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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Eggers, Friedrich: Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0168
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Ö2

CHRISTIAN DANIEL RAUCH. 1804—1830.

ungetrennt gefchehen und nicht auf drei Jahre wogenden Kampfes vertheilt
gewefen. Wir mühen uns hier die anderen Orts detaillirte Befchreibung diefer
vortrefflichen Kompohtion verfagen; nur das ih fchliefslich als ein Wefentlichhes
zu betonen, dafs diefe im Einzelnen bis zur zahlreichhen Darflellung von Porträt-
köpfen realiftifch gefärbte Darhellung das Stilgefetz der antiken Reliefs gewahrt hat,
das Gefetz nämlich, dafs das Relief Flächendekoration ih und die Fläche nicht
in naturalihifcher Weife durch Anwendung der Linien- und Luftperfpektive in einer
Weife negiren darf) dafs es vollhändig aus dem Bereiche der Plahik hinausfällt und
ganz unerlaubte Pfufcherei auf dem Gebiet der Malerei treibt. Mit dem reifhen
künhlerifchen Verhändnifs für das Wefen des Reliefs hat Rauch diejenigen Plan-
behandlungen der Fläche zwar aufgegeben, welche das klafhfchhe Muher des
Reliefs am Friefe des Parthenon zeigt; aber wenn er auch dem einen Plan einen
zweiten hinzufugte, fo ih er in der Perfpektivbehandlung doch noch nicht fo
weit gegangen, wie noch immerhin vortreffliche Reliefs der behen römifchen Zeit
es für erlaubt hielten (f. Abbildung S. 6$).
Diefe Stilgemäfsheit hielt Rauch feh auch bei den realihifchen Reliefs am
Max-Jofeph-Denkmal in München. Hier follten die Segnungen der ertheilten Ver-
faffung für das materielle Wohl des Landes, wie für die geihigen Intereffen der
Kunh und Wiffenfchaft dargehellt werden. Realihifch ih der Akt der Verfaffungs-
verleihung gebildet, dann die wachfende Kunhthätigkeit in der Malerei, Bild-
hauerei und Architektur. Das Gedeihen des Ackerbaus und der Viehzucht ih
unter Zuhülfenahme der antiken Mythe ohne Vermifchung mit Modernem vor-
gefuhrt. Auch die Gleichberechtigung der religiöfen Konfefhonen ih nicht durch-
aus realihifch gebildet. Aber der fegnend zwilchen den katholifchen und pro-
tehantifchen Geihlichen gehellte Engel tritt fo naiv auf) fo wenig in wechfelfeitige
Aktion mit den Geihlichen gefetzt, dafs er nur als plahifches und zugleich äufserh
bezeichnendes Symbol der Gleichberechtigung erfcheint und in keiner Weife den
Hiatus in der Empfindung der Befchauer erzeugt, welcher dem römifch gekleideten
Blücher gegenüber im Verkehr mit der Nemehs und Boruffia enthebt. Das
letzte Relief) wo der Ahronom die von der bildlichen Gehalt der Nacht ent-
hüllten Sternbilder, ein anderer Forfcher die von der Tellus dargereichten Schätze
der Erdentiefe zu durchdringen fucht, ih das am wenighen gelungene ; aber nicht
wegen des kompohtionellen Inhalts, fondern weil die Befchränktheit des Raumes
unfchöne formelle Bildungen und Zerfchneidungen zur PVlge gehabt hat.
Während wir Rauch in fortfehreitenden erfolgreichem Streben fehen, das
Relief aus feinem inneren Wefen zu begreifen und die Anwendbarkeit des reali-
hifchen Stils mit jenem Wefen in Einklang zu fetzen: — wie anders verhält hch
Schadow diefer Gattung des plahifchen Schaffens gegenüber und zwar wie
charakterihifch anders. Nicht das innere Wefen des Reliefs ih ihm mafsgebend
für deffen hilihifche Behandlung, fondern die äufsere formelle Erfcheinung des zu
behandelnden Stoffs und zwar in dem Mafse, dafs das Wefen des Reliefs dadurch
völlig aufgehoben ward. Die Gefetze des Reliefhils find ihm nicht Prinzipien
einer befonderen Kunhgattung, fondern formale Behandlungsnormen, welche den
verfchiedenen Stoffen (antiken, modernen) anhaften. Sie formuliren hch fo:
Ideales Kohüm aus klaffifcher Zeit bedingt Darhellung auf einem Plan, ohne
 
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