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EHEM. KLOSTERFREIHEIT
ST. AEGIDIEN
Die naturräumlichen Gegebenheiten am öst-
lichen Okerufer förderten schon sehr früh fe-
ste Ansiedlungen im Gebiet des heutigen Ma-
gniviertels und der Aegidienkirche: Südöst-
lich der ehemals auf einer Okerinsel gelege-
nen Burg schiebt sich eine flache Geländeer-
hebung terrassenartig aus dem Über-
schwemmungsgebiet bis dicht an die Oker
heran, so daß die topographische Situation
hier, neben einem sicheren und kurzen Fluß-
übergang, günstige Voraussetzungen für
eine nicht ständig von Hochwasser bedrohte,
dabei aber doch in Flußnähe liegenden An-
siedlung bot. Das Dorf „Brunesguik“, das
sich später zum Weichbild Altewiek entwik-
kelte und der Gesamtstadt den Namen gab,
bestand hier wohl schon im 9. Jh. Im Südwe-
sten dieser sich um die Magnikirche gruppie-
renden Ansiedlung steigt das Gelände zu ei-
nem allseits aus der Umgebung hervortreten-
den Hügel an, der sich an seinem Westrand
dicht an die Oker heranschiebt und dort etwas
steiler zum Fluß hin abfällt. Auf dieser in vor-
städtischer Zeit „Köpfeberg“ genannten
höchsten Stelle innerhalb des mittelalterli-
chen Stadtgefüges (76 m überN. N.) entstand
mit der Stiftung eines Klosters, der zugehöri-

gen Wirtschaftsgebäude und Ländereien so-
wie der aus der Stadtsilhouette herausragen-
den Kirche die Klosterfreiheit St. Aegidien,
deren Gebiet, als welfisches Eigenkloster,
ebenso wie der Burgbezirk dem Stadtrecht
entzogen und direkt dem Landesherrn ver-
pflichtet war.
Profanierung, Umnutzung, städtebauliche
Maßnahmen im 19. Jh. und Zerstörungen
während des Zweiten Weltkrieges, verur-
sachten sukzessive eine Reduktion des ehe-
mals an baulichen und gärtnerischen Anlagen
reichen Klosterareals.
Im 15. Jh., als das Kloster eine zweite Hoch-
blüte erlebte, umfaßte das Gelände der Klo-
sterfreiheit ein weiträumiges Areal, das im
Westen bis zur (dort um 1890 kanalisierten)
Oker reichte, im Norden den Aegidienmarkt
einschloß und sich östlich in einem spitzen
Winkel bis zum Aegidientor erstreckte. Im Sü-
den war die Grenze die Stadtmauer. An bauli-
chen Anlagen gehörten zum Kloster neben
der Kirche und der Klausur noch ein Propstei-
gebäude, die Aegidienmühle an der Oker, die
noch im 19. Jh. existierte sowie schon seit
dem 12. Jh. eine Schule, deren Nachfolgebau
noch an der alten Stelle am Lessingplatz (s.
Lessingplatz 1) steht. An den ehemals auf
dem Gebiet der Klosterfreiheit gelegenen

Straßen Hinter Aegidien, Mönchstraße und
Spohrplatz entstanden im Laufe der Zeit
hauptsächlich kleinbürgerliche Wohnhäuser,
deren Bewohner bis zur Reformation nach St.
Magni eingepfarrt waren.
Nach der großflächigen Umstrukturierung
des Verkehrsverlaufes an Bohlweg, Stoben-
straße und Aegidienmarkt in der Nachkriegs-
zeit, führt auf die heute im Stadtgefüge völlig
offen liegende Nordflanke der Kirche die
mehrspurige östliche Kerntangente zu und an
ihrem Fuß vorbei, so daß der alte, historisch
gewachsene, städtebauliche Zusammen-
hang zwischen Altewiek/St. Magni und St.
Aegidien durchtrennt wurde. Spohrplatz,
Mönchstraße und Hinter Aegidien wurden
vom Durchgangsverkehr frei gehalten und
können auch heute noch etwas von der Atmo-
sphäre der inselhaften Abgeschiedenheit des
ehemaligen Klosterbezirkes vermitteln.
Die Stiftung des Klosters, das mit Benedikti-
nermönchen besetzt wurde, geht auf die
letzte Brunonin, Markgräfin Gertrud, zurück.
1115 ließ sie den Bau beginnen, der von
Heinrich, Abt aus Bursfelde, geleitet wurde.
Als erster Abt der neuen Klostergemeinschaft
wurde Goswin aus dem Kloster Ilsenburg ein-
gesetzt.



Distriktkarten der Stadt Braunschweig, Plan des Distriktes C (Ausschnitt), Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel, K 521

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