SEINE VORGÄNGER
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reichen Details und malerifcher Gefammtwirkung wie das Rococo; auch diefe
Architekturrichtung will noch areich und gefchmückta fein. Die Männer aber,
welche jenen neuen Auffchwung der Berliner Kunft hauptfächlich heraufführten,
Karl v. Gontard und v. Erdmannsdorf, waren doch nur zu vorübergehend in
Berlin thätig, um nachhaltig zu wirken, und traten zu früh vom hiefigen Schau-
platz ab, als dafs Schinkel ihre Schule hätte geniefsen können. Es ift müfsig und
doch lockend hch auszumalen, was aus diefem geworden wäre, wenn einer von
jenen Beiden fein Lehrer gewefen und als folcher ebenfo beftimmend auf feine
Entwickelung gewirkt hätte, wie es in der That Friedrich Gilly gethan.
Mit Recht hat man Gilly als eine Art Vorläufer Schinkel's gerühmt. Seine
Stellung in der Entwickelungsgefchichte charakterihrt bereits Eevezow in einer
Gedächtnifsfchrift auf den Verdorbenen, wo er fagt, Gilly habe anfänglich dem
nherrfchenden Gefchmack an neuer franzöhfcher Baukund« gehuldigt, bis er
plötzlich hch die Frage vorgelegt, was denn eigentlich die Antike, die man doch
dets im Munde führe, fei; das habe ihn zum Studium der Alten und zu einem
engen Anfchlufs an die antiken Bauvorbilder geführt. — Der Auffatz id im
Jahre 1801 gefchrieben; wenn man hch vergegenwärtigt, was in jener Zeit
Bantik« hiefs, fo lautet der Satz Levezow's in unfere Ausdrucksweife übertragen
etwa: Gilly verliefs den damals in Berlin durch Gontard's und Erdmannsdorf's
Bauten in Mode gebrachten Stil Ludwigs XVI., um hch jener aus altägyptifchen
und altdorifchen Elementen zufammengebauten Ur-Antike zuzuwenden, die um die
Wende des Jahrhunderts beliebt wird und an einzelnen Orten trotz ihrer Leer-
heit längere Zeit wach bleibt. Entfcheidende Bedeutung im Gefammtbilde eines
ganzen Stadttheiles hat dicfer Stil bekanntlich in Karlsruhe Dank der Thätigkeit
Weinbrenners und feiner Schule gewonnen. Gilly's gefeierter Entwurf zu einem
Denkmal Friedrichs des Grofsen, die bedeutendde Ecidung feiner kurzen Kündler-
laufbahn, deht ganz auf diefem Boden: Ueber einem breit gelagerten Unterbau
mit Säulengängen ragt ein dorifcher Peripteros auf; die Subdructioncn öffnen
hch in jenen weiten Halbkreiswölbungen, welche charakteridifch für die ver-
meintlich auf die Urformen zurückgehende Zeit hnd. Die Verhältniffe des Gan-
zen, auch viele Einzelheiten zeigen eine Reinheit, die für jene Frühzeit befonders
beachtenswerth id. Im Gegenfatz zu der reizvollen Ornamentik des franzöhfchcn
nZopfesM zeigt Gilly, foweit dies aus jenem Entwürfe zu beurtheilen id, bereits
das für die ganze Richtung charakteridifche Negiren jedes feineren Ornamentes.
Die Flächen bleiben unbelebt, und, wo immer Ornamentales nicht zu vermeiden
id, erfcheintdasfelbe dürftig und doch plump. Zugleich mit der Vernachläfhgung
des Ornamentes id die der Farbe diefer Kund eigenthtimlich. Hatten fchon im
Verlaufe des 18. Jahrhunderts im wachfenden Mafse die lichten Farben die
Herrfchaft erlangt, denen hch in der fpäteren Zeit gern noch Weifs in den
Müdem beimifcht, und war in derfelben Zeit der weifse Andrich von Thüren,
Fendern, Holzverkleidungen Sitte geworden (König Friedrich Wilhelm I. erklärt ein-
mal feine Vorliebe dafür mit dem direkten Hinweis darauf, dafs Weifs die Breinlichden
Farbe fei), fo tritt für die Anfchauungsweife jener clafhfchen Archaiden noch
ein weiteres Element hinzu: Farblos, nur durch das trübe Graugelb Jahrhunderte
alter Verwitterung getönt, danden die antiken Rede da; noch hatte kein Archaeo-
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reichen Details und malerifcher Gefammtwirkung wie das Rococo; auch diefe
Architekturrichtung will noch areich und gefchmückta fein. Die Männer aber,
welche jenen neuen Auffchwung der Berliner Kunft hauptfächlich heraufführten,
Karl v. Gontard und v. Erdmannsdorf, waren doch nur zu vorübergehend in
Berlin thätig, um nachhaltig zu wirken, und traten zu früh vom hiefigen Schau-
platz ab, als dafs Schinkel ihre Schule hätte geniefsen können. Es ift müfsig und
doch lockend hch auszumalen, was aus diefem geworden wäre, wenn einer von
jenen Beiden fein Lehrer gewefen und als folcher ebenfo beftimmend auf feine
Entwickelung gewirkt hätte, wie es in der That Friedrich Gilly gethan.
Mit Recht hat man Gilly als eine Art Vorläufer Schinkel's gerühmt. Seine
Stellung in der Entwickelungsgefchichte charakterihrt bereits Eevezow in einer
Gedächtnifsfchrift auf den Verdorbenen, wo er fagt, Gilly habe anfänglich dem
nherrfchenden Gefchmack an neuer franzöhfcher Baukund« gehuldigt, bis er
plötzlich hch die Frage vorgelegt, was denn eigentlich die Antike, die man doch
dets im Munde führe, fei; das habe ihn zum Studium der Alten und zu einem
engen Anfchlufs an die antiken Bauvorbilder geführt. — Der Auffatz id im
Jahre 1801 gefchrieben; wenn man hch vergegenwärtigt, was in jener Zeit
Bantik« hiefs, fo lautet der Satz Levezow's in unfere Ausdrucksweife übertragen
etwa: Gilly verliefs den damals in Berlin durch Gontard's und Erdmannsdorf's
Bauten in Mode gebrachten Stil Ludwigs XVI., um hch jener aus altägyptifchen
und altdorifchen Elementen zufammengebauten Ur-Antike zuzuwenden, die um die
Wende des Jahrhunderts beliebt wird und an einzelnen Orten trotz ihrer Leer-
heit längere Zeit wach bleibt. Entfcheidende Bedeutung im Gefammtbilde eines
ganzen Stadttheiles hat dicfer Stil bekanntlich in Karlsruhe Dank der Thätigkeit
Weinbrenners und feiner Schule gewonnen. Gilly's gefeierter Entwurf zu einem
Denkmal Friedrichs des Grofsen, die bedeutendde Ecidung feiner kurzen Kündler-
laufbahn, deht ganz auf diefem Boden: Ueber einem breit gelagerten Unterbau
mit Säulengängen ragt ein dorifcher Peripteros auf; die Subdructioncn öffnen
hch in jenen weiten Halbkreiswölbungen, welche charakteridifch für die ver-
meintlich auf die Urformen zurückgehende Zeit hnd. Die Verhältniffe des Gan-
zen, auch viele Einzelheiten zeigen eine Reinheit, die für jene Frühzeit befonders
beachtenswerth id. Im Gegenfatz zu der reizvollen Ornamentik des franzöhfchcn
nZopfesM zeigt Gilly, foweit dies aus jenem Entwürfe zu beurtheilen id, bereits
das für die ganze Richtung charakteridifche Negiren jedes feineren Ornamentes.
Die Flächen bleiben unbelebt, und, wo immer Ornamentales nicht zu vermeiden
id, erfcheintdasfelbe dürftig und doch plump. Zugleich mit der Vernachläfhgung
des Ornamentes id die der Farbe diefer Kund eigenthtimlich. Hatten fchon im
Verlaufe des 18. Jahrhunderts im wachfenden Mafse die lichten Farben die
Herrfchaft erlangt, denen hch in der fpäteren Zeit gern noch Weifs in den
Müdem beimifcht, und war in derfelben Zeit der weifse Andrich von Thüren,
Fendern, Holzverkleidungen Sitte geworden (König Friedrich Wilhelm I. erklärt ein-
mal feine Vorliebe dafür mit dem direkten Hinweis darauf, dafs Weifs die Breinlichden
Farbe fei), fo tritt für die Anfchauungsweife jener clafhfchen Archaiden noch
ein weiteres Element hinzu: Farblos, nur durch das trübe Graugelb Jahrhunderte
alter Verwitterung getönt, danden die antiken Rede da; noch hatte kein Archaeo-