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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0681
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Beilage I 23.

27**

von Chalke-Pyle (9. Aug.), wie denn die Übertragung auf den
16. Aug. in den Cetji-Minei" handgreiflich die Anziehungskraft
gleichartiger Feste auf einander darlegt. Es ergiebt sich hier-
aus, welch reiche Geschichte diese Kommemoration bereits vor
der wohl dem 10. Jahrhundert angehörenden Festlegung des
Menaeentextes durchgemacht haben muss.

Weiter noch führt der Vergleich unserer Überlieferung mit
jener Notiz von der Handschriftenverstümmelung durch die Bilder-
feinde. Es bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder der Diakon
Kosmas hat recht; dann folgt, dass die Lektion vor dem Jahre
750 vorhanden war; damals wurde sie bereits aus der Handschrift
getilgt. Zugleich würde sich ergeben, dass jene verstümmelte
Handschrift der Patriarchalbibliothek der Archetypus für den
Hauptzweig unserer Menaeenüberlieferung war. Oder aber Kosmas
hat sich geirrt. Das Menaion, das ihm in die Hand kam, ent-
hielt nämlich ähnliches wie unsere jetzigen Menaeen: die Kom-
memoration des h. Bildes, ohne Lektion. Er hielt für Ver-
stümmelung, was thatsächlich kirchliche Überlieferung war. Die
Menaeen enthalten eine grosse Zahl solcher lektionsloser Kom-
memorationen, von denen viele gewiss nie eine Lektion hatten;
andere aber haben diese offenbar eingebüsst, indem neuere Er-
innerungen die alten zurückdrängten und eine Verkürzung er-
forderten. So ist es offenbar mit unserer Lektion gegangen, und
dass dies nicht in Folge willkürlicher Verstümmelung, sondern
auf Grund erlöschenden Interesses an derselben geschah, dafür
scheint der Umstand zu sprechen, dass man das fehlende nicht
zu ergänzen sich bemühte.

Es ergiebt sich daraus, dass bereits um 787 oder vielmehr
schon um 750 unsere Lektion aus der Sammlung zu gottesdienst-
licher Vorlesung dienender Texte weggefallen war, wohl weniger
kraft eines gewaltsamen Eingriffs der Ikonoklasten, als auf dem
natürlichen Wege der Vergessenheit.

Das beweist aber, dass der Text kaum nach dem Jahre 700
entstanden sein kann: das 7. Jahrhundert bleibt also als Zeit
der Entstehung offen.

7. Als Ort der Entstehung endlich werden wir Kaisareia
zu betrachten haben. Darauf weist die Art, wie das dortige
Christusbild als das allein echte Bild behandelt wird. Kamu-
liana selbst ist so gut wie ausgeschlossen. Gegen Konstanti-
 
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