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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Rosenberg, Adolf: François Rude: geb. am 4. Januar 1784 in Dijon, gest. am 3. November 1855 in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0262
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FRANgOISRUDE.

hafteRe gerührt worden Rnd; aber nachdem he he genügend in ihrem GeiRe
durchdacht haben, beftehen he noch immer darauf, keinen anderen Meifter als ihn
zu wünfchen. In Folge deffen verhchern he Herrn Rüde auf das eifrigfle, dafs he
niemals aufhören werden, täglich neue Anttrengungen zu machen, um mehr und
mehr der kofibaren Rathfchläge würdig zu werden, welche er ihnen zu geben
die Güte haben wird, und bitten ihn, den Ausdruck ihrer tiefen Verehrung und
ihrer unveränderlichen Dankbarkeit entgegenzunehmen.« Rüde hat fein Atelier ein
volles Jahrzehnt für Schüler offen gehalten und während diefes Zeitraums eine
Reihe ausgezeichneter Künfller herangebildet, von denen wir nur feinen Neffen
Emanuel Fremiet, Charles Cordier, Franceschi, Le Boury, Marcellin, Montagny,
Gäbet, Cai'n und Carpeaux, den grofsen Naturalien, als die bedeutendflen nennen.
Theophile SilveRre hat in feiner CharakteriRik des KünRlers einige Mittheilungen
über feine Lehrmethode gemacht, welche in ihren wefentlichen Punkten mit den
pädagogifchen Grundfätzen feines Freundes und Landsmannes Jacotot identifch
war, der die angeborene Genialität leugnend behauptete: ^Wer will, kann — alle
Menfchen haben urfprünglich eine gleiche Intelligenz.« Was Emeric David aus
klafllfchen und modernen SchriftRellern über die KunR der Griechen zufammen-
geRellt hatte, galt ihm als Leitfaden für feine Nachahmung und Auffaffung der
Antike. Es war ein Gefetz in Griechenland, dafs die Bildhauer bei der Anfertigung
der Statuen der olympifchen Sieger die Naturwahrheit in allen Punkten auf das
RrengRe refpektiren mufsten. Daraus zog Rüde die Folgerung, dafs die griechifchen
KünRler eine ausgefprochene Neigung für den Realismus gehabt hätten, und er
glaubte, in der richtigen Ueberlieferung weiter zu fchaffen, wenn er das lebende
Modell mit RrengRer Genauigkeit kopirte. nDas Skelett nahm zuerR feine Auf-
merkfamkeit in Anfpruch. Indem er es als das innere GerüR des menfchlichen
Körpers, als den Mittelpunkt der Kraft und der Beweglichkeit anfah, behauptete
er, dafs die Phyfiognomie des Individuums hauptfächlich von der Länge und der
Form der Knochen abhinge, deren Funktion allein genügt, um das Individuum
auf weite Entfernungen erkennbar zu machen. Er fagte mit Emeric David: Was
iR die Haut? Die Bekleidung der Muskeln. Was find Haut und Muskeln? Die
Bekleidung der Knochen. Das Skelett iR die erRe Arbeit der Natur, welche
Reh, nachdem Re es modellirt, daran machte, es zu bekleiden. Rüde ging fchliefs-
lich fo weit, folgende feltfame DeRnition aufzuRellen: wDer Menfch iR ein Skelett,
deffen Ornament die Muskeln Rnd.« In zweiter Linie Rudirte er die Muskeln
hinter einander mit der gröfsten Strenge. Mit Kompafs und Loth verfehen, nahm
er vor dem lebenden Modell feine "drei Punkte« für die plaRifche Ausführung,
zwifchen den Schlüffelbeinen, in der Mitte des Schambeines und am inneren
Knöchel eines Fufses. "Prenez de grands points!« pRegte er im eigentlichen
und übertragenen Sinne zu fagen. Dann regulirte er die zwifchen diefen weit
von einander entfernten Punkten liegenden Theile, markirte die Knochen des
Kopfes, die Muskclerhöhungen und entwarf fo zu fagen den topographifchen
Plan des menfchlichen Körpers. Seine eifrigRen Schüler punktirten mit Tinte
die Gelenke und RärkRen Ausladungen des Modells und verfehlten niemals nach
dem Beifpiele ihres P,ehrers, in ihren angelegten Arbeiten die Ausgangspunkte
mit HolzpRöcken zu bezeichnen. Der Unterricht Rüdes befchränkte Reh alfo
 
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