3§
PETER VON CORNELIUS UND FRIEDRICH OVERBECK.
kleine Bildchen von RaRael, die er in Florenz gefehen, nie aus feiner Seele
kommen. Aber im März fchon findet er, ganz im Geilt der Klolterbrüder, dafs
die wfeinRe Verführung« in Raffael felblt fei. »In diefer liegt das gröfste Gift
und der wahre EmpörungsgeiR und ProteRantismus, mehr als ich je gedacht.
Man möchte blutige Thränen weinen, wenn man lieht, dafs ein Geilt, der das
Allerhöchlte gleich jenem mächtigen Engel am Throne Gottes gefchaut, dafs ein
folcher Geilt abtrünnig werden konnte.« Und unmittelbar daneben bricht er in
die Worte aus: wich glaube es feit: ein deutfcher Maler follte nicht aus feinem
Vaterlande gehen! Ich habe nun diefen Schritt der Zeit entgegen gethan, und
cs ilt gut fo; aber lange mag ich nicht unter diefem warmen Himmel wohnen,
wo die Herzen fo kalt Und, und ich fühl' es mit Schmerz und Freude, dafs ich
ein Deutfcher bis ins innerlte Lebensmark bin.« Diefe Eigenfchaft führte ihn
auch glücklich über jene erlte frömmelnde Begeilterung hinaus, die lieh bald
auf ein vernünftiges Mafs reduzirte und ihn namentlich in feinen Arbeiten den
eigenen Weg verfolgen liefs, nicht minder aber auch fein Urtheil frei erhielt.
Dies tritt befonders im Gegenfatz zu Overbeck hervor, als diefer in Itarrer Kon-
fequenz feiner Anfchauung von der Wefenseinheit von Religion und KunR, wie
fie ein Glaubenslatz der Romantiker war und damals in Rom von dem Konver-
titen Zacharias Werner mit den Worten, er bedaure, dafs es für Religion und
Kunlt nicht einen einzigen Ausdruck gebe, gelehrt wurde, mit den beiden Brüdern
Schadow zum römifchen Bekenntnifs übertrat. Es fcheint als ob diefer Schritt
in dem nichts weniger als fanatifch gefinnten und hch gerade damals zu einer
freieren, rein menfchlichen Lebensanfchauung durcharbeitenden Cornelius die
ganze Kluft, die ihn von Overbeck trennte, recht fcharf fühlbar machte. Der
Uebertritt erfolgte am Palmfonntag 1813, und am 13. Maid. J. fchreibt Cornelius
aus fchwer bewegtem Herzen an Wenner: wich will feft und mit Vertrauen an
Allem halten, was ich für menfchlich und göttlich gut erfunden. Durch Güte
und Liebe erhält doch nur alles einen eigentlichen Werth: ohne he ift das
Belle ein gefallener Engel. O wie verlangt es mir mit grofser unbefchreiblicher
Sehnfucht nach der Zeit wo ich, entfernt von jedem Wetteifer, von jedem Streben
nach äufserlicher Vollkommenheit der KunR mich ganz ihrem inneren Wefen
und den Eingebungen der Seele hingeben und unter Menfchen die mich
verliehen und fo wie Ihr feid, leben kann. Xeller hat Rom verlaffen;
welche Lücke diefes in meinem Leben macht, kann ich nicht be-
fchreiben. Ich habe kein lebendiges Wefen hier das mich fo eigent-
lich erkennt und liebt; nicht als wenn mir alle Liebe abginge — ich
habe treffliche Menfchen zu Freunden, die beffer find als ich. Da
fie aber nicht quantitativ, fondern qualitativ anders find wie ich, fo
gebricht's an jener Begegnung von taufend kleinen und grofsen Em-
pfindungen, und jenes beredte Schweigen das alles ausfpricht und
alles verfteht, das der Spielraum iR für alle Liebe in diefem Leben.
Ueberhaupt droht diefes immer mehr und mehr zu verfchwinden aus diefer
Welt; was die KunR dazu thun kann, Aveifs ich nicht. Ich aber werde ewig da-
nach Rreben auf alle Weife es darin auszufprechen. Nur in folchen Dingen be-
währt hch der eigentliche MeiRer, nicht in feiltänzerifchen Bravouren. Wie fehr
PETER VON CORNELIUS UND FRIEDRICH OVERBECK.
kleine Bildchen von RaRael, die er in Florenz gefehen, nie aus feiner Seele
kommen. Aber im März fchon findet er, ganz im Geilt der Klolterbrüder, dafs
die wfeinRe Verführung« in Raffael felblt fei. »In diefer liegt das gröfste Gift
und der wahre EmpörungsgeiR und ProteRantismus, mehr als ich je gedacht.
Man möchte blutige Thränen weinen, wenn man lieht, dafs ein Geilt, der das
Allerhöchlte gleich jenem mächtigen Engel am Throne Gottes gefchaut, dafs ein
folcher Geilt abtrünnig werden konnte.« Und unmittelbar daneben bricht er in
die Worte aus: wich glaube es feit: ein deutfcher Maler follte nicht aus feinem
Vaterlande gehen! Ich habe nun diefen Schritt der Zeit entgegen gethan, und
cs ilt gut fo; aber lange mag ich nicht unter diefem warmen Himmel wohnen,
wo die Herzen fo kalt Und, und ich fühl' es mit Schmerz und Freude, dafs ich
ein Deutfcher bis ins innerlte Lebensmark bin.« Diefe Eigenfchaft führte ihn
auch glücklich über jene erlte frömmelnde Begeilterung hinaus, die lieh bald
auf ein vernünftiges Mafs reduzirte und ihn namentlich in feinen Arbeiten den
eigenen Weg verfolgen liefs, nicht minder aber auch fein Urtheil frei erhielt.
Dies tritt befonders im Gegenfatz zu Overbeck hervor, als diefer in Itarrer Kon-
fequenz feiner Anfchauung von der Wefenseinheit von Religion und KunR, wie
fie ein Glaubenslatz der Romantiker war und damals in Rom von dem Konver-
titen Zacharias Werner mit den Worten, er bedaure, dafs es für Religion und
Kunlt nicht einen einzigen Ausdruck gebe, gelehrt wurde, mit den beiden Brüdern
Schadow zum römifchen Bekenntnifs übertrat. Es fcheint als ob diefer Schritt
in dem nichts weniger als fanatifch gefinnten und hch gerade damals zu einer
freieren, rein menfchlichen Lebensanfchauung durcharbeitenden Cornelius die
ganze Kluft, die ihn von Overbeck trennte, recht fcharf fühlbar machte. Der
Uebertritt erfolgte am Palmfonntag 1813, und am 13. Maid. J. fchreibt Cornelius
aus fchwer bewegtem Herzen an Wenner: wich will feft und mit Vertrauen an
Allem halten, was ich für menfchlich und göttlich gut erfunden. Durch Güte
und Liebe erhält doch nur alles einen eigentlichen Werth: ohne he ift das
Belle ein gefallener Engel. O wie verlangt es mir mit grofser unbefchreiblicher
Sehnfucht nach der Zeit wo ich, entfernt von jedem Wetteifer, von jedem Streben
nach äufserlicher Vollkommenheit der KunR mich ganz ihrem inneren Wefen
und den Eingebungen der Seele hingeben und unter Menfchen die mich
verliehen und fo wie Ihr feid, leben kann. Xeller hat Rom verlaffen;
welche Lücke diefes in meinem Leben macht, kann ich nicht be-
fchreiben. Ich habe kein lebendiges Wefen hier das mich fo eigent-
lich erkennt und liebt; nicht als wenn mir alle Liebe abginge — ich
habe treffliche Menfchen zu Freunden, die beffer find als ich. Da
fie aber nicht quantitativ, fondern qualitativ anders find wie ich, fo
gebricht's an jener Begegnung von taufend kleinen und grofsen Em-
pfindungen, und jenes beredte Schweigen das alles ausfpricht und
alles verfteht, das der Spielraum iR für alle Liebe in diefem Leben.
Ueberhaupt droht diefes immer mehr und mehr zu verfchwinden aus diefer
Welt; was die KunR dazu thun kann, Aveifs ich nicht. Ich aber werde ewig da-
nach Rreben auf alle Weife es darin auszufprechen. Nur in folchen Dingen be-
währt hch der eigentliche MeiRer, nicht in feiltänzerifchen Bravouren. Wie fehr