten: zu den Füssen Sankt Peters zurückkehrend haben sie
dann berichtet, was sie im fernen Osten gesehen und gehört
hatten. Die Quelle solcher Mitteilungen entzieht sich natürlich
unserer Kontrolle. Es ist nicht einmal gesagt, dass diese Nach-
richten aus Edessa selber kamen. Vielleicht wusste man zu Jerusa-
lem mehr von jenem heiligen Bilde zu Edessa zu erzählen als
dort selbst. Darauf führt eine lateinische Predigt,2) welche in
einzelnen Angaben sich auf das nächste mit dem berührend, was
der Papst Stephan III. von Pilgern in Erfahrung brachte, in die
Legende Züge einmischt, welche eine an Ort und Stelle gewonnene
Autopsie schlechterdings ausschliessen: hiernach sollte sich Jesu^
der Länge nach auf ein weisses Linnentuch ausgestreckt haben,

1) s. 48* eine Mischform der Gruppen 29. 48. 56b und 30a. 44. 5ö.
5üa repräsentierend.

2) s. 40 = Beilage III.
 
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