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Dörpfeld, Wilhelm; Forbat, Fred; Forbat, Fred [Bearb.]
Alt-Olympia: Untersuchungen und Ausgrabungen zur Geschichte des ältesten Heiligtums von Olympia und der älteren griechischen Kunst (1. Band) — Berlin: Mittler, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.71562#0046
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I. Abschnitt: Neue Ausgrabungen in Olympia

Besonders wichtig war ferner unsere Beobachtung, dass die Innensäulen des
II. Tempels und auch einige der zugehörigen Wandpfeiler zwischen diesen Säulen
durch einzelne noch erhaltene grosse Fundamentsteine gesichert sind, zwischen
denen runde unregelmässige Steine liegen. Dadurch steht die Anordnung der Säulen
und Wandpfeiler in der Cella des II. Tempels fest.
Wir konnten weiter unsere frühere Beobachtung bestätigen, dass der Tempel
zweimal höhergelegt worden ist, zuerst um 0,50 m und sodann um 0,80 m. Die
Anordnung des Grundrisses ist bei diesen Umbauten im wesentlichen beibehalten
worden. Alle Fundamente des III. Tempels bestehen aus grossen Quadern; nur bei
den Wandpfeilern im Innern sind die unteren Teile der Fundamente aus kleinen
runden Steinen hergestellt. Alte Falzsteine des I. Tempels haben wir hier nirgends
verwendet gefunden.
Ausserhalb des Tempels fanden wir in dem grossen Altarfundament, das etwa
16 m östlich vom Heraion erhalten ist und den Hauptaltar der Hera getragen haben
muss, einige Falzsteine, die hier ebenso wie beim II. Tempel unregelmässig verwendet
sind. Also gehört dieser Altar sicher der Zeit des II. Tempels an, desjenigen Baues,
der zuerst eine Ringhalle erhielt. Dass dieser II. Tempel wahrscheinlich gar nicht
fertig geworden und alsbald als III. Tempel höhergelegt worden ist, wird später
bewiesen werden.
Einen für die Datierung des II. Tempels sehr wichtigen Fund machten wir an der
südlichen Ringhalle. Als wir deren Fundamente im Äusseren freilegten, fanden wir
etwa in der Mitte des Tempels zwischen zwei runden Steinen der untersten Fun-
damentschicht ein korinthisches Alabastron von etwa 8 cm Höhe mit zwei flüchtig
eingeritzten und bemalten Löwen, deren Schweife einen Kreis mit mittlerer Rosette
bilden (Abb. 55 in Abschn. VIII). Ich nehme an, dass das Fläschchen, mit Aroma ge-
füllt, bei der Gründung des II.Tempels imFundament niedergelegt worden ist. DerBau
muss also gleichzeitig mit dem Fläschchen sein. Da nun solche korinthischen Väschen
gewöhnlich dem 7. Jahrhundert oder gar dem Anfang des 6. zugeschrieben werden,
würde der Tempel, wenn die herrschende Vasen-Chronologie richtig wäre, erst
gegen Ende des 7. und im Anfänge des 6. Jahrhunderts erbaut sein müssen. Das
ist aber aus baugeschichtlichen Gründen, die im VII. und VIII. Abschnitt dargelegt
werden, ganz unmöglich. Ich muss hier betonen, dass ich die geltende Zeit-
bestimmung der protokorinthischen und korinthischen Vasen schon seit Jahrzehnten
für falsch gehalten habe und in ihnen phönikische Exportware aus dem Anfänge
des I. Jahrtausends erkenne. In den im ganzen Mittelmeer verbreiteten korinthischen
Alabastra von der Art unseres Väschens sehe ich die im Orient fabrikmässig her-
gestellten kleinen Behälter zum Export der arabischen Aromata, während ich die
sorgfältig gearbeiteten protokorinthischen Gefässe für die Tonware der phönikischen
Stadt Tyros oder ihrer Kolonien halte. Den Beweis hierfür werde ich im XIII.Ab-
schnitt geben; hier mag nur daran erinnert werden, dass die älteste Topfware der
 
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