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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 2, Blüthezeit in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0418
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H4

PETER VON CORNELIUS.

ZerRörung Troja's fchon bedenklicher auf. Die um die Beute lofenden Helden,
während noch der Kampf dauert — eben hat Neoptolemos den Priamos erfchlagen
und fchleudert den Sohn des Hektor vom Felfen —, daneben die weiffagende
Kaffandra und die noch nicht von Menelaos erblickte, in Scham zufämmenge-
funkene Helena, aber auch der mit Vater und Sohn aus Troja fliehende Aeneas:
Alles zu gleicher Zeit und auf einen engen Raum zufammengedrängt entzieht
Reh aller Wahrfcheinlichkeit. Es iR auch hier, dem überRrömenden Reichthum
zu Liebe und um alle möglichen Beziehungen vor und nach dem Hauptmomente
anzudeuten, der hiRorifche Zufammenhang geopfert. Am weiteRen iR der KünRler
hierin bei dem Streite des Agamemnon und des Achill gegangen. Da kniet
Apollo auf dem Hügel und entfendet feine tödtlichen Pfeile, die Alt und Jung
leibhaRig durchbohren; daneben lodern die Scheiterhaufen und verbrennen die
bereits GeRorbenen. Kalchas aber weiR, nach Agamemnon blickend, auf den
fchiefsenden Apollo hin und hebt damit deffen Unhchtbarkeit auf: foll fein GeRus
der Hinweifung wirklich etwas begründen, fo mufs Apollo Rchtbar fein; was nicht
der Fall war. Das hat Reh nun freilich der KünRler kaum klar gemacht; für ihn
iR die körperliche Hinweifung nichts weiter als die Andeutung davon, dafs Kalchas
das Räthfel der PeR löRe und deren wahren Grund den Griechen und dem es
vor Allen betreffenden Agamemnon entdeckte. Das iR fymbolifch; wir erwarten
jedoch hiRorifche DarRellung. Zugleich aber kniet noch der PrieRer Chryfes und
Reht zu Agamemnon; feine Tochter jedoch Rtzt bereits auf dem Maulthier, zur
Abreife bereit und mit dem Reifehut verfehen, und eine Alte drückt ihr voll
Seligkeit, wie zum Willkomm, die Hand. Inzwifchen geht der Streit ruhig weiter
und iR foeben bis zu dem Punkte gekommen, dafs Achill das Schwert ziehen will
und von der für die Anderen unRchtbaren Athene von einer Gewaltthat abge-
halten wird. Unmittelbar daneben, an den Kreis der Helden rührend, Rtzt Bri-
fei's, fchmerzvoll zu Achill aufblickend, da Re eben von den Herolden fchon ab-
geführt werden foll. Und damit kein Zug aus dem Beginne der Ilias fehle, mufs
TherRtes über die Sitzlehne herüber mit OdyReus zanken, der Reh auf das jenem
fo verderblich werdende Scepter feR aufRützt. So iR der ganze Zufammenhang
des Anfangs des Heldengedichtes angedeutet; Ratt aber diefe Reihe von Scenen
auseinanderzulöfen, vereinigt Re des MeiRers kühne Hand und verwifcht forg-
fältig jede Andeutung, welche auf eine Verfchiedenheit des Raumes und der
Zeit, in welchen Re Vorgehen, fchliefsen laffen könnte, fo dafs der erRe Eindruck
eine hiRorifche DarRellung zu Rnden glaubt und dafs die Willkür erR allmählich
zum Bewufstfein kommt, mit welcher Cornelius die Einzelheiten hin und her-
wirR, um fein Ziel zu erreichen, das freilich aufserhalb der rein äRhetifchen Wir-
kung liegt. Und doch iR das Mittel diefen erRen Eindruck zu erreichen und
trotz aller Einfprache der Vernunft dennoch wieder wachzurufen und fo bis zu
einem gewiffen Grad den Widerfpruch zwifchen GegenRand und DarRellung auf-
zuheben oder doch fehr in der EmpRndung zurückzudrängen, ein ganz wefent-
lich äRhetifches, durch deffen meiRerhafte Verwendung er Reh als wahren KünRler
bewies: es iR der Stil feiner KompoRtion, der unter den bisher betrachteten
Werken noch kaum fo überwältigend hervorgetreten iR als gerade hier. Und
diefer UmRand iR es, welcher bei den Zeitgenoffen gerade diefe Werke als fo
 
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