Die Zweiganstalten des Wiener Versatzamtes.
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zu gross und die Aufsicht über das neue Amt »beinahe« unmöglich sei, worauf laut
Hofbescheid vom 20. September 1800 die kaiserliche Entschließung erfolgte, dass
von dem Vorschlage des Ungenannten kein Gebrauch gemacht werden solle.1) Im
Jahre 1801 tauchte die Frage der Errichtung von Filialämtern vorübergehend wieder
auf. Als nämlich das Verbot der Winkelversatzämter publiciert wurde, bemerkte der
den Polizeiminister vertretende Graf Saurau in einer Note an das Regierungspräsidium
am 25. Juli 1801: »Nur einen Umstand muß ich bey dieser gelegenheit vorzüglich wegen
des dringenden Bedürfnisses der armen Leute in Anregung bringen, welcher darin besteht,
dass, wenn auf einer Seite die Winkelversatzämter ahgestellt werden, nothwendiger-
weise dem Bedürftigen auf der andern Seite entweder durch eine Aenderung in der
Verfassung des hiesigen Versatzamtes oder durch Errichtung von Filialversatzämtern
in einigen Vorstädten Gelegenheit verschafft werden muss, in der dringendsten
Noth eine Aushilfe zu finden.« Die Regierung erwog die Frage und kam zu dem
Schlüsse, es wäre zweckentsprechender, einige Privat-Versatzämter in den Vorstädten
zu errichten;2), doch Kaiser Franz resolvierte,3) »dass es von der Errichtung einiger
privat Versatzämter in Wien lediglich und ein für allemahl abzukommen
habe, jedoch sey nach Vernehmung der Regierung und des Versatzamtes in nähere
Überlegung zu nehmen, ob nicht auf Rechnung des öffentlichen Versatzamtes allhier
einige Filialversatzämter in den Vorstädten errichtet werden sollten, da die Hauptein-
wendung gegen diese Filialämter, dass sie nämlich das Interesse zu 8 percent gerechnet,
nebst der Regie und andern Kosten nicht bestehen könnten, dadurch zu beheben seyn
dürfte, dass man das dießfällige Interesse erhöhte, welches für den Bedürftigen doch
immer ersprießlicher seyn würde, als wenn er in die Hände des Wucherers verfiele.«
Die nun folgenden kriegerischen Zeiten mit ihren Nachwehen gestatteten nicht,
diesen Plan durchzuführen, und so ruhte die Frage bis zum Jahre 1852. Die »in starker
Zunahme begriffene Bevölkerung der Residenzstadt« brachte einen »unvermeidlichen
Andrang des Publicums zu der bestehenden einzigen öffentlichen Pfandleihanstalt« mit
sich, dem vorzuheugen darin die Statthalterei ein Mittel ersah, dass für die »Bewohner
der ausgedehnten Vorstädte« an »einigen geeigneten Punkten der Vorstädte Filialen
des Versatzamtes« errichtet würden. Die Statthalterei gab dieser ihrer Ansicht in
ihrem hauptsächlich die arge Finanzlage des Versatzamtes betreffenden Berichte an
das Ministerium des Innern Ausdruck.4) Da aber noch Erhebungen zu pflegen
waren, gieng das Ministerium des Innern zunächst auf diese Frage nicht ein; war
es doch dringender, das Versatzamt mit genügenden Geldmitteln zu versehen. Im
Jahre 1855 wies der Vorsteher der Versatzamtes darauf hin, dass an der Maria-
hilferstraße etwa, »als dem am meisten bevölkerten Vorstadttheile«, eine Filiale zu
errichten wäre, um die Hauptanstalt zu entlasten; 1869 rollte dann der Director des
Versatzamtes die Frage der Errichtung von Filialämtern anlässlich einer Anzeige über
das wucherische Treiben eines Winkelversatzgeschäftes wieder auf. Die mit den
Erhebungen in dieser Angelegenheit betraute Polizei-Direction bemerkte in ihrem Be-
richte:5) »Wenn aus dem jeweiligen Vorkommen von Winkelversatzgeschäften auf
die sichere Abhilfe hingewiesen wird, welche Filialen des k. k. Versatzamtes bieten,
9 Bericht an die Hofkanzlei (Z. 18.898) aus 1801. Der Bericht und der Hofbescheid aus 1800
sind im Wortlaut nicht erhalten.
~) Bericht der Regierung an die Hofkanzlei vom 26. December 1803. (Dieser Bericht hat
sich im Wortlaut nicht erhalten.)
3) Hofkanzlei-Decret vom 19. October 1804, Z. 18.673/3062.
4) Bericht der Statthalterei an das Ministerium des Innern vom 18. August 1852, Z. 10.295;
vgl. oben S. 32.
5) Bericht vom 29. Mai 1870 an die Statthalterei, Z. 16.592.
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zu gross und die Aufsicht über das neue Amt »beinahe« unmöglich sei, worauf laut
Hofbescheid vom 20. September 1800 die kaiserliche Entschließung erfolgte, dass
von dem Vorschlage des Ungenannten kein Gebrauch gemacht werden solle.1) Im
Jahre 1801 tauchte die Frage der Errichtung von Filialämtern vorübergehend wieder
auf. Als nämlich das Verbot der Winkelversatzämter publiciert wurde, bemerkte der
den Polizeiminister vertretende Graf Saurau in einer Note an das Regierungspräsidium
am 25. Juli 1801: »Nur einen Umstand muß ich bey dieser gelegenheit vorzüglich wegen
des dringenden Bedürfnisses der armen Leute in Anregung bringen, welcher darin besteht,
dass, wenn auf einer Seite die Winkelversatzämter ahgestellt werden, nothwendiger-
weise dem Bedürftigen auf der andern Seite entweder durch eine Aenderung in der
Verfassung des hiesigen Versatzamtes oder durch Errichtung von Filialversatzämtern
in einigen Vorstädten Gelegenheit verschafft werden muss, in der dringendsten
Noth eine Aushilfe zu finden.« Die Regierung erwog die Frage und kam zu dem
Schlüsse, es wäre zweckentsprechender, einige Privat-Versatzämter in den Vorstädten
zu errichten;2), doch Kaiser Franz resolvierte,3) »dass es von der Errichtung einiger
privat Versatzämter in Wien lediglich und ein für allemahl abzukommen
habe, jedoch sey nach Vernehmung der Regierung und des Versatzamtes in nähere
Überlegung zu nehmen, ob nicht auf Rechnung des öffentlichen Versatzamtes allhier
einige Filialversatzämter in den Vorstädten errichtet werden sollten, da die Hauptein-
wendung gegen diese Filialämter, dass sie nämlich das Interesse zu 8 percent gerechnet,
nebst der Regie und andern Kosten nicht bestehen könnten, dadurch zu beheben seyn
dürfte, dass man das dießfällige Interesse erhöhte, welches für den Bedürftigen doch
immer ersprießlicher seyn würde, als wenn er in die Hände des Wucherers verfiele.«
Die nun folgenden kriegerischen Zeiten mit ihren Nachwehen gestatteten nicht,
diesen Plan durchzuführen, und so ruhte die Frage bis zum Jahre 1852. Die »in starker
Zunahme begriffene Bevölkerung der Residenzstadt« brachte einen »unvermeidlichen
Andrang des Publicums zu der bestehenden einzigen öffentlichen Pfandleihanstalt« mit
sich, dem vorzuheugen darin die Statthalterei ein Mittel ersah, dass für die »Bewohner
der ausgedehnten Vorstädte« an »einigen geeigneten Punkten der Vorstädte Filialen
des Versatzamtes« errichtet würden. Die Statthalterei gab dieser ihrer Ansicht in
ihrem hauptsächlich die arge Finanzlage des Versatzamtes betreffenden Berichte an
das Ministerium des Innern Ausdruck.4) Da aber noch Erhebungen zu pflegen
waren, gieng das Ministerium des Innern zunächst auf diese Frage nicht ein; war
es doch dringender, das Versatzamt mit genügenden Geldmitteln zu versehen. Im
Jahre 1855 wies der Vorsteher der Versatzamtes darauf hin, dass an der Maria-
hilferstraße etwa, »als dem am meisten bevölkerten Vorstadttheile«, eine Filiale zu
errichten wäre, um die Hauptanstalt zu entlasten; 1869 rollte dann der Director des
Versatzamtes die Frage der Errichtung von Filialämtern anlässlich einer Anzeige über
das wucherische Treiben eines Winkelversatzgeschäftes wieder auf. Die mit den
Erhebungen in dieser Angelegenheit betraute Polizei-Direction bemerkte in ihrem Be-
richte:5) »Wenn aus dem jeweiligen Vorkommen von Winkelversatzgeschäften auf
die sichere Abhilfe hingewiesen wird, welche Filialen des k. k. Versatzamtes bieten,
9 Bericht an die Hofkanzlei (Z. 18.898) aus 1801. Der Bericht und der Hofbescheid aus 1800
sind im Wortlaut nicht erhalten.
~) Bericht der Regierung an die Hofkanzlei vom 26. December 1803. (Dieser Bericht hat
sich im Wortlaut nicht erhalten.)
3) Hofkanzlei-Decret vom 19. October 1804, Z. 18.673/3062.
4) Bericht der Statthalterei an das Ministerium des Innern vom 18. August 1852, Z. 10.295;
vgl. oben S. 32.
5) Bericht vom 29. Mai 1870 an die Statthalterei, Z. 16.592.