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BERTEL THORWAEDSEN.
behandelten Formen lebhaft an den Stil der Roffebändiger auf Montecavallo
erinnerte. In den 1806 veröffentlichten wrömifchen Studien« wies Fernow be-
fonders darauf hin, wie fehr der vielbewunderte Perfeus Canova's, der kurze Zeit
vor dem Jafon entftanden war, an Kraft und an Beflimmtheit des Charakters gegen
diefen zurückflehe. Nicht lange währte es, fo hatte Thorwaldfen, ohne Zweifel
hauptfächlich durch Fernows Verdienfl, in der Kunftliteratur eine Partei ge-
wonnen, die den Anhängern Canova's gegenübertrat und den nordifchen Künfller
als den eigentlichen Begründer eines neuen plahifchen Clafhcismus feierte.
Zur Zeit diefes erflen bedeutenden Erfolges befand fich Thorwaldfen, dem
lieh jetzt mit einem Male die Ausficht in eine helle Zukunft eröffnet hatte, in
einer nichts weniger als glücklichen Stimmung. Eben damals hatte er unter dem
Druck perfönlicher Verhältniffe, deren Folgen fich durch fein ganzes, im Uebrigen
fo fonnenhelles Leben wie ein dunkler Schatten hinzogen, hart zu leiden. Im
Haufe Zoega's war er, vermuthlich gleich in der erflen Zeit feines römifchen
Aufenthalts, mit einer jungen Römerin, Maria Magnani, der Kammerzofe der
Signora Zoega, bekannt geworden und hatte mit ihr ein Liebesverhältnifs ange-
knüpft, das für ihn bald, unter Umfländen fehr peinlicher Art, zu einer fchweren
Feffel wurde. Die Magnani heirathete einen Herrn von Uhden, wollte aber die
Rechte, die he ihrem Geliebten gegenüber zu haben glaubte, nicht aufgeben, he
verlangte von ihm fogar, für den Fall eines ehelichen Zerwürfniffes, das förmliche
Verfprechen, dafs er für ihre Zukunft forgen wolle, und Thorwaldfen, zu fchwach,
hch von ihr loszufagen, zunächh vielleicht nur aus einer Scheu vor harten Con-
hicten, gab das Verfprechen. Die Kataflrophe liefs nicht lange auf hch warten.
In Florenz, wohin hch der Herr v. Uhden mit feiner Frau begeben hatte, kam
es zwifchen ihnen zum Bruch, ungefähr zu der Zeit, wo Thorwaldfen den Auf-
trag Hope's erhielt. Die Signora d'Uhden, die nach Rom zurückkehrte, zögerte
nicht dem Künfller gegenüber ihre Anfprüche geltend zu machen und — erhaun-
lich genug — he konnte hch dabei eines geiftlichen Beiftandes bedienen. In
einem vom 3. Juni 1803 datirten, etwas myfteriös gehaltenen Schreiben des Fra
Luigi Formend im Kloher Sta. Maria Stella zu Albano ward Thorwaldfen auf-
gefordert, hch dafelbfl wegen eines Anliegens der Signora Maria Anna d'Uhden
unverzüglich einzuhnden. Das Ende der beklagenswerthen Gefchichte war, dafs
Thorwaldfen die treulofe Geliebte bei hch aufnahm. Ein körperliches Leiden,
das römifche Fieber, von dem er war befallen worden, hatte noch dazu bei-
getragen, feine Gemüthsverfahung zu verfchlimmern. Jetzt fand er hch fo erfchöpft,
zur Arbeit fo unfähig, dafs er auf Anrathen feiner Freunde nach Albano ging,
um in der reinen Luft der Berge vor Allem feine Gefundheit wiederherzuftellen.
Als er neu gekräftigt nach Rom zurückgekehrt war, unternahm er rafch die
Ausführung der mannichfachen Aufträge, die ihm jetzt zugingen. Die Arbeit
aber, zu deren Vollendung er jetzt vor Allem verpflichtet fchien, wollte befremd-
licherweife nicht vorwärts rücken. Während eines erflaunlich langen Zeitraumes,
in welchem immer neue Werke aus feinen Händen hervorgingen, blieb der
Marmorblock für den Jafon in feinem roh behauenen Zuftand liegen. Dafs das
künfllerifche Intereffe an der Arbeit bei Thorwaldfen im Laufe der Zeit erkaltete,
kann man begreifen, doch bleibt fein Verhalten in diefer Sache, bei der aufser-
BERTEL THORWAEDSEN.
behandelten Formen lebhaft an den Stil der Roffebändiger auf Montecavallo
erinnerte. In den 1806 veröffentlichten wrömifchen Studien« wies Fernow be-
fonders darauf hin, wie fehr der vielbewunderte Perfeus Canova's, der kurze Zeit
vor dem Jafon entftanden war, an Kraft und an Beflimmtheit des Charakters gegen
diefen zurückflehe. Nicht lange währte es, fo hatte Thorwaldfen, ohne Zweifel
hauptfächlich durch Fernows Verdienfl, in der Kunftliteratur eine Partei ge-
wonnen, die den Anhängern Canova's gegenübertrat und den nordifchen Künfller
als den eigentlichen Begründer eines neuen plahifchen Clafhcismus feierte.
Zur Zeit diefes erflen bedeutenden Erfolges befand fich Thorwaldfen, dem
lieh jetzt mit einem Male die Ausficht in eine helle Zukunft eröffnet hatte, in
einer nichts weniger als glücklichen Stimmung. Eben damals hatte er unter dem
Druck perfönlicher Verhältniffe, deren Folgen fich durch fein ganzes, im Uebrigen
fo fonnenhelles Leben wie ein dunkler Schatten hinzogen, hart zu leiden. Im
Haufe Zoega's war er, vermuthlich gleich in der erflen Zeit feines römifchen
Aufenthalts, mit einer jungen Römerin, Maria Magnani, der Kammerzofe der
Signora Zoega, bekannt geworden und hatte mit ihr ein Liebesverhältnifs ange-
knüpft, das für ihn bald, unter Umfländen fehr peinlicher Art, zu einer fchweren
Feffel wurde. Die Magnani heirathete einen Herrn von Uhden, wollte aber die
Rechte, die he ihrem Geliebten gegenüber zu haben glaubte, nicht aufgeben, he
verlangte von ihm fogar, für den Fall eines ehelichen Zerwürfniffes, das förmliche
Verfprechen, dafs er für ihre Zukunft forgen wolle, und Thorwaldfen, zu fchwach,
hch von ihr loszufagen, zunächh vielleicht nur aus einer Scheu vor harten Con-
hicten, gab das Verfprechen. Die Kataflrophe liefs nicht lange auf hch warten.
In Florenz, wohin hch der Herr v. Uhden mit feiner Frau begeben hatte, kam
es zwifchen ihnen zum Bruch, ungefähr zu der Zeit, wo Thorwaldfen den Auf-
trag Hope's erhielt. Die Signora d'Uhden, die nach Rom zurückkehrte, zögerte
nicht dem Künfller gegenüber ihre Anfprüche geltend zu machen und — erhaun-
lich genug — he konnte hch dabei eines geiftlichen Beiftandes bedienen. In
einem vom 3. Juni 1803 datirten, etwas myfteriös gehaltenen Schreiben des Fra
Luigi Formend im Kloher Sta. Maria Stella zu Albano ward Thorwaldfen auf-
gefordert, hch dafelbfl wegen eines Anliegens der Signora Maria Anna d'Uhden
unverzüglich einzuhnden. Das Ende der beklagenswerthen Gefchichte war, dafs
Thorwaldfen die treulofe Geliebte bei hch aufnahm. Ein körperliches Leiden,
das römifche Fieber, von dem er war befallen worden, hatte noch dazu bei-
getragen, feine Gemüthsverfahung zu verfchlimmern. Jetzt fand er hch fo erfchöpft,
zur Arbeit fo unfähig, dafs er auf Anrathen feiner Freunde nach Albano ging,
um in der reinen Luft der Berge vor Allem feine Gefundheit wiederherzuftellen.
Als er neu gekräftigt nach Rom zurückgekehrt war, unternahm er rafch die
Ausführung der mannichfachen Aufträge, die ihm jetzt zugingen. Die Arbeit
aber, zu deren Vollendung er jetzt vor Allem verpflichtet fchien, wollte befremd-
licherweife nicht vorwärts rücken. Während eines erflaunlich langen Zeitraumes,
in welchem immer neue Werke aus feinen Händen hervorgingen, blieb der
Marmorblock für den Jafon in feinem roh behauenen Zuftand liegen. Dafs das
künfllerifche Intereffe an der Arbeit bei Thorwaldfen im Laufe der Zeit erkaltete,
kann man begreifen, doch bleibt fein Verhalten in diefer Sache, bei der aufser-