JUGENDJAHRE.
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fchen mochte, dafs Thorwaldfen das Handwerk des Vaters fpäter mit befferem
Erfolg, als diefer, betreibe, erhielt er, elf Jahre alt, eine Freistelle inderunterflen
Klaffe der Kopenhagener Kunhakademie. Lange ifl er dann von der Kunflfchule
unverdroffen nach den Schiffswerften gewandert, um dem Vater bei der Arbeit
zu helfen und feine mangelhaften Gallions zurechtzufchnitzen. In der Akademie
rückte er auf dem gefetzlichen Studienwege langfam vorwärts, keine Ungeduld,
aber auch kein Schwanken befällt ihn. Die Drangfale innerer Entwicklungs-
kämpfe bleiben ihm unbekannt. Ruhig, mit inflinktiver Sicherheit arbeitet er
vor lieh hin, von einer andern Bildung, als der, welche hch in der Kunflfchule
bot, fo gut wie gänzlich unberührt, und ohne das Bedürfnifs, he zu fuchen. Als
er im 1/. Jahre zurConhrmation vorbereitet werden follte, zeigte er hch mit den
gewöhnlichflen Kenntniffen fo unvollkommen ausgerüflet, dafs er in der Reihe
der Schüler zu unterft zu htzen kam; nur der glückliche Umftand, dafs er zu
derfelben Zeit feine erfte akademifche Brämie erwarb, verfchaffte ihm einen beffern
Platz und die von ihm nicht vergeffene Ehre, dafs der unterrichtende Geiflliche
ihn feitdem Monheur Thorwaldfen nannte. Die Jugendgenoffen bewiefen dem
füllen und anfpruchslofen Gefellen frühzeitig, wie es fcheint, einen gewiffen Refpekt.
Einer derfelben, der Sohn einer angefehenen Familie, der durch feine Schwächlich-
keit mannigfachen Neckereien ausgefetzt war, phegte hch förmlich unter den
Schutz des stärkeren Bertel zu flellen, der hch denn auch, ein hoch aufge-
fchoffener, blondmähniger Burfche, des zärtlichen Knaben gutmtithig annahm.
Während der fpäteren Studienjahre war in Thorwaldfens engerem Freundes-
kreis ein Name häufig und mit lebhafter Theilnahme genannt, der in nicht ferner
Zeit für ihn von grofser Bedeutung werden follte. Asmus Carhens hatte damals
Kopenhagen, wo er hch mehrere Jahre aufgehalten, noch nicht lange verlaffen.
In der rtickhchtslofen Leidenfchaftlichkeit feines Charakters, die ihn als das ge-
rade Gegentheil von Thorwaldfens ruhigem Naturell erfcheinen läfst, war er mit
der Akademie, die er eine Zeit lang befuchte, in heftigen Conhict gerathen; die
Folge war, dafs er von derfelben verwiefen wurde (f. S. 15). Der Eindruck, den
diefes Ereignifs und Carhens' Perfönlichkeit auf die akademifche Jugend ge-
macht, wirkte lange Zeit nach; man nahm für den Verbannten im Stillen lebhaft
Partei, Thorwaldfen und feine Freunde erwarben für ihren Verein, die "kleine
Akademie«, einige feiner Kompohtionen und widmeten ihm hier einen befcheidnen
Cultus, als den Namen des unglücklichen Carhens noch das fchwerfte Mifsge-
fchick verdunkelte. Unter der Einwirkung feines Beifpiels gefchah es wohl auch,
dafs die kleine Gefellfchaft hch zuweilen einer etwas ketzerifchen Kritik der
akademifchen Autoritäten unterfing; namentlich wollte bei der Nachzeichnung der
Antiken der vorgefchriebene "Säbelfchwung« der Beine verdächtig erfcheinen.
Irgend welchen behimmten künhlerifchen Einhufs konnte Carhens, der auf dem
kühnen Weg des Autodidakten nur eben die erhen Schritte gewagt hatte, da-
mals nicht ausüben.
Im Ganzen war die Phyhognomie der Kunhzuhände in Kopenhagen zu jener
Zeit diefelbe, wie anderwärts überall. Die Akademie, von Friedrich V. 1757
gehiftet, von dem Bildhauer Saly aus Valenciennes nach franzöhfchem Muher
eingerichtet, hatte unter der fah zwanzigjährigen Leitung des Letztem nicht
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fchen mochte, dafs Thorwaldfen das Handwerk des Vaters fpäter mit befferem
Erfolg, als diefer, betreibe, erhielt er, elf Jahre alt, eine Freistelle inderunterflen
Klaffe der Kopenhagener Kunhakademie. Lange ifl er dann von der Kunflfchule
unverdroffen nach den Schiffswerften gewandert, um dem Vater bei der Arbeit
zu helfen und feine mangelhaften Gallions zurechtzufchnitzen. In der Akademie
rückte er auf dem gefetzlichen Studienwege langfam vorwärts, keine Ungeduld,
aber auch kein Schwanken befällt ihn. Die Drangfale innerer Entwicklungs-
kämpfe bleiben ihm unbekannt. Ruhig, mit inflinktiver Sicherheit arbeitet er
vor lieh hin, von einer andern Bildung, als der, welche hch in der Kunflfchule
bot, fo gut wie gänzlich unberührt, und ohne das Bedürfnifs, he zu fuchen. Als
er im 1/. Jahre zurConhrmation vorbereitet werden follte, zeigte er hch mit den
gewöhnlichflen Kenntniffen fo unvollkommen ausgerüflet, dafs er in der Reihe
der Schüler zu unterft zu htzen kam; nur der glückliche Umftand, dafs er zu
derfelben Zeit feine erfte akademifche Brämie erwarb, verfchaffte ihm einen beffern
Platz und die von ihm nicht vergeffene Ehre, dafs der unterrichtende Geiflliche
ihn feitdem Monheur Thorwaldfen nannte. Die Jugendgenoffen bewiefen dem
füllen und anfpruchslofen Gefellen frühzeitig, wie es fcheint, einen gewiffen Refpekt.
Einer derfelben, der Sohn einer angefehenen Familie, der durch feine Schwächlich-
keit mannigfachen Neckereien ausgefetzt war, phegte hch förmlich unter den
Schutz des stärkeren Bertel zu flellen, der hch denn auch, ein hoch aufge-
fchoffener, blondmähniger Burfche, des zärtlichen Knaben gutmtithig annahm.
Während der fpäteren Studienjahre war in Thorwaldfens engerem Freundes-
kreis ein Name häufig und mit lebhafter Theilnahme genannt, der in nicht ferner
Zeit für ihn von grofser Bedeutung werden follte. Asmus Carhens hatte damals
Kopenhagen, wo er hch mehrere Jahre aufgehalten, noch nicht lange verlaffen.
In der rtickhchtslofen Leidenfchaftlichkeit feines Charakters, die ihn als das ge-
rade Gegentheil von Thorwaldfens ruhigem Naturell erfcheinen läfst, war er mit
der Akademie, die er eine Zeit lang befuchte, in heftigen Conhict gerathen; die
Folge war, dafs er von derfelben verwiefen wurde (f. S. 15). Der Eindruck, den
diefes Ereignifs und Carhens' Perfönlichkeit auf die akademifche Jugend ge-
macht, wirkte lange Zeit nach; man nahm für den Verbannten im Stillen lebhaft
Partei, Thorwaldfen und feine Freunde erwarben für ihren Verein, die "kleine
Akademie«, einige feiner Kompohtionen und widmeten ihm hier einen befcheidnen
Cultus, als den Namen des unglücklichen Carhens noch das fchwerfte Mifsge-
fchick verdunkelte. Unter der Einwirkung feines Beifpiels gefchah es wohl auch,
dafs die kleine Gefellfchaft hch zuweilen einer etwas ketzerifchen Kritik der
akademifchen Autoritäten unterfing; namentlich wollte bei der Nachzeichnung der
Antiken der vorgefchriebene "Säbelfchwung« der Beine verdächtig erfcheinen.
Irgend welchen behimmten künhlerifchen Einhufs konnte Carhens, der auf dem
kühnen Weg des Autodidakten nur eben die erhen Schritte gewagt hatte, da-
mals nicht ausüben.
Im Ganzen war die Phyhognomie der Kunhzuhände in Kopenhagen zu jener
Zeit diefelbe, wie anderwärts überall. Die Akademie, von Friedrich V. 1757
gehiftet, von dem Bildhauer Saly aus Valenciennes nach franzöhfchem Muher
eingerichtet, hatte unter der fah zwanzigjährigen Leitung des Letztem nicht
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