V. Das Christusbild von Eclessa.
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auffallend gut zusammen, dass diese 1247 in den Besitz der
Heiligtümer von Konstantinopel trat und unsere Schrift offenbar
wenige Jahre später geschrieben worden ist. So scheint auch
diese römische Uberlieferungsreihe indirekt Zeugnis abzulegen für
das Alter der Ansprüche von Paris.
Schwierig bleibt nur die Frage, warum man später in Rom
die Abgarlegende wieder von dem Bilde des Vatikans gelöst und
auf das Bild in San Silvestro übertragen hat. Einerseits hatte
wohl die Vereinigung zweier ganz analoger Legenden auf einem
Bilde ihre Schwierigkeiten. War auch durch Helenas Auswan-
derung nach Jerusalem eine Verbindung hergestellt, das Veronica-
bild hatte doch bereits — wie wir noch sehen werden ■— seine
eigene Entstehungslegende gehabt, die es sich nicht ohne weiteres
nehmen liess. Auch war es ja nur wertvoll, zwei so kostbare
Reliquien zu besitzen. Ein äusserer Anlass mag dazu gewirkt
haben, das Bild von San Silvestro als dasjenige Abgars zu be-
zeichnen. Da man diesmal, wenn auch noch so lose, an den
Besitz von Byzanz anknüpfte, möchten wir annehmen, dass es
das Auftauchen eines neuen Anspruches an diese Reliquie
von Konstantinopel war, welches den Wechsel in Rom veran-
lasste, — wir meinen den gegen Ende des 14. Jahrhunderts
hervortretenden Anspruch von Genua.1)
Das einst so mächtige Reich von Byzanz hatte sich voll-
ständig aufgelöst. Slaven, Türken, Franken, Sizilianer und Spanier
teilten sich in die Beute. Vor allem aber waren es die beiden
mächtigen Kaufmannsrepubliken von Venedig und Genua, welche
ihre Rivalität auf griechischem Boden ausfochten und abwechselnd
1) Von der Speziallitteratur zur Geschichte Genuas in dieser Zeit
Standenbühl- leider nur zu geböte: G. Stella, Annales Genuenses, bei
Muratori, Scriptores rer. Ital. XVII, 1730, 951—1220 und Ubertus Folieta,
Genuensis historiae 1. XII bei Graevius, Thesaurus Antiquitatum et Histo-
riarum Italiae, I 1, 1704, 215-—744. Dazu kommen Agostino Giustiniani,
Bischof von Nebio auf Sardinien f 1536, Castigatissimi annali della repu-
blica di Genoa da fideli et approvati scrittori, Genoa 1537, ad a. 1384;
Abr. Bzovius, Annales Baroniani continuati ad a. 1384. — Trombelli p. 138
zitiert auch P. Aurelius a Genua ad a. 944. — Leider konnte ich die
beiden Spezialarbeiten über das Bild: Calcagnini, della imagine Edessena,
Genoa 1639; Notizia istorico-critica della prodigiosa effigie, Genova 1853
(zitiert bei Dietrichson 58), sowie Samuelian's Schrift nicht erlangen.
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auffallend gut zusammen, dass diese 1247 in den Besitz der
Heiligtümer von Konstantinopel trat und unsere Schrift offenbar
wenige Jahre später geschrieben worden ist. So scheint auch
diese römische Uberlieferungsreihe indirekt Zeugnis abzulegen für
das Alter der Ansprüche von Paris.
Schwierig bleibt nur die Frage, warum man später in Rom
die Abgarlegende wieder von dem Bilde des Vatikans gelöst und
auf das Bild in San Silvestro übertragen hat. Einerseits hatte
wohl die Vereinigung zweier ganz analoger Legenden auf einem
Bilde ihre Schwierigkeiten. War auch durch Helenas Auswan-
derung nach Jerusalem eine Verbindung hergestellt, das Veronica-
bild hatte doch bereits — wie wir noch sehen werden ■— seine
eigene Entstehungslegende gehabt, die es sich nicht ohne weiteres
nehmen liess. Auch war es ja nur wertvoll, zwei so kostbare
Reliquien zu besitzen. Ein äusserer Anlass mag dazu gewirkt
haben, das Bild von San Silvestro als dasjenige Abgars zu be-
zeichnen. Da man diesmal, wenn auch noch so lose, an den
Besitz von Byzanz anknüpfte, möchten wir annehmen, dass es
das Auftauchen eines neuen Anspruches an diese Reliquie
von Konstantinopel war, welches den Wechsel in Rom veran-
lasste, — wir meinen den gegen Ende des 14. Jahrhunderts
hervortretenden Anspruch von Genua.1)
Das einst so mächtige Reich von Byzanz hatte sich voll-
ständig aufgelöst. Slaven, Türken, Franken, Sizilianer und Spanier
teilten sich in die Beute. Vor allem aber waren es die beiden
mächtigen Kaufmannsrepubliken von Venedig und Genua, welche
ihre Rivalität auf griechischem Boden ausfochten und abwechselnd
1) Von der Speziallitteratur zur Geschichte Genuas in dieser Zeit
Standenbühl- leider nur zu geböte: G. Stella, Annales Genuenses, bei
Muratori, Scriptores rer. Ital. XVII, 1730, 951—1220 und Ubertus Folieta,
Genuensis historiae 1. XII bei Graevius, Thesaurus Antiquitatum et Histo-
riarum Italiae, I 1, 1704, 215-—744. Dazu kommen Agostino Giustiniani,
Bischof von Nebio auf Sardinien f 1536, Castigatissimi annali della repu-
blica di Genoa da fideli et approvati scrittori, Genoa 1537, ad a. 1384;
Abr. Bzovius, Annales Baroniani continuati ad a. 1384. — Trombelli p. 138
zitiert auch P. Aurelius a Genua ad a. 944. — Leider konnte ich die
beiden Spezialarbeiten über das Bild: Calcagnini, della imagine Edessena,
Genoa 1639; Notizia istorico-critica della prodigiosa effigie, Genova 1853
(zitiert bei Dietrichson 58), sowie Samuelian's Schrift nicht erlangen.