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Kaiserlich-Königliches Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt [Hrsg.]
Das K. K. Versatzamt in Wien: von 1707 bis 1900 — Wien: Selbstverl., 1901

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VII. Dio Zweiganstalten des Wiener Versatzamtes.
Unregelmäßigkeiten eines Beamten des Versatzamtes veranlassten 1792 die
Landesregierung, durch zwei Regierungsräthe,1) Franz Freiherr von Otterwolf
und Josef Anton von Paradis, eine eingehende Untersuchung des Versatzamtes
vornehmen zu lassen. Eine Folge derselben war, abgesehen von der Bestrafung
des schuldigen Beamten, eine Verbesserung der Manipulation, eine Gehalts-
regulierung der Beamten des Versatzamtes, sowie der Vorschlag der beiden
Regierungsräthe, »Filial-Leih- oder Pfandämter« in den Vorstädten Wiens »unter
Gewährleistung des allgemeinen Versatzamtes« zu errichten2) und Versetzerleute zu
bestellen. Die beiden Proponenten scheinen, soweit es sich um die Filialen handelt ^)
der Ansicht gewesen zu sein, dass einerseits diese Filialämter Pfandobjecte, welche
in dem Versatzamte nicht belehnt wurden, belehnen und so den Geldbedürftigen
helfen könnten, anderseits, dass durch die Filialämter der Zudrang zur Hauptanstalt
und damit die nie verstummenden Klagen der Parteien über den vielen Zeitverlust
bei dem Versetzen abgeholfen würde.
Die Landesregierung äußerte sich in ihrer Einbegleitung dieses Vorschlages
an die Hofkanzlei folgendermaßen: »Wenn die filialämter unter gewährleistung des
allgemeinen Versatzamtes, wie angetragen wird und es nicht wohl anderst seyn
kann, bestehen und mit demselben verbunden seyn sollen, so ist vorauszusehen, dass die
bei diesen filialämtern einkommenden pfänder wöchentlich zur aufbewahrung ins ver-
satzamt gebracht werden müssten, weil das letztere seine sicherheit, nämlich die
pfänder, in händen haben muss. Es folgt daraus, dass die pfänder nicht wohl von einer
andern gattung seyn können, als von jener, die das hauptpfandamt selbst auch anzuneh-
men pflegt; mit andern einer mehreren corruptibilitaet unterworfenen pfändern würde
ihm nicht geholfen seyn; und solchenfalls siehet man nicht ein, wie dem geldbedürftigen
publikum, welches annehmbare pfänder gleich in das hauptversatzamt ohne umweg,
welcher ihm noch lästiger werden könnte, bringen kann, durch die filialämter ein
vortheil oder wahre erleichterung zugehen könnte, anderer schwierigkeiten, die sich
noch bei näherer zergliederung des vorschlages darbiethen würden, nicht zu gedenken.«
Die Hofkanzlei schloss sich dieser Anschauung an und am 10. Mai 1793 er-
gieng das Decret, dass von der Errichtung von Filialversatzämtern abzusehen sei.4)
Nun ruhte die Frage bis 1800, in welchem Jahre die Regierung über einen
anonymen Vorschlag, »Filial-Versatzämter« zu errichten, an die Hofkanzlei berichtete,
welche sich jedoch in ihrem Vortrage der Anschauung der »Oberbeamten« des
Versatzamtes anschloss, dass »die Kosten hierzu«, d. i. zur Erbauung einer Filiale

9 Über sie vgl. »Die n.-ö. Statthalterei von 1501—1896«, S. 470 und 473.

~) Ihr Bericht an die Regierung in dieser Angelegenheit hat sich im Wortlaut nicht er-
halten. Heute liegt nur die Äußerung der Regierung über den Bericht vor.

3) Die Regierung gieng auf die Frage der Bestellung von Versetzerleuten nicht ein. Über
die Versetzer vgl. S. 87.

4) Mit demselben Decret (Z. 1460) wurde die Gehaltsregulierung der Versatzamtsbeamten
genehmigt; vgl. Beilage 8.
 
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