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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 2, Blüthezeit in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0445
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JULIUS SCHNORR VON CAROLSFELD.

landes, fo dafs in klaren Zügen, fern von jeder Ueberladung, die Hauptpunkte
hervortreten, deren kaufaler Zulammenhang lieh leicht ergiebt.
In diefen fowie in den übrigen Bildern hält Schnorr bei der Behandlung
des Raumes an dem in der neueren deutfehen Kunh wieder lebendig gewordenen
Grundlatz der älteren italienifchen und deutfehen Malerei feit: die Tiefe des
Raumes zerfällt in drei fcharf getrennte Pläne, deren Grenzen unvermittelt an-
einander ftofsen, und welche in der Linienperfpektive wie in der Farbenabtönung
keine Uebergänge kennen, eine Auffahung, von welcher Schnorr, den Beltrebungen
der neueren Zeit nachgebend, erh in den letzten Bildern des Nibelungencyklus
abgegangen ifh Sie trägt ihr wcfentliches Theil zu der Eintönigkeit in der Kom-
polition bei, da he der freieren Entwicklung eine fchwere Felhel auf legt, fo dafs
eine Mannigfaltigkeit nur dadurch entlieht, dafs die Hauptperfon der Darltellung
bald in den Vordergrund, bald in den Mittelgrund gehellt wird, in welch letz-
terem Falle freilich im Vordergrund Nebenperfonen lieh meih anfpruchsvoller
der Betrachtung entgegendrängen, als ihre Bedeutung gehattet. Diefer hrengen
Gliederung der Vertiefung entfpricht eine eben fo hrenge Gliederung der Breite:
halt durchweg, befonders bei den Bildern der beiden grofsen Säle in ermüden-
der Einförmigkeit, herrfcht die Dreitheilung, welche die Hauptperfon in die
Mitte hellt, die Nebenperfonen auf beiden Seiten vertheilt. Wo diefe Gliederung
naturgemäfs dem Gegenhande der Darltellung entfpringt, macht he einen im-
ponierenden Eindruck, wie bei der Rechtfprechung Rudolfs. Meih aber ergiebt
he hch als das hcherste Mittel, die grolse Aufgabe, für deren geihige Durch-
arbeitung zu wenig Zeit geiahten war, rafch zu bewältigen.
Von den Rudolf bildern möchten wir befonders zwei hervorheben: Die Be-
gegnung mit dem Prieher und die Rechtfprechung über die Raubritter. Das
erhere zeichnet hch durch feine kolorihifche Wirkung in der Landfchaft und in
der Luft aus, während freilich der Erzählung des Ereignilfes die volle Deutlich-
keit gebricht: es fehlt jede Andeutung des weggeriffenen Steges, den der Prieher
zu hnden geglaubt hatte, und dehen Zerhörung ihn zwingt, den Bach barfufs
zu durchfchreiten. Auch die Anhalten hierzu hnd nicht angedeutet. Von grofser
Schönheit hnd dagegen der den Eindruck eines Porträts machende ehrwürdige
Priehergreis, die im Mittelgründe behende mächtige Eiche mit dem Kruzihx, vor
dem ein Hirte kniet. Neben ihr quillt links ein Bach hervor, über dem im Hin-
tergründe eine dühere Regenwolke am hellen Himmel heraufheigt, während rechts
in der Ferne ein Dorf hch zeigt. Diefer Idylle gegenüber ih die Rechtfprechung
ein Ereignifs von packender dramatifcher Gewalt. Der König thront unter einer
mächtigen Eiche mit Kanzler, Schreiber und Herold um hch, welcher letztere
das Banner mit der Auffchrift TAvigY? ZW hält. Rechts und links im Hinter-
gründe die gebrochenen Burgen, von welchen die gefangenen Ritter hergeführt
werden, während Bauern ihr gerettetes Vieh nach Haufe treiben. Vor dem Herr-
fcher heht ein Paar der vornehmen Räuber, deren einer hch im wilden Grimme
der Ohnmacht gegen den Spruch des Königs, trotz der auf den Rücken gebun-
denen Hände, aufbäumen möchte, indefs der andere ihn in hummem Trotze ver-
nimmt. Der König aber weih mit einem Ausdruck, in welchem hch Hoheit und
Entrühung verbinden, mit der linken Hand gebieterifch den Weg zum Tode,
 
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