Friedrich-Wilhelm-Str. 43-49
Friedrich-Wilhelm-Str. 3/4, Oberpostdirektion, 1878-81, Architekt J. Raschdorf
sich der „Medizinische Garten“ aus, ein Ge-
lände, das in derzeit nach der Reformation als
Kräutergarten für die Apotheken des Rates
genutzt wurde. Seit dem Mittelalter befand
sich im Nordosten des Geländes eine mehr-
fach umgenutzte, wohl um 1200 gegründete
und 1224 von Pfalzgraf Heinrich unter Schutz
genommene Niederlassung der Johanniter,
deren Kirche zuletzt als Lazarett benutzt und
1784 abgebrochen wurde. 1794 wurde in den
„Medizinischen Garten“ ein großer Fest-und
Konzertsaal gebaut, der erst Vauxhall, dann
Odeon hieß.
Mit der Anlage der Friedrich-Wilhelm-Straße
ab 1876 wurde diese innerstädtische, kaum
bebaute und von Flußläufen eingefaßte Grün-
zone in eine großstädtische Verkehrs- und
Geschäftsstraße umgewandelt, die den da-
maligen Bahnhof auf kürzestem Wege mit
dem Stadtzentrum verband.
Die nach dem bei Quatre-Bras gefallenen
Herzog Friedrich-Wilhelm von Braun-
schweig-Lüneburg benannte Straße hat ei-
nen ungewöhnlichen Verlauf: von Süden auf
das Stadtzentrum gerichtet, teilt sie sich in
zwei Arme, von denen der kürzere in nord-
westlicher Richtung die Verbindung mit dem
Kohlmarkt herstellt, der längere in östlicher
Richtung abbiegt und auf die Münzstraße zu-
läuft. In dieser Straßengabel wurde in den
Jahren 1878 bis 1881 die neue Oberpostdi-
rektion errichtet (Friedrich-Wilhelm-Straße 3-
-4), ein repräsentativer Prachtbau, entworfen
vom Architekten des Berliner wilhelmini-
schen Domes, Julius Raschdorf. Das auf ge-
böschtem Rustikasockel ruhende vielachsige
Gebäude besteht aus zwei stumpfwinklig an-
einandergebauten Flügeln mit einem auf der
Rückseite in den Hof ragenden Annex. Die
Schauseite zur Friedrich-Wilhelm-Straße ist
zweimal gebrochen und bildetdrei Fassaden-
kompartimente aus, deren Gliederungsviel-
falt und reicher bauplastischer Schmuck die
verschiedensten gotischen Formen mit stili-
stischen Merkmalen der Renaissance ver-
mengen. Der mittlere, schmale Fassadenteil
ist durch eng beieinanderstehende flankie-
rende Türme mit Erkern sowie durch das
große Hauptportal besonders akzentuiert. Als
Point de vue jedoch wird der westliche Flügel
städtebaulich wirksam: sein abgetreppter
Ziergiebel mit Dreipaßöffnungen und Reichs-
adler unter gotisierendem Wimperg liegt in
der Achse des vom ehemaligen Bahnhof hier-
her führenden Hauptastes der Friedrich-Wil-
helm-Straße.
Im Nordwesten schließt an das Postgebäude
ein viergeschossiges Wohn-/Geschäftshaus
(Friedrich-Wilhelm-Straße2) an, das wohl um
1875 errichtet wurde und zumindest in seinen
drei Obergeschossen noch weitgehend die
originale Fassadengestaltung aufweist. Über
dem modern gestalteten Ladengeschoß er-
heben sich zwei Wohngeschosse in Sichtzie-
gelmauerwerk und über einem breiten Ge-
sims mit Formziegelfries ein verputztes vier-
tes Geschoß. Das breite Dachgesims, das auf
Volutenkonsolen vorkragt, kopiert ebenso
wie die dreieckig überdachten und pilasterge-
stützten Fenstereinfassungen barock-klassi-
zistisches Formengut.
Das gegenüberliegende „Haus Anker“
(Friedrich-Wilhelm-Straße 51) ist 1901/2 als
Kaufhaus für Herren- und Knabenbekleidung
98
Friedrich-Wilhelm-Str. 3/4, Oberpostdirektion, 1878-81, Architekt J. Raschdorf
sich der „Medizinische Garten“ aus, ein Ge-
lände, das in derzeit nach der Reformation als
Kräutergarten für die Apotheken des Rates
genutzt wurde. Seit dem Mittelalter befand
sich im Nordosten des Geländes eine mehr-
fach umgenutzte, wohl um 1200 gegründete
und 1224 von Pfalzgraf Heinrich unter Schutz
genommene Niederlassung der Johanniter,
deren Kirche zuletzt als Lazarett benutzt und
1784 abgebrochen wurde. 1794 wurde in den
„Medizinischen Garten“ ein großer Fest-und
Konzertsaal gebaut, der erst Vauxhall, dann
Odeon hieß.
Mit der Anlage der Friedrich-Wilhelm-Straße
ab 1876 wurde diese innerstädtische, kaum
bebaute und von Flußläufen eingefaßte Grün-
zone in eine großstädtische Verkehrs- und
Geschäftsstraße umgewandelt, die den da-
maligen Bahnhof auf kürzestem Wege mit
dem Stadtzentrum verband.
Die nach dem bei Quatre-Bras gefallenen
Herzog Friedrich-Wilhelm von Braun-
schweig-Lüneburg benannte Straße hat ei-
nen ungewöhnlichen Verlauf: von Süden auf
das Stadtzentrum gerichtet, teilt sie sich in
zwei Arme, von denen der kürzere in nord-
westlicher Richtung die Verbindung mit dem
Kohlmarkt herstellt, der längere in östlicher
Richtung abbiegt und auf die Münzstraße zu-
läuft. In dieser Straßengabel wurde in den
Jahren 1878 bis 1881 die neue Oberpostdi-
rektion errichtet (Friedrich-Wilhelm-Straße 3-
-4), ein repräsentativer Prachtbau, entworfen
vom Architekten des Berliner wilhelmini-
schen Domes, Julius Raschdorf. Das auf ge-
böschtem Rustikasockel ruhende vielachsige
Gebäude besteht aus zwei stumpfwinklig an-
einandergebauten Flügeln mit einem auf der
Rückseite in den Hof ragenden Annex. Die
Schauseite zur Friedrich-Wilhelm-Straße ist
zweimal gebrochen und bildetdrei Fassaden-
kompartimente aus, deren Gliederungsviel-
falt und reicher bauplastischer Schmuck die
verschiedensten gotischen Formen mit stili-
stischen Merkmalen der Renaissance ver-
mengen. Der mittlere, schmale Fassadenteil
ist durch eng beieinanderstehende flankie-
rende Türme mit Erkern sowie durch das
große Hauptportal besonders akzentuiert. Als
Point de vue jedoch wird der westliche Flügel
städtebaulich wirksam: sein abgetreppter
Ziergiebel mit Dreipaßöffnungen und Reichs-
adler unter gotisierendem Wimperg liegt in
der Achse des vom ehemaligen Bahnhof hier-
her führenden Hauptastes der Friedrich-Wil-
helm-Straße.
Im Nordwesten schließt an das Postgebäude
ein viergeschossiges Wohn-/Geschäftshaus
(Friedrich-Wilhelm-Straße2) an, das wohl um
1875 errichtet wurde und zumindest in seinen
drei Obergeschossen noch weitgehend die
originale Fassadengestaltung aufweist. Über
dem modern gestalteten Ladengeschoß er-
heben sich zwei Wohngeschosse in Sichtzie-
gelmauerwerk und über einem breiten Ge-
sims mit Formziegelfries ein verputztes vier-
tes Geschoß. Das breite Dachgesims, das auf
Volutenkonsolen vorkragt, kopiert ebenso
wie die dreieckig überdachten und pilasterge-
stützten Fenstereinfassungen barock-klassi-
zistisches Formengut.
Das gegenüberliegende „Haus Anker“
(Friedrich-Wilhelm-Straße 51) ist 1901/2 als
Kaufhaus für Herren- und Knabenbekleidung
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