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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Eggers, Friedrich: Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0188
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CHRISTIAN DANIEL RAUCH, 1830 — 1857.

nur an, welch' ein Feld der Meinungsverfchiedenheit dargeboten war allein in der
Diskuffion der Frage, welche von den berühmten Namen der Friedrichszeit an dem
Denkmal aufzunehmen wären, fei es infchriftlich, fei es in figürlicher Darflellung
ihrer Träger? — Man bedenke, dafs es lieh fortwährend um nahe an 150 Namen
handelte, von welchen nur etwa der fechfte Theil, immerhin alfo noch eine an-
fehnliche Zahl, für die figürliche Darflellung berückhchtigt werden konnte. Es
leuchtet ein, dafs Rauch nicht die letzte Inflanz zur Entfcheidung diefer Frage
fein konnte; dafür machten lieh zum Theil ganz andere Einflüffe geltend, als
hiflorifche oder künfllerifche Gehchtspunkte. Dahelbe gilt in manchen anderen
Beziehungen, und fomit gefchähe Rauch Unrecht, wenn man feine Künftler-
fchaft für alle und jede Einzelheit verantwortlich machen wollte, fowohl für
Mängel als auch für einzelne Vorzüge. Wir bemerkten fchon oben, dafs er dem
alten Fritz die Kopfbedeckung gegen feine künfllerifche Ueberzeugung gegeben
hat. Nach alledem kann es auch nicht Wunder nehmen, dafs gerade das
Friedrichs-Denkmal entgegengefetztefle Beurtheilung gefunden hat, einerfeits als
Rauch's bedeutendfies und fehlerlofes Werk gepriefen wird und von anderer Seite
manchen auch herben Tadel über hch ergehen lallen mufs. Mag man immerhin
diefe oder jene Bemängelung von Einzelheiten als begründet anerkennen, mag
man auch in Betreff der gefammten Kompofition dem Urtheile Kugler's dahin bei-
pflichten, dafs «Ganzes und Einzelnes einander in feinen gegenfeitigen Beding-
niffen nicht vollkommen durchdringe, weil eine wahrhaft lebendige Entwickelung
der architektonifchen Mafse fehlt, welche den Kern des Werkes bildet und der
hch dem Bildwerk in einer doch nur äufserlichen Weife anfügt" : die fchlagendfle
hochpreifende Kritik übt die plaflifche Kunft felbft, welche feit der Errichtung
jenes Denkmals feit einem vollen Menfchenalter in der gleichen Gattung nichts
zu fchaffen vermocht hat, was dem Meifterwerke zur Seite zu hellen wäre, und
fomit behält Kugler auch darin Recht, «dafs in diefem Werke künfllerifche Probleme
vorliegen, deren voühändige Erfüllung, im Fall hch die Gelegenheit dazu hndet,
wiederum neuer Meifterhand harrt." — Die Meiherhände hnd eben ausgeblieben.
Es hnd feitdem Reiter-Denkmäler von ähnlichen Dimenhonen der Statue und des
Piedehals entbanden, aber ohne Ausnahme bezeichnen he dem Friedrichs-Denkmal
gegenüber einen Rückfchritt in der Löfung der Aufgabe; insbefondere ift am
Piedeftal die Eoslöfung des Plaftifchen vom Architektonifchen eine immer gröfsere
geworden, fo dafs gerade die fchwache Seite von Rauch's Werk die meihe Nach-
folge gefunden. Dafs auch die Kritik bisweilen Rauch für folche Thaten der Epi-
gonen verantwortlich gemacht hat, erfcheint erhaunlich. Ift es doch gerade
ein charakterihifches Kennzeichen des Epigonenthums, die unerreichbare Stärke
des Vorbildes durch die erreichbare Schwäche zu erfetzen.
In alle Einzelheiten einzugehen, ih hier nicht der Ort. Wir wollen nur an
dinem einzigen Punkte, der gerade neuerdings bei Denkmälern grofser Perfönlich-
keiten fehl* in den Vordergrund getreten ih, untere Meinung mehr andeutungsweife
exempliheiren. Wir meinen das Verhältnis der Statue zu ihrem Piedehal, fowohl
das quantitative als auch das qualitative. Einer defolaten Prinzipienlofigkeit diefes
Verhältniffes hnd durch Rauch, freilich unter dem wefentlichen Einflüffe Schinkel's,
Grundfatze gegenüber gehellt, welche, wie alles Wahre, fo ungemein einfach find,
 
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