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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0755
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Beilage II 33.

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einverleibt hat. Es ist in Byzanz nicht anders gegangen als im
Abendland. Das Mittelalter war auf homiletischem Gebiet im
ganzen unproduktiv. Wohl finden sich einzelne Prediger von
eigener Kraft und individuellem Gepräge; die Mehrzahl schöpft
einfach aus der Überlieferung, wie sie Karl d. Gr. in praktischem
Verständnis der Sachlage in dem Homiliarium hatte zusammen-
fassen lassen. Ganz ähnliches bedeutet für die griechische Welt
die Sammlung des Metaphrasten, nur dass hier, dem Geschmacke
des 10. Jahrhunderts entsprechend, die älteren Texte einer stili-
stisch-rhetorischen Umarbeitung unterzogen wurden. Eine solche
war natürlich bei einem Texte, der eben dieser Zeit angehörte,
nicht nötig. Es ist ganz begreiflich, dass die Festpredigt vom
16. Aug. 945, so wie sie war, samt dem Namen des kaiserlichen
Urhebers, in die bald darauf geschaffene Sammlung Aufnahme fand.

In der That ist die Umgebung, in welcher sie uns überliefert
ist, eine so einheitliche, dass der Gedanke an eine bestimmte,
festumgrenzte Predigtsammlung gar nicht abzuweisen ist. Bieten
nun vereinzelt die Handschriften noch den Namen des Meta-
phrasten zu dieser Sammlung oder zu einzelnen ihrer Teile, so
scheint die Sache ganz klar. Thatsächlich haben Ehrhards Resul-
tate, wie es scheint, allgemeine Zustimmung erfahren.

Da erhebt sich unvermutet eine Schwierigkeit. Neben dem
von den beiden — in ihrer Zusammensetzung metaphrastischen —
Gruppen Σ und Ξ repräsentierten Text findet sich ein vollstän-
dig umgearbeiteter in den beiden Codices VX, welche, trotz man-
cher Differenzen im einzelnen, auf die wir zurückkommen, ge-
meinsam eine scharf charakterisierte Bearbeitung darstellen, wie
die Zusammenstellung ihrer Varianten unter dem Text deutlich
erkennen lässt.

Wir sehen zunächst einmal ab von dem Hauptunterschied,
dass nämlich die Festpredigt hier mit § 64 schliesst, woran sich
mit selbständiger Uberschrift der unter S abgedruckte liturgische
Traktat reiht, an dessen Schluss erst das Gebet (§ 65) steht.
Lambecius bei Besprechung des Codex Vl) ist energisch dafür
eingetreten, dass hierin das ursprüngliche Verhältnis erhalten sei,
zumal dadurch die einzige Schwierigkeit wegfällt, die Festpre-
digt dem Kaiser selbst zuzusprechen. Dazu kommt, dass die

1) Commentarius de caes. bibl. VIII 195—199.
 
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