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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0298
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278

ν, Dobschütz, Christusbilder.

voll, weil hierfür eine so stattliche Zeugenreihe aufzuführen war,
wie für keine Bilderlegende sonst, allen voran das Zeugnis des
Eusebios, der, mochten ihn auch die Verteidiger der Bilder
wegen einiger unliebsamen Äusserungen gegen dieselben als
Arianer verschreien,1) nun doch einmal der Vater der Kirchen-
geschichtsschreibung war, unter dessen Fittiche sich alles flüch-
tete, was einer gesicherten historischen Autorität bedurfte. Frei-
lich gerade Eusebios wusste ja in der Abgargeschichte nichts
von dem Bilde. Aber abgesehen davon, dass es sich leicht in
seinen Bericht einfügen Hess,2) man liess sich dadurch nicht
stören in dem Gefühle der Sicherheit, dass auch Eusebios der
Abgarlegende seine Autorität leihe.3) Hatte doch das Palladion
von Troja seine grosse Berühmtheit auch lediglich dem zu danken,
dass Homer den trojanischen Krieg besungen hatte — ohne dabei
das himmelentstammte Palladion von Troja zu erwähnen!

Treten so im Bilderstreite die Christus-Achiropoi'iten zurück,
so tauchen gleichzeitig oder mehr noch in den folgenden Jahr-
hunderten zahlreiche Theotokosachiropoi'iten auf, ein Ausdruck
der veränderten religiösen Stimmung, ein Beweis zugleich, dass
der christologische Gesichtspunkt in den Hintergrund gedrängt
war. Es zeigt sich aber sofort, dass damit das Wesen des Achi-
roporitenglaubens verändert ist: es kommt eine ganz neue Vor-
stellung vom Wesen dieser wunderbar entstandenen Bilder auf.
Die beiden für die ältere Zeit uns als charakteristisch entgegen-
tretenden Momente des wunderbaren Abdruckes und des bis in
die Lebenszeit der dargestellten Person hinaufreichenden Alters
verschwinden, und machen der Vorstellung Platz, dass diese Bilder
von selbst wunderbar, gleichsam aus dem Inneren des Stoffes
hervortreten, zu beliebiger Zeit. Den Übergang können wir vor-
züglich an der Legende des Marienbildes von Diospolis beobach-
ten, dessen älteste Form noch jene beiden Momente des Abdrucks

1) s. S. 31 A. 4. 2) s. S. 123 f.

3) Sogar die Kritik eines Calvin hat sich von dieser Behauptung ge-
fangen nehmen lassen (CR 34, 430); anders die karolingischen Theologen
(S. 194*: 39) und ihnen folgend die Magdeburger Centurien (S. 159*). —
In dem Mangel einer solchen Autorität lag zugleich der Nachteil der
Veronicalegende, welcher deren Aufkommen lange Zeit hinderlich war;
denn dass Eusebius sie thatsächlich (als Paneaslegende) bezeugt, ward nicht
erkannt.
 
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