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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,1): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1877

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Wessely, Joseph Eduard: Hans Holbein: geb. in Augsburg 1497, gest. in London 1543
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https://doi.org/10.11588/diglit.33504#0324

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HANS HOLBEIN.

Das erFere Werk, bezeichnet mit 1522, höchF wahrscheinlich für den Dom
zu Solothurn gemalt, iF jetzt im Privatbehtz. Zu beiden Seiten der Madonna,
die in einen weiten blauen Mantel gehüllt ist und das nackte Christuskind im
Schoosse hält, slehen die beiden Schutzheiligen von Solothurn, Ursus in ritter-
lichem und Martinus von Tours in bischöFichem Gewände. Jede der vier Per-
sonen isl charakterislisch aufgefasst und mit dem feinFen Kunstgefühle durch-
geführt. In der Madonna, zu der ihm augenscheinlich seine Gattin zum Modell
diente, ist die reinFe mütterliche Freude ausgeprägt; beim Kinde Jesus, zu dem
er sein Kind benützt hat, isl die Bewegung der Hände und Füsse, wie he Kindern
eigenthümlich hnd, der Natur getreu und fein abgelauscht; die demüthigeNächFen-
liebe des Bischofs wie die entschloFene Kraft des h. Ritters, der hier gleichsam
die Wacht bei seinem Erlöser hält, hnd meislerhaft charakterihrt.
Die Madonna des Bürgermeislers Meyer entsland kurz vor der Abreise des
Künsllers nach England, also 1526. Sie war gemalt für Meyer, deFen Portrait
von Holbein's Hand wir bereits erwähnt haben. Der Besleller wollte mit diesem
Bilde seine ausgesprochen katholische Gehnnung zu einer Zeit bekunden, in der die
Reformation bereits in Basel tiefe Wurzeln gefasst hatte. Im Jahre 1528 suchte
der BilderFurm auch diese Stadt heim, und so dürfte die Madonna wohl nie in
einer grossen Kirche aufgeslellt gewesen sein, sondern zierte wahrscheinlich nur
die Hauskapelle der Familie. Maria mit dem Kinde wird hier vom Künsller als
Beschützerin der Familie des Donators aufgefasst; letztere isl in andächtiger
Stellung um die Gnadenmutter gruppirt, links (vom Beschauer) das Familien-
oberhaupt mit seinen beiden Söhnen, rechts die verslorbene ersle Frau desselben,
Magdalena Ber, dann die lebende zweite, Dorothea Kannegiesser, mit ihrerTochter
Anna. Der Mantel Maria's breitet hch schützend über der knieenden Gruppe
aus, über welche das göttliche Kind die Hand segnend hält. Kein Bild ver-
breitete des Künsllers Ruhm so nachhaltig wie dieses; kein Werk Holbein's war
so bekannt, selbsl in den der Kunst weit abliegenden Kreisen, wie dieses, obwohl
ersl in neueFer Zeit das wirkliche Original dem Meister zurückgegeben wurde.
Bis zum Jahre 18/1 galt das Dresdener Bild für das Original, wennschon ein-
zelne Stimmen von Fachgelehrten für die DarmFädter Tafel eintraten. Die
Holbein-Ausstellung in Dresden, im September 18/1, in der beide Madonnen
neben einander Fanden und zugleich in den ausgeFellten Bildern und Zeich-
nungen des MeiFers ein reiches Material zum Studium seines KunFcharakters
vorhanden war, hat das Dresdener Bild zur Copie geFempelt und in dem
DarmFädter Exemplar das wirkliche Original erkannt, so sehr dasselbe auch
verputzt, übermalt in den Köpfen und von einer fremden Hand verändert iF,
die von Holbein'scher AuffaFung nichts verFand. Wir können uns hier nicht
auf eine eingehende Kritik einlaFen und müFen den Leser, der Feh weiter
informiren will, auf die zweite AuFage von Woltmann's Werk verweisen, wo
die ErgebniFe der Forschung ausführlich niedergelegt hnd. Einen der wohl
auch für den KunFlaien begreiFichen Gründe geben die Baseler Zeichnungen
zum Portrait der zweiten Frau und der Tochter ab. Auf der Zeichnung er-
scheint das Gesleht durch die Rise bis zum Kinn verdeckt und die Tochter
trägt kein Perlenhäubchen, sondern das Haar iF aufgelöF und fällt herab. Wie
 
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