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Vorwort

Mit dieser Denkmaltopographie wird erneut der Versuch gemacht, nach Jahren einer überschäumenden Baukonjunktur den
noch vorhandenen Restbestand an historisch interessanten und damit schützenswerten Bauten im Landkreis Darmstadt-
Dieburg zu erfassen. Damit soll gleichzeitig die wissenschaftliche Vorarbeit für eine Eintragung dieser Objekte in das Denkmal-
buch des Landes Hessen geschaffen werden.
Betrachtet man die Entwicklung des Denkmalschutzes in unserer Region seit dem frühen 19. Jahrhundert, dann zeigen sich
mehrere hervorragende Ansätze für die Dokumentation und den gesetzlichen Schutz der Baudenkmäler. Der Darmstädter
Stadtbaumeister Georg Moller hatte schon 1818 einen Erlaß des Großherzogs Ludwig I. erwirkt, wonach ein Verzeichnis alter
und schützenswerter Baukunst zu erstellen war. Moller selbst hat mit vielen Publikationen den Denkmalschutzgedanken in
eine breitere Öffentlichkeit getragen. Die wirtschaftliche Entwicklung im 19. Jahrhundert bis hin zum Boom der Gründerzeit,
nach der Reichsgründung von 1871, hat Fragen und Probleme des Denkmalschutzes jedoch schnell verdrängt. Erst der
folgende wirtschaftliche Rückgang warf auch Fragen des Denkmalschutzes erneut auf, schon damals im Zusammenhang mit
weiteren Problemen des Umweltschutzes. In unserer nächsten Umgebung tauchte die Frage auf, ob das Schloß in Lichtenberg
noch zu retten sei und die Stadt Alsfeld hatte den Antrag gestellt, ihr altes Rathaus abzubrechen. Um dem totalen Verlust wert-
vollster historischer Bausubstanz zuvorzukommen, erließ der Großherzog 1902 ein Denkmalschutzgesetz. Dieses Gesetz ent-
hielt alle wesentlichen Kriterien, die auch in der heutigen gesetzlichen Regelung enthalten sind. Die Inventarisierung wurde in
den folgenden Jahren intensiv betrieben. 1940 erschienen, bearbeitet von Max Herchenröder, „Die Kunstdenkmäler des Land-
kreises Dieburg“. Die Bearbeitung des Altkreises Darmstadt war von Dr. Herchenröder als Manuskript abgeschlossen.
Der Zweite Weltkrieg hatte einen erheblichen Verlust an historischer Bausubstanz gebracht, doch die unvergleichlich größeren
Verluste an schützenswerten Bauten kommen mit dem Wirtschaftswunder der 50iger und 60iger Jahre. Die Bauwirtschaft als
Motor einer durchdrehenden Konjunktur und das durch die Werbung vermittelte „Glück von modernem Leben“ haben zu den
Problemen geführt, vor denen wir heute stehen. Sterbende Bäume und eine zerstörte Baukultur sind nur zwei Mosaiksteine von
dem Bild, das „grenzenloses Wirtschaftswachstum“ gezeichnet hat.
Die hier vorgelegte Denkmaltopographie zeugt vom Optimismus der Denkmalschützer. Sie ist aber auch eine Herausforderung
für die politisch Verantwortlichen. Unabhängig vom Tagesgezänk über Parteigrenzen sollte es eine gemeinsame Basis geben,
wenn es darum geht, ererbtes Kulturgut zu erhalten.
Ich danke den Bearbeitern der Denkmaltopographie, besonders Herrn Dr. Siegfried Enders vom Landesamt für Denkmalpflege
in Wiesbaden, ich danke den Mitarbeitern der Unteren Denkmalschutzbehörde, dem Denkmalbeirat wie allen ehrenamtlichen
Mitarbeitern.

Manfred Bäurle
Erster Kreisbeigeordneter
(Dezernent - Denkmalpflege)

Die systematische Bestandsaufnahme aller schützenswerten Baudenkmäler gehört von Anfang an zu den Hauptaufgaben der
staatlichen Denkmalpflege. Schon Georg Moller bemühte sich, diesem Auftrag mit seinen Publikationen gerecht zu werden.
Seitdem wurde immer wieder versucht, den Denkmälerbestand eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt insgesamt zu er-
fassen und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Im sogenannten Großinventar fand man am Ende des 19. Jahr-
hunderts die geeignete Publikationsform. Das mit großem Elan begonnene Sammelwerk wurde jedoch durch den 1. Weltkrieg
unterbrochen, danach wieder aufgenommen. Der erneute Abbruch der Arbeiten durch den 2. Weltkrieg brachte das Unter-
nehmen nahezu ganz zum Erliegen, als letzter Band des Volksstaates Hessen erschien 1940 der Landkreis Dieburg. Mit der
Gründung des Landes Hessen bemühte sich die Denkmalpflege zwar um einen neuen Anlauf und brachte schließlich auch
1970 den Band Bergstraße heraus, jedoch zeigte sich bald, daß durch die lange Bearbeitungsdauer mit dem Großinventar nicht
dem raschen Schwund des Denkmälerbestandes zu begegnen war. Ein wirkungsvolles, auch für den Nichtfachmann überzeu-
gendes Instrument zur Schnellerfassung der Kulturdenkmäler mußte geschaffen werden. Die Vereinigung der Landesdenkmal-
pfleger in der Bundesrepublik Deutschland entwickelte die Denkmaltopographie und gab nach einem Probelauf in Nieder-
sachsen Richtlinien heraus, die von der Ständigen Konferenz der Kultusminister am 28. 5. 1980 beschlossen wurden und die
Länder vor allem zu einer einheitlichen Gestaltung des Kartenwerks verpflichteten. Auf die reichliche Ausstattung der ein-
zelnen Bände mit anschaulichem Kartenwerk wurde von Anfang an besonderer Wert gelegt, um die Benutzbarkeit für die
schnelle Information bei Planungsvorhaben aller Art zu ermöglichen. Diese sichert den Kulturdenkmälern die Berücksichti-
gung bei der Altstadtsanierung, Dorferneuerung, bei der Durchführung von Bauleit- und Planfeststellungsverfahren. Beim
Katalog der Kulturdenkmäler ist jedem Bundesland überlassen, wie ausführlich er ausfällt. Wenn sich Hessen für die bisher
ausführlichste Behandlung der einzelnen Kulturdenkmäler entschieden hat, so wegen der sehr guten Erfahrungen, die damit in
der Praxis gemacht wurden. Die Eigentümer werden durch den Denkmäler-Katalog über den Denkmalschutz ihrer Liegen-
schaft aufgeklärt, die Genehmigungsbehörden erhalten die erforderlichen Grundlagen für ihre Entscheidungen und die For-
schung zur Heimat- und Kunstgeschichte eine wichtige Materialsammlung.
Dem Landkreis Darmstadt-Dieburg danke ich für die intensive Unterstützung, insbesondere für die Gewährung eines Druck-
kostenzuschusses in Höhe von 80.000,- DM, wodurch die weitgestreute Verbreitung des Bandes gesichert ist. Wenn sich die
Fertigstellung des umfangreichen Werkes unerwartet verzögert hat, so lag dies an der Doppelbelastung des Autors als Inven-
tarisator und Bezirksdenkmalpfleger, wofür ich Herrn Baurat Dr.-Ing. Siegfried Enders besonderen Dank und Anerkennung für
seine Leistung ausspreche.
Prof. Dr. Gottfried Kiesow
Landeskonservator

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