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man soll also bei zweien von den vier Innenwänden wieder zum System der zweiseitig be-
schriebenen Mauern zurückgekehrt sein ? Zu allem Unglück sind aber die 48 Fuß auch noch
für die beiden Seiten der Mauer, die im EW. als „Mauer beim Prostomiaion" ergänzt wird
und die nur 171/2 Fuß lang ist, zu viel, so daß schließlich EW. 313 nur die betrübte Fest-
stellung übrigbleibt: „Die vorstehende Diskussion hat zu keinem positiven Resultat geführt".
Es empfiehlt sich daher, sich erstens bei der Deutung solcher einmaligen und auch noch sprach-
lich zeitgebundenen Fachausdrücke nicht allzuweit von dem festen Boden des immerhin doch
noch recht aufschlußreichen Erhaltungszustandes des Bauwerkes zu entfernen und zweitens
von einem geschäftlich-nüchternen Bauplatzinventar nicht allzuviel philologische Präzision
zu verlangen. Nachdem die Kommission also 32 Fuß „Innenwandprofil" bemängelt hat, nennt
sie „an der Prostomiaion-Wand 12 Tetrapodien, an der ,Parastas' 7 Tetrapodien, an der
Wand beim Kultbild 6Tetrapodien" (die beiden letzten Zahlen sind ergänzt und nicht ganz
sicher). Darauf folgen noch kleinere Arbeiten in den beiden Anbauten im Norden und Süden,
die mit „Prostasis bei der großen Tür (Nordhalle)" und „Prostasis beim Kekropion" (Koren-
halle) bezeichnet werden. Ebenso wie hier zum Schluß die beiden kleinen Raumkomplexe
„Nordhalle" und „Korenhalle" als je ein nicht mehr unterteiltes Ganzes genannt werden,
sind auch die drei vorher genannten Namen die jeweils alle 4 Wände zusammenfassenden
Bezeichnungen der 3 Innenräume des Erechtheions, die an der Ruine noch deutlich erkennbar
sind. Die noch darin auszuführenden Arbeiten sind nur mit Längenmaßen angegeben, sie
können also nur auf die einfache Wandfläche bezogen werden. Die Maßzahl gibt entweder die
Gesamtbreite von Streifen an, die von oben bis unten noch zu glätten sind, oder sie ergibt,
mit einer nicht genannten, also damals wohl gemeingebräuchlichen Maßeinheit multipliziert,
bestimmte Flächengrößen.

„Wand beim Kultbild"

Bei der Verteilung der Namen auf die Räume besteht für den dritten „beim Kultbild" kein
Zweifel, daß damit die Ostcella gemeint ist. Ebenso wie die Nordhalle nach der großen Tür
in ihrer Rückwand Trpdataatg izpbs toö frupcofiaTos genannt wird, heißt diese CeUa nach dem
Kultbilde an ihrer Rückwand der Raum npbc, xoö ayak\i<xxoc,.

„Parastas"

Der zweite Name der Inschrift „Parastas" bedeutet in den etwa gleichzeitigen Inventarver-
zeichnissen des „Alten Tempels" (im Gegensatz zu „Prostasis" = Vorhalle und „Peristasis"
= Ringhalle aus der gleichen Sprachwurzel) soviel wie „Seitenhalle" d. h. Seitenschiff in der
dreischiffigen CeUa, also eine seitlich vom Hauptraum gelegene HaUe mit geschlossener Rück-
wand und nach einer Seite geöffneter Säulenfront. Genau diese Raumform ist auch im Ere-
chtheion erhalten: eine Halle mit geschlossener Rückwand und einer offenen Pfeilerstellung
(s. unten) als westlicher Seitenraum neben dem Hauptraum des Erechtheus-Heiligtums und
als Verbindungsgang zwischen den beiden Prostasen im Norden und Süden.

„Prostomiaion"

Der noch übrigbleibende erste Name der Inschrift „Prostomiaion" gebührt demnach dem
jetzigen Mittelraum des ganzen Gebäudes, der nur durch die beiden Prostasen und die
„Parastas" zugänglich war. Sein Inhalt ist nur aus diesem Namen „Prostomiaion" zu er-
schließen: es war der Raum mit dem „Prostomion". Dieses „Prostomion" ist die künstliche
Einfassung eines natürlichen „Stomions", wohl eher eines Felsspaltes als einer wasser-

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