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er aus diesem Beinamen in Verbindung mit den Maßen des Steines geschlossen hat (EW. 319),
daß es sich um einen mittleren Giebelstein (xopu^parog) handelt, dessen obere Fläche sich von
der Mitte nach zwei Seiten senkte, also „gekrümmt" oder „gebogen" war. Eine solche dach-
förmige Gestalt hat nun die steinerne Decke gehabt, die ich seit langem über dem Westraum
des Erechtheions in der Höhe der zwischen den Säulen befindlichen Brüstung der Westwand
annehme und deren Oberfläche sich nach Aussage der Spuren an der Südwand von der Mitte
nach Westen senkte.

In der Südwestecke dieses Raumes sehen wir nämlich noch jetzt den Anschluß für einen Stein
eines solchen Daches, dessen ehemalige Abschrägung nach Westen noch deutlich zu erkennen
ist (Taf. 10 und 27). Uber diese „Balkonplatte" oder „shelf", wie man sie genannt hat, haben
viele Forscher geschrieben und zum Teil sehr seltsame Theorien aufgestellt; so R. Borrmann
(AM. 1881, 386), B. H. Hill (AJA. 1910, 297) und G. W. Elderkin (Periclean Buildings, 1912,
55), so auchG. Th. Stevens und L. B. Holland (EW. 363f.). Ich brauche auf diese verschiedenen
Theorien hier nicht einzugehen.

„Nische"

Es genügt darauf hinzuweisen, daß alle Forscher in bezug auf die über jener Platte befindliche
„Nische" (EW. 171ff.) jetzt mit mir darin übereinstimmen, daß sie keinen kultischen Zweck
hatte, wie man früher zuweilen annahm, sondern zu dem technischen Zweck hergestellt ist,
um das Gewicht der oberen Wände in der Südwestecke des Tempels auf die Hälfte zu ver-
mindern. Diese Maßregel hielt der Architekt des Tempels damals für nötig, weil die Ecke
gerade über dem Grabe des Kekrops lag und ohne Fundament hatte von einem mächtigen
Orthostaten (A in Taf. 3) unterfangen werden müssen. Daß der Plan zur Herstellung der
„Nische" erst während des Baues gefaßt worden ist, haben die Amerikaner erkannt und sehr
richtig nachgewiesen (EW. 173). Die unter der „Nische" durch Spuren gesicherte „Balkon-
platte" (shelf) haben sie aber nicht richtig gedeutet. Ich erkläre sie seit langem für den Rest
einer nach Art eines Satteldaches gebildeten Steindecke über dem ganzen westlichen Raum
(AM. 1904, 103), einer Decke, die jetzt in der opo^-q xa|i7iuX7] der Inschrift ihren richtigen
Namen erhalten hat.

Konstruktion der Decke

Mit den Amerikanern hatte z. B. auch H. Koch in seiner Besprechung des Buches „Ere-
chtheum" (Gnomon 1928, 537) das ehemalige Vorhandensein einer solchen steinernen Decke
geleugnet und dazu erklärt, daß „es ihm durchaus unklar sei, wie eine solche Decke sich mit
der Balustrade (Brüstung) zwischen den Säulen der Westwand vertragen, wie sie rein tech-
nisch hergestellt, wo sie genügendes Auflager gefunden haben solle". Um diese Bedenken zu
zerstreuen, genügt ein Blick auf die Abb. 12, 13 und Taf. 11 sowie die Ausführungen dazu
auf S. 60 ff. Und weiter erinnere ich an die Decke der Korenhalle, die ebenfalls aus oben ab-
geschrägten Steinplatten besteht. Diese sind zwar, weil sie in anderer Richtung liegen, kürzer
als jene Steinbalken mit Platten, die größere Abmessungen gehabt haben müssen; dafür ist
aber auch in der Korenhalle die gesamte Deckenhöhe beträchtlich geringer, da sie keine Unter-
zugbalken benötigte (Taf. 6, 7 und 8).

Die dachförmige Steindecke über dem Westraum kann nämlich aus Steinbalken mit da-
zwischengelegten Steinplatten (asXiBsc;) bestanden haben, wie es bei der Nordhalle und der
Osthalle des Erechtheions der Fall ist. Einer solchen Art der Steindecke möchte ich sogar
den Vorzug geben vor der über der Korenhalle, weil eine Spannweite von 12 Fuß, wie sie der
Westraum besessen hat, allenfalls mit einfachen, dachförmigen Steinplatten, deren Eigen-
gewicht durch eingetiefte Kassetten erleichtert war, überdeckt werden konnte, aber eine

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