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Harbke und seine Frau Margarete von Salder
erbaut. Die als städtischer Adelshof funk-
tionsspezialisierte innere Organisation des
dreistöckigen Gebäudes wird auch am Au-
ßenbau in repräsentativen Details sichtbar -
im Vergleich besonders gut ablesbar, seit die
Bürgerhausfassade des Huneborstelschen
Hauses direkt östlich anschließt: ein 1868 im
Dachbereich renovierter, über alle Stock-
werke reichender, turmähnlicher Erker ist
deutliches Statuszeichen. Signifikanter noch
für den von der typischen Form des Braun-
schweiger Bürgerhauses abweichenden Fas-
sadenaufriß sind die großen Raumhöhen im
Erd- und im ersten Obergeschoß, sowie das
Fehlen eines Zwischengeschosses. Wäh-
rend das repräsentativ hohe Erd- und Ober-
geschoß die Wohn- und Wirtschaftsräume
umfaßte, werden das niedrige oberste Ge-
schoß sowie die Dachböden für die Trock-
nung und Lagerung von Vorräten und Han-
delsgut genutzt worden sein. Schwellen,
Knaggen und Ständer sind eher zurückhal-
tend mit Flachschnitzereien überzogen: un-
terschiedliche Laubstabornamente, ver-
schiedene Tauwerkformen, Perlreihen sowie
aus dem Steinbau des 16. Jh. übernommene
Diamantquaderungen plazieren das Ge-
bäude stilistisch in die Übergangsepoche
zwischen Spätgotik und beginnender Renais-
sance. Eine zwei Spann breite, rundbogige
Durchfahrt an der östlichen Hausgrenze er-
schließt den rückwärtigen Teil des Grund-
stückes. In den Bogenzwickeln des Tores ist
links das von Veltheimsche und rechts das
von Saldersche Wappen eingeschnitzt. Ein
Schriftbalken im Bogenscheitel nennt die Na-

men der Erbauer sowie 'das Baudatum
„1573“. In der Durchfahrt über dem heutigen
Hauseingang erscheinen die beiden Wappen
als Steinrelief in antikisierender Architektur-
rahmung ein zweites Mal.
Das Hofgebäude ist ein Neubau von 1955, an
dessen Fachwerkobergeschoß Reste des ab-
gebrochenen Vorgängerbaus wiederverwen-
det wurden. Bemerkenswert sind hier die
„Sternzylinder“-Ornamente an den Balken-
köpfen, sowie die ornamentierten Rollen auf
den Kehlen der Schwellen - Schmuckfor-
men, die im Braunschweiger Stadtgebiet
sonst nicht wiederkehren, an Fachwerkge-
bäuden der Halberstädter Gegend aber häu-
fig zu finden sind. Das ehemals als StalI/Spei-
cher dienende Rückgebäude dürfte zur glei-
chen Zeit wie das Hauptgebäude entstanden
sein. Behutsame Umbau- bzw. Restaurie-
rungsmaßnahmen fanden am Vorderhaus
1936 sowie 1983 und 1985 statt, notwendig
geworden durch die Umnutzung vom Wohn-
haus in ein Bürogebäude.

HUNEBORSTELSCHES HAUS/
GILDEHAUS
(Burgplatz 2a)
Der Gedanke der „Traditionsinsel“ als einem
städtischen Areal, in dem historische Archi-
tektur bewußt und komprimiert erhalten wird,
ist erstmals faßbar in der Geschichte des
„Gildehauses“, dem die reich geschnitzte
Fassade des sogenannten „Huneborstel-
schen“ Hauses vorgeblendet ist.

Seit ca. 1740 war dieses ebenfalls der Familie
von Veltheim gehörende Grundstück am
Burgplatz unbebaut gewesen, als sich 1901
die Stadt Braunschweig, der das Grundstück
inzwischen gehörte, entschloß, diese Bau-
lücke zu schließen. Mit dieser Maßnahme
sollte an der Nordflanke des Burgplatzes end-
gültig eine lückenlose Bebauung erreicht
werden, nachdem die beiden noch weiteröst-
lich liegenden Grundstücke schon 1896 mit
dem Hotel „Deutsches Haus“ (Ruhfäutchen-
platz 1, s. dort) bebaut worden waren. Als der
Eigentümer des Hauses Sack 5, des soge-
nannten Huneborstelschen Hauses, im Jahr
1899 das veraltete Gebäude abbrechen las-
sen wollte, hatte man die außerordentliche
Bedeutung vor allem der Fassadengestaltung
dieses wohl 1526 errichteten Bürgerhauses
längst erkannt. Das Haus galt seit 1861, als es
für die 10OO-Jahr-Feier renoviert worden war,
als Baudenkmal. Das Huneborstelsche Haus
war eines der wenigen Bürgerhäuser aus
dem frühen 16. Jh., das sowohl von außen als
auch von innen weitgehend sein ursprüngli-
ches Erscheinungsbild hatte bewahren kön-
nen und nur unwesentlich von der sonst im
18. Jh. weithin üblichen Umbauwelle erfaßt
worden war. Da die Finanzen der Stadt nicht
ausreichten, das ganze Gebäude samt
Grundstückzu kaufen, erwarb sie vom Eigen-
tümer lediglich die geschnitzte Fassade der
Speichergeschosse und den gesamten
Dachstuhl. Seit 1901 ist unter der Leitung des
damaligen Stadtbaurates L. Winter und mit
Beteiligung des Architekten O. Raffe am
Burgplatz ein auf die Fassade und den Dach-
stuhl des Huneborstelschen Hauses hin kon-


Burgplatz 2, von Veltheimsches Haus, 1573, Erker


Burgplatz 2a, Huneborstelsches Haus/Gildehaus, Fassade um 1530

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