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Scharrnstraße heute überhaupt keine denk-
malwerte Bausubstanz mehr vorhanden und
in der Breite Straße nur noch punktuell einige
wenige Reste.
An der vom Bäckerklint zum Altstadtmarktzu-
rückführenden Breite Straße liegt auf der Ost-
seite, gegenüber der Einmündung der neu
angelegten „Mummetwete“, mit der Haus-
nummer 18 das 1955 wiederaufgebaute Haus
des Ratsweinschenken J. F. Rönkendorff. Es
wurde 1713 errichtet, dreigeschossig, mit
sieben Fensterachsen und dreiachsigem
Zwerchhaus unter Segmentbogengiebel.
Das im Kriege schwer beschädigte Haus
wurde in der ursprünglichen Kubatur, aber in
vereinfachten Formen wiederaufgebaut; von
der alten Bausubstanz ist lediglich das in der
Mittelachse sitzende, mächtige barocke Tor
sowie ein zweischiffiger, kreuzgratgewölbter
Kellerraum mit niedrigen, kräftigen Pfeilern
erhalten (Restaurant). Das Portal des ur-
sprünglich in einem nüchternen, antikisieren-
den Barock errichteten Hauses hat zwischen
doppelten Wandpilastern mit Kompositkapi-
tellen eine korbbogige Durchfahrt, die von ei-
nem gesprengten Segmentbogen überfan-
gen wird. Das Bogenrelief mit üppigen Wein-
ranken und Brotlaiben nimmt Bezug auf die
seit der Errichtung des Gebäudes ununter-
brochene Funktion als Gasthaus.
Ein ungewöhnlich reich und kunstvoll ausge-
stattetes Renaissanceportal ist in den 1953

errichteten Neubau (Breite Straße 3-4) des
Gymnasiums „Martino-Katharineum“ über-
nommen worden. 1592 wurde es im Zuge ei-
nes Umbaues für die alte Martinischule am
Bankplatz hergestellt und stammt aus dem
Umkreis oder von Balthasar Kircher selbst,
dem am Ostgiebel des Gewandhauses täti-
gen Bildhauer aus Süddeutschland. Nach der
Zerstörung der alten Lateinschule der Martini-
gemeinde 1944 wurde das erhalten geblie-
bene Portal in deren Nachfolgeinstitution und
in den Neubau an der Breiten Straße über-
nommen. Das reich mit Frei- und Hochrelieffi-
guren ausgestattete Rundbogenportal zeigt
die personifizierten Künste auf einer Ädiku-
laarchitektur, die von Hermenpfeilern getra-
gen wird. Eirtgrjalitätvoll gearbeitetes Supra-
portenrelief stellt die Szene dar, in der der Hl.
Martin seinen Mantel mit einem Bettler teilt.
Am südlichen Ende der Breite Straße, nörd-
lich an den Nordflügel des Altstadtrathauses
angebaut, steht die zweigeschossige Fas-
sade des ehern. Autorshofes (Breite Straße
1). Sieist heute Bestandteil eines dahinter lie-
genden, 1985 von Dieter Quiram errichteten
Neubaues, der Maßstab und Struktur der Re-
naissancefassade aufnimmt und dessen Erd-
geschoß heute, zusammen mit den benach-
barten Räumen des Altstadtrathauses, als
Ausstellungsfläche genutzt wird. Der Autors-
hof wurde 1681 an der Stelle einer abgebro-
chenen Sühnekapelle, die nach dem Stadtpa-

tron St. Autor benannt war, als Messege-
wölbe errichtet. Eine 1754 von Anton August
Beck gezeichnete Ansicht des Altstadtrat-
hauses zeigt die Fassade des Autorshofes
noch in schlichter zweigeschossiger Form
unter einem Satteldach, lediglich die mittlere
der drei Arkaden ist durch besondere Stein-
metzbearbeitung hervorgehoben. Demnach
scheint die Fassade in der Ausbildung der
seitlichen Arkadenbögen, des Obergeschos-
ses und des Dachbereiches mit gesprengtem
Segmentgiebel der Umbauphase zu ent-
stammen, die mit dem Datum 1855 im Schei-
telstein des nördlichen Arkadenbogens do-
kumentiert ist.

ST. MICHAELIS
Im Südwesten der Altstadt liegt deren vierte
und kleinste Pfarrkirche, St. Michaelis. Sie
war einst Mittelpunkt einer altstädtischen Ge-
meinde, deren Bevölkerung vorwiegend den
unteren sozialen Schichten angehörte. Zwi-
schen Sonnenstraße im Norden, Prinzenweg
im Süden sowie Güldenstraße und Neustadt-
mühlengraben im Osten und Westen liegt ein
von Kriegsschäden kaum betroffener, einen
Teil der historischen Michaelisbauerschaft
umfassender und seit der Nachkriegszeit als
Traditionsinsel behandelter Rest dieses hi-
storischen Viertels am Rande der mittelalterli-
chen Stadt. Seine von der übrigen Altstadt ab-

Breite Straße 1, ehern. Autorshof


Breite Straße 3-4, Gymnasium „Martino-Katharineum“,
Renaissanceportal 1592


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