RELIEF-PLASTIK.
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alle Anwendung perfpektivifcher Gefetze; römifches KoRüm verlangt DarRellung
auf mindeRens zwei Plänen, wie die Reliefs aus beRer römifcher Zeit; Allegorien
gewähren die vollRe Freiheit der Raumbehandlung in Vertiefung und Aufbau der
Figuren über einander; modernes KoRüm erfordert fchrankenlofe malerifche Be-
handlung mit Beachtung und Benutzung der LuR- und Linienperfpektive. Diefe
Normen find lediglich abRrahirt aus dem Anfchauen der vorhandenen Reliefwerke,
alfo ganz Schadow gemäfs aus der beRehenden Wirklichkeit. Sei diefe ihrem
eigentlichen Wefen nach gerechtfertigt oder nicht, ihre ExiRenz genügt, um legis-
latorifch zu wirken; und fo kann es nicht Wunder nehmen, fondern iR vielmehr
völlig konfequent, wenn Schadow die bekannten Thüren Ghiberti's zum Florentiner
Dom in dem Mafse lobt, dafs er glaubt, um jene Zeit fei die Skulptur der
Malerei vorangefchritten.
Man darf nicht einwenden, dafs Schadow häufiger als Rauch in feinen Kom-
pohtionen gerade durch fremde Einhüffe beRimmt wurde, wie z. B. feine klafh-
fchen Reliefs am Münzgebäude auf Gilly's Zeichnungen beruhen, die Reliefarbeiten
am königlichen Schlöffe zu Berlin auf folchen von Erdmannsdorf und Langhans,
die am Blücherdenkmal auf Goethe's Erfindung, fodafs nur die realiRifchen Reliefs,
welche am Zietendenkmal und anderen oben befchrieben find, feiner Natur gemäfs
wären. Jedenfalls iR die Kompohtion der Superporten am Schadow-Haufe feine
eigene, wozu ihm nur der Stoff gegeben wurde, und fchlagender noch beweifen die
Reliefkompohtionen für das Braunfehweiger Schlofs, welche ganz ihm allein an-
gehören, wie er hch feine Prinzipien gebildet hatte. Denn obwohl hier allerlei
Handwerker, felbR modernRe, dargeRellt waren, fo genügt das idealihrte KoRüm,
um ihm eine Stilbehandlung nach den klafhfchen Gefetzen, welche die Reliefs des
Parthenon verkünden, nothwendig erfcheinen zu Iahen.
Den prinzipiellen Unterfchied zwifchen den eigenen Werken und denjenigen
Rauch's wurde Schadow gar nicht gewahr, fo dafs man annehmen mufs, dafs
ihm die eigene formale Regel der Behandlung des ReliefRils keineswegs als ein
bindendes Gefetz erfchienen iR. Gerade Rauch's Reliefarbeiten fpendet er wieder-
holt das wärmRe Lob, wenn er die Reliefs am Berliner Blücher-Denkmal Keine
der reinRen Arbeiten in diefer Art" nennt und in denjenigen zum Max-Jofeph-
Denkmal «die Fülle feiner MeiRerfchaft» bewundert. Ueberhaupt wuchs mit den
Jahren die rückhaitslofe Anerkennung diefer MeiRerfchaR, vor deren Ueberlegen-
heit er das vorurteilsfreie Auge nicht fchliefsen konnte, und mit dem Bewufst-
fein, das eigene plaRifche Tagewerk beendet zu haben, legte er den Meifsel aus
der Hand. «Mit dem Jahre 1828" — fo fagt er — «beginnt eine Epoche,
mit welcher die Bildhauerarbeiten in unterem Atelier faR als abgefchlohen zu
betrachten find." Rauch, der den MeiRer jetzt überholt hatte, fah hch felbR
noch im Anfänge feiner Laufbahn und ging noch einer reiferen Entwickelung
entgegen. — Schadow aber, wennfehon er den Meifsel nicht mehr führen wollte,
hatte gleichwohl noch eine Decennien lange fruchtbare Thätigkeit vor hch, bei
welcher wir ihn nunmehr begleiten wollen.
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alle Anwendung perfpektivifcher Gefetze; römifches KoRüm verlangt DarRellung
auf mindeRens zwei Plänen, wie die Reliefs aus beRer römifcher Zeit; Allegorien
gewähren die vollRe Freiheit der Raumbehandlung in Vertiefung und Aufbau der
Figuren über einander; modernes KoRüm erfordert fchrankenlofe malerifche Be-
handlung mit Beachtung und Benutzung der LuR- und Linienperfpektive. Diefe
Normen find lediglich abRrahirt aus dem Anfchauen der vorhandenen Reliefwerke,
alfo ganz Schadow gemäfs aus der beRehenden Wirklichkeit. Sei diefe ihrem
eigentlichen Wefen nach gerechtfertigt oder nicht, ihre ExiRenz genügt, um legis-
latorifch zu wirken; und fo kann es nicht Wunder nehmen, fondern iR vielmehr
völlig konfequent, wenn Schadow die bekannten Thüren Ghiberti's zum Florentiner
Dom in dem Mafse lobt, dafs er glaubt, um jene Zeit fei die Skulptur der
Malerei vorangefchritten.
Man darf nicht einwenden, dafs Schadow häufiger als Rauch in feinen Kom-
pohtionen gerade durch fremde Einhüffe beRimmt wurde, wie z. B. feine klafh-
fchen Reliefs am Münzgebäude auf Gilly's Zeichnungen beruhen, die Reliefarbeiten
am königlichen Schlöffe zu Berlin auf folchen von Erdmannsdorf und Langhans,
die am Blücherdenkmal auf Goethe's Erfindung, fodafs nur die realiRifchen Reliefs,
welche am Zietendenkmal und anderen oben befchrieben find, feiner Natur gemäfs
wären. Jedenfalls iR die Kompohtion der Superporten am Schadow-Haufe feine
eigene, wozu ihm nur der Stoff gegeben wurde, und fchlagender noch beweifen die
Reliefkompohtionen für das Braunfehweiger Schlofs, welche ganz ihm allein an-
gehören, wie er hch feine Prinzipien gebildet hatte. Denn obwohl hier allerlei
Handwerker, felbR modernRe, dargeRellt waren, fo genügt das idealihrte KoRüm,
um ihm eine Stilbehandlung nach den klafhfchen Gefetzen, welche die Reliefs des
Parthenon verkünden, nothwendig erfcheinen zu Iahen.
Den prinzipiellen Unterfchied zwifchen den eigenen Werken und denjenigen
Rauch's wurde Schadow gar nicht gewahr, fo dafs man annehmen mufs, dafs
ihm die eigene formale Regel der Behandlung des ReliefRils keineswegs als ein
bindendes Gefetz erfchienen iR. Gerade Rauch's Reliefarbeiten fpendet er wieder-
holt das wärmRe Lob, wenn er die Reliefs am Berliner Blücher-Denkmal Keine
der reinRen Arbeiten in diefer Art" nennt und in denjenigen zum Max-Jofeph-
Denkmal «die Fülle feiner MeiRerfchaft» bewundert. Ueberhaupt wuchs mit den
Jahren die rückhaitslofe Anerkennung diefer MeiRerfchaR, vor deren Ueberlegen-
heit er das vorurteilsfreie Auge nicht fchliefsen konnte, und mit dem Bewufst-
fein, das eigene plaRifche Tagewerk beendet zu haben, legte er den Meifsel aus
der Hand. «Mit dem Jahre 1828" — fo fagt er — «beginnt eine Epoche,
mit welcher die Bildhauerarbeiten in unterem Atelier faR als abgefchlohen zu
betrachten find." Rauch, der den MeiRer jetzt überholt hatte, fah hch felbR
noch im Anfänge feiner Laufbahn und ging noch einer reiferen Entwickelung
entgegen. — Schadow aber, wennfehon er den Meifsel nicht mehr führen wollte,
hatte gleichwohl noch eine Decennien lange fruchtbare Thätigkeit vor hch, bei
welcher wir ihn nunmehr begleiten wollen.