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und dem 1789 hier gestorbenen J. F. W. Jeru-
salem, Initiator des Collegium Carolinum, zur
Wohnung gestellt wurde.
Westlich schließt unmittelbar das jüdische
Gemeindehaus an (Steinstraße 4), dessen
Fassade in flachem Bogen bis in die Alte Kno-
chenhauerstraße geführt ist. Dort lag bis zu
ihrerZerstörung durch die Nationalsozialisten
1940 die Synagoge (s. Alte Knochenhauer-
straße 1 — 1A). Das zweieinhalbgeschossige,
nach einem Entwurf von Constantin Uhde
1875 in gelben Ziegeln errichtete Gemeinde-
haus ist im sog. „byzantinischen Stil“ ausge-
führt-einer Rundbogenarchitektur unter sehr
flachem Satteldach mit asymmetrischer, ein-
achsiger Risalitbildung an der Nordseite. Die
mit einer Werksteinrahmung überfangenen
Fensteröffnungen sind im Erdgeschoß eintei-
lig und im Obergeschoß gedoppelt mit einge-
stellten Trennungssäulchen. Übereinem nur
sehr zart ausgebildeten Konsolgesims ist das
obere Halbgeschoß in der Art einer Galerie
ausgebildet, wobei jeweils drei zu Fenstern
geöffnete Arkaden mit einer Dreiergruppe
Blendarkaden alternieren. Die Ziegelzierset-
zungen hier wie am Gesims zwischen Erdge-
schoß und erstem Obergeschoß werden von
rotem Ziegelmauerwerk hinterfangen.

Als bauliche Einheit zusammen mit dem jüdi-
schen Gemeindehaus und in denselben „by-
zantinischen “ Formen erstellt, stand bis 1940
auf dem Nachbargrundstück die Synagoge.
Der 1874 nach den Plänen von Konstantin
Uhde errichtete zinnenbekrönte Sakralbau ist
in der „Reichskristallnacht“ 1938 so schwer
beschädigt worden, daß man ihn 1940 mit
dem Argument der Baufälligkeit abbrechen
konnte. Unmittelbar nach dem Abbruch
wurde an seiner Stelle ein Bunker (Alte Kno-
chenhauerstraße 1-1A) errichtet, der, wie
die Balkenköpfe aus Beton zeigen, mit einer
„Fachwerk“-Scheinfassade kaschiert wer-
den sollte. Eine Gedenktafel neben einem der
beiden Bunkereingänge erinnert an den Vor-
gängerbau.
Die drei gegenüberliegenden Fachwerkbau-
ten Alte Knochenhauerstraße 11, 12 und 13
gehören als Gruppe baulicher Anlagen zu den
wichtigsten Resten der ehemals ungewöhn-
lich zahlreichen und vielfältigen Holzarchitek-
tur Braunschweigs.
Von dem ursprünglich 19 Spann breiten, drei-
geschossigen Fachwerkwohnhaus Alte Kno-
chenhauerstraße 11 sind nach den Zerstö-
rungen des Krieges nur noch die nördlichen

fünf Konstruktionsachsen so weit erhalten
geblieben, daß sie wieder aufgebaut werden
konnten. Dieser Rest des 1470 errichteten
Gebäudes ist heute das älteste noch erhal-
tene Fachwerkgerüst der Stadt, das noch das
Ankerbalken/Hochrähm-Gerüstschema auf-
weist, nach dem die meisten Braunschweiger
Fachwerkbauten bis in die 1. Hälfte des 16.
Jh. errichtet wurden. Im Rahmen der Wieder-
herstellung des Resthauses 1962 wurde zu-
sammen mit dem Zwerchhaus und dem
Dachstuhl das Holzgerüst des zweiten Ober-
geschosses mit der durchgezapften Anker-
balkenlage erneuert. Tief eingeschnittene
Kerbknaggen und ein stark plastischer Trep-
penfries sind der charakteristische Schmuck
dieser Fassade. Zwei als Heiligenfiguren aus-
gebildete Knaggen konnten von der Bausub-
stanz des Vorkriegszustandes gerettet und in
den jetzigen Bau eingefügt werden. Auf der
Rückseite wurde diesem Hausteil bereits um
1900 ein massiver Anbau vorgesetzt, so daß
die Hofwand des Fachwerkbaues seit dieser
Zeit verbaut ist.
Das 13 Spann lange, breitgelagerte nördlich
anschließende Nachbarhaus Alte Knochen-
hauerstraße 12 ist mit seinen um 1500 ent-
standenen beiden Untergeschossen nurwe-


Steinstraße 4, Jüdisches Gemeindehaus, 1875, Architekt C. Uhde

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