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VIII.

DIE STEINERNE KASSETTENDECKE
ÜBER DER „PARASTAS"

Den wichtigsten Beweis für eine Steindecke über der „Parastas" sah Wilhelm Dörpfeld in
der oben ausführlich behandelten Inschrift. Die letzten Rätsel dieser Urkunde werden ungelöst
bleiben, denn auch für die Außerachtlassung der Interpunktion und Zusammenziehung der
Worte ty]v xajiTCuXifjv asXßa gibt es gute Gründe. Will man also wie bisher übersetzen: ,,die
gekrümmte Platte haben sie an ihren Platz gelegt und die anderen eine jede an ihren Platz",
so bedeutet das für die Ergänzung des Bauzustandes: eine der 4 oben satteldachförmig ab-
geschrägten Mittelplatten wurde noch an ihren Platz zwischen die Unterzüge gelegt und danach
mehrere der Seitenplatten, die an die Mittelplatten anschließend sich bis zwischen die Säulen
erstreckten und von denen es im ganzen 8 gegeben hat.

Der Bau selbst, obwohl gerade seine Westhälfte im Laufe der Jahrhunderte besonders stark
gelitten hat, bietet noch deutliche Anhaltspunkte, wo diese Decke gelegen und wie sie aus-
gesehen hat.

Erhaltungszustand an der Westmauer

Die Westmauer des Erechtheions ist aus griechischer Zeit in der Hauptsache nur bis zu der
Schicht erhalten, die außen die Basen der Halbsäulen trägt. Das alte Lichtbild (Taf. 21) gibt
ziemlich genau diesen Zustand vor der römischen Erneuerung wieder. Lediglich die beiden
Anschlüsse an die Längsmauern sind höher erhalten, und zwar an der Südwestecke die ganze
Ante einschließlich ihres Kapitells, an der Nordwestecke des Hauptbaues nur die äußere Hälfte
der Ante ebenso hoch. Ihre innere Hälfte ist im Zusammenhang mit der römischen Erneuerung
der Westmauer und auch des Türsturzes der großen Nordtür von oben bis unten abgearbeitet.
Aus dem Zustand der Profile an der Innenseite der Westmauer ergibt sich, daß in den unteren
Schichten oberhalb des geschlossenen Mauerteiles den Halbsäulen außen nur kleine schmale
Pfeiler innen entsprachen. Die geringe Breite dieser Pilaster macht es unmöglich, sie in der
ganzen Höhe der äußeren Halbsäulen zu ergänzen. Es muß also eine nochmalige Unterteilung
quer über die ganze Innenwand angenommen werden, wie sie auch im EW. Taf. XV rechts
unten gezeichnet und S. 62ff. beschrieben und begründet ist. Der Sinn dieser merkwürdigen
Unterteilung kann nicht allein damit begründet werden, daß eine Mauerbrüstung von
31/2 Schichten Höhe zwischen die von außen sichtbaren Säulen eingezogen ist, denn aus
zahllosen anderen griechischen Bauten ist bekannt, daß solche Brüstungen zwischen Säulen
so eingezogen werden, daß die Säulen außen und innen gleichmäßig und von der Basis bis
zum Kapitell normal profiliert aufgerichtet werden können. Schon diese stilistische Besonder-
heit, daß kein direkter Ubergang von den Pilastern innen nach oben zu den restlichen zwei
Dritteln der Säulen hergestellt war, legt also den Gedanken nahe, daß innen in Höhe des
äußeren Brüstungsabschlusses eine Decke den Raum nach oben abschloß und damit die
Säulen von innen unsichtbar machte, was um so nötiger war, als man den darüber hoch ver-
bleibenden Säulenstücken oberhalb der Pilaster unmöglich noch eine neue, zweite Basis geben
konnte. Spuren einer solchen Decke sind auch deutlich vorhanden, die Wilhelm Dörpfeld
schon 1904 gedeutet hat, die jedoch von den meisten Forschern und zuletzt auch im EW.
nicht für eine durchlaufende Decke der ganzen „Parastas" in Anspruch genommen wurden.

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