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Dom St. Blasii, nördliches Seitenschiff von Nordwesten


Dom St. Blasii, südliches Seitenschiff und Turmfront von Südosten


penabsatzes der heute die Vierung beherr-
schende 4,80 m hohe und 4 m ausladende
siebenarmige Leuchter-etwagleichzeitig mit
dem Marienaltar entstanden und in zisilierter
Bronze gearbeitet.
Mit dem Grabmal des Stifterpaares beher-
bergt der Braunschweiger Dom ein sehr be-
deutendes und eigenständiges Beispiel mit-
telalterlicher Grabplastik. Dargestellt sind der
1195 gestorbene Heinrich und zu seiner Lin-
ken Mathilde, seine zweite Ehefrau, Tochter
König Heinrichs des II. von England, die be-
reits 1189 starb. Beide sind als Liegefiguren
mit flachen Kissen unter den Häuptern darge-
stellt, die Füße stehen auf Konsolen, und der
komplizierte Faltenwurf der Gewänder führt
teilweise ein der Schwerkraft widersprechen-
des Eigenleben. Typisiert dargestellt ist das
Herrscherpaar in jugendlichen Jahren, Hein-
rich mit dem herrschaftlichen Gerichts-
schwertinder Linken und dem Modelldervon
ihm gestifteten Kirche in der Rechten, Ma-
thilde mit vor der Brust zum Gebet gefalteten
Händen. Das Material ist Kalkstein aus dem
nahen Elm. Nachdem die beiden Grabplatten
seit den dreißiger Jahren von einer glatten,
kantigen Graniteinfassung umgeben waren,
ist 1987/88 die ehemalige hohe Tumba re-
konstruiert worden, und das originale schüt-
zende Gitter umgibt wieder die beiden Figu-
ren.
Ungewöhnlich kostbar ausgestattet ist der
Marienaltar, der zum originalen Bestand der
Heinrichs-Kirche zu zählen ist und der ur-
sprünglich seinen Platz im Chor hatte. Fünf
wohl in Braunschweig gegossene Bronze-
säulen tragen die wertvolle, von weither
transportierte Mensaplatte aus belgischem
Marmor. In das Blattkapitell der mittleren Al-
tarsäule ist eine Reliquienkapsel eingelassen,
deren Widmungsinschrift das Entstehungs-
datum des Altares, 1188, nennt; ferner wird
dort gesagt, daß der Altar der Mutter Gottes
geweiht ist, und es werden die Stifter Heinrich
und Mathilde, sowie Bischof Adelhog von Hil-
desheim, der die Weihe vollzog, genannt. Die
schön proportionierten Säulen auf attischen
Basen mit sorgfältig gearbeiteten Blatt- und
Adlerkapitellen legen ein weiteres Zeugnis ab
von der hohen Qualität der Braunschweiger
Bronzegießkunst in der 2. Hälfte des 12.Jh.
Ebenfalls um 1188 wird der große siebenar-
mige Leuchter entstanden sein, der stilistisch
unmittelbar mit den Säulen des Marienaltares
zusammen zu sehen ist und wahrscheinlich
aus derselben Werkstatt stammt wie diese.
Aus dem vierteiligen Fuß aus Löwen und Dra-
chen wächst der gerippte Leuchterschaft mit
emaille- und edelsteinbesetzten Knäufen.
Auf jeder Seite zweigen drei kurvig ge-
schwungene Leuchterarme ab, deren ein-
zelne Segmente aus Blattknospen heraus-
wachsen und die in zu Blattrosetten geform-
ten Leuchterschalen enden. Der Braun-
schweiger Kandelaber orientiert sich in seiner
Gestaltung an der Beschreibung des sieben-
armigen Leuchters im zweiten Buch Mose,
der schon in karolingischer Zeit häufig nach-
gebildet wurde. In Form und Größe vergleich-
bar gibt es jedoch nur noch ein etwas jünge-
res Exemplar im Dom zu Mailand.

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