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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 2, Blüthezeit in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0428
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JULIUS SCHNORR VON CAROLSFELD.

bildung (Alphons Dürr 18/8) vor. Ein Beifpiel giebt die Vigne des Archiprete
zu Olevano (S. 121). Auch in diefen Zeichnungen herrfcht, dem Charakter der
Zeit entfprechend, der klare fcharfe Kontur, verbunden mit energifchem Gegen-
fatz von Licht und Schatten vor. Zugleich aber macht hch das BeRreben geltend
die Willkür der Naturerfcheinung in eine Rilvolle DarRellung umzuwandeln und
aus der Vedute ein Bild zu gehalten, deffen Charakter in der Staffage einen noch
entfchiedeneren Ausdruck gewinnt. Es iR keine Frage, dafs hier die Natur des
HiRorikers durchbricht, der in grofsem Zuge das Bleibende in der Erscheinungen
Flucht zu erfaffen verReht und dem es daher auch möglich fein mufste, fo wie
er hier für die Landfchaft den entsprechenden, ihr Wefen wiöderfpiegelnden
hiRorifchgiltigen Ausdruck auf dem Gebiete des Figürlichen fand, umgekehrt zu
der hiRorifch gegebenen figürlichen Erfcheinung den entsprechenden landfchaR-
lichen Charakter zu Rnden. Den Beweis dazu hatte er bereits an den Seiten-
wänden des ArioRfaales in Villa Maffimi geliefert. In noch höherem Grade bot
ihm die neue Aufgabe der Odyffeebilder Gelegenheit diefe befondere Kraft
feiner Anlage auszuüben. Eine Reife nach Sicilien Sollte ihm die Grundlage
werden. Leider wurde der Auftrag zurückgezogen noch während Schnorr in
Italien war. So konnte er nur den Anfang machen; aber gerade diefer Anfang
läfst uns in hohem Grade bedauern, dafs der fchöne Plan nicht Wirklichkeit ge-
worden iR. Wie gefund der Gedanke war, zeigt feine fpätere Wiederaufnahme
durch Preller. Das eine im Entwürfe fertig gewordene Blatt zeigt NauRkaa zur
Stadt zurückkehrend, während der den Göttern dankende Odyffeus ihr in ange-
meffenem AbRande folgt. Die ferne Stadt, das Ziel der Fahrenden, der Hain
mit dem Bache, der Durchblick auf das ferne Meer, laffen wie an Rcherem Faden
das hiRorifch Gefchehene, aus dem wir nur einen Augenblick fehen können,
vor der PhantaRe auftauchen und Rnd nicht nur fachlich, Sondern auch landschaft-
lich zu einem Ganzen von hoher Schönheit verwoben. Dem ernRen, feierlichen
Tone der Landfchaft entfprechen die in klafRfcher Gemeffenheit Reh bewegenden
und von Schönem Adel der Formen erfüllten Gehalten der Perfonen (S. 12$).
An die Stelle diefer Aufgabe trat jetzt in München die andere, in dem Erd-
gefchoffe des Königsbaus eine Reihe von Sälen mit Scenen aus dem Nibelungen-
liede zu Schmücken. Es iR natürlich, dafs diefes Thema zu einem Vergleiche
mit Cornelius herausfordert, deffen früheRer Ruhm zum grofsen Theile feinen
Nibelungenzeichnungen entRammt. Und in der That iR ein Solcher Vergleich
Sehr geeignet die Verschiedenheit der beiden MeiRer in helles Licht zu fetzen.
Cornelius hatte Reh eine neue Dichtung gefchaffen, Entferntliegendes zufammen-
gezogen als ob es unmittelbar aufeinander folgte, und Alles ausgefchieden oder
andeutend auf das Titelblatt verwiefen, was feinem Hauptintereffe nicht unmittel-
bar nahe lag. Schnorr dagegen, und zwar hierin dem Sinne feines Auftraggebers
und der mehr und mehr Reh geltend machenden Richtung der neueren Zeit auf die
hiRorifche Malerei entfprechend, illuRrirt die Dichtung, folgt ihren Spuren Schritt
für Schritt und leiRet auf eine felbRändige dichterische Umarbeitung Verzicht.
Diefem Gefammtcharakter entspricht auch die Ausführung im Einzelnen. Cornelius
hatte Reh feine eigene Welt gefchaffen, die es ihm ermöglichte einen Ausdruck
für die Reckengewalt, für die das Menfchenherz aufwühlende Leidenfchaft zu
 
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