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Der auf dem Gelände dieser alten Klosterstif-
tung heute befindliche, nach äußerer Form
und Nutzung heterogene Baubestand, ist
Spiegel einer sehr wechselvollen Ge-
schichte, deren gesamte, aus mehreren Jahr-
hunderten stammende bauliche Hinterlas-
senschaft für den Denkmalbereich die ge-
schichtliche Begründung abgibt.
Der romanische Ursprungsbau des Klosters
fiel 1278 einem verheerenden Stadtbrand
zum Opfer, der von der Altewiek ausgehend,
auch St. Aegidien erfaßte und von der ganzen
Anlage des 12. Jh. nur die Grundmauern der
Kirche, Teile derTurmfront sowie vom Ostflü-
gel der Konventsgebäude das Erdgeschoß
mit vier gewölbten Räumen und dem zugehö-
rigen Kreuzgangflügel übrig ließ. Der sofort
nach dem Brand in Angriff genommene Kir-
chenneubau wurde als gotische Hallenkirche
mit Umgangschor ausgeführt und ist, bis auf
geringfügige Veränderungen, der Bau, der
sich bis heute erhalten hat; die Reste des nie
zu Ende geführten romanischen Turmwerkes
wurden 1817 abgebrochen. Die ebenfalls
nach dem Brand zum größten Teil neu errich-
teten Klausurgebäude dienten nach Auflö-
sung des Klosters 1529 dem evangelischen
Frauenstift St. Leonhard und wurden später

zum Kreisgefängnis umgebaut. Die Kirche
wurde nach der Reformation Pfarrkirche für
das Gebiet der Klosterfreiheit und ab 1718
auch Garnisonkirche. Ende des 19. Jh. sind
Süd- und Westflügel der Klausurgebäude
endgültig abgebrochen worden, nachdem die
Kirche selbst schon seit 1811 profaniert war
und bis 1836 als Torf- und Salzspeicher ge-
dient hatte. Bis zum kompletten Umbau des
ganzen ehemaligen Klosterbereiches für die
Zwecke des „Vaterländischen Museums“,
der ab 1902 in Gang kam, war die Kirche Fei-
erhalle für Konzerte und Ausstellungen. Der
Neubau des „Vaterländischen Museums“
war 1906 abgeschlossen und umfaßte von da
an bis 1945 den gotischen Kirchenbau, die
Reste der romanischen Klausurgebäude im
ehemaligen Ostflügel des Klosters, dessen
Obergeschoß vollständig erneuert wurde, so-
wie fernerden westlich daran anschließenden
Chor der ehemaligen Paulinerkirche, der
1903 abgetragen und hierher transloziert
worden war.
Dieser gotische Chor war Kernstück eines zu
Beginn des 14. Jh. am Bohlweg eingerichte-
ten Dominikanerklosters, dessen 1343 ge-
weihte Kirche nach der Reformation und der
Auflösung des Klosters als Arsenal diente.

1712 ist der ganze Klosterkomplex in barok-
ken Formen zum Zeughaus umgebaut wor-
den, wobei man den Chor lediglich ummantelt
hat, so daß kaum Eingriffe in die gotische Bau-
substanz erfolgten. Als für den Neubau des
„Braunschweigischen Staatsministeriums“
ab 1903 das nicht mehr benötigte Zeughaus
fallen mußte, konnte so wenigstens der Chor
der alten Kirche für das bei St. Aegidien neu
zu schaffende Museumsareal gerettet wer-
den. Seither schließt die neue Gebäudegrup-
pierung eine Freifläche ein, die im östlichen
Teil den alten Klosterhof mit dem „1473“ da-
tierten Brunnen umfaßt und sich nach Westen
hin bis zur Straße Hinter Aegidien zu einer
gärtnerischen Anlage öffnet, die als Lapi-
darium dient. Durch diesen „Museumsgar-
ten“ führt auch der von Westen kommende
Zugang, für dessen Abgrenzung zur Straße
hin die ebenfalls aus der Abbruchmasse des
Zeughauses stammende barocke Gitter- und
Toranlage mit den Emblemen Herzog Ludwig
Rudolfs wiederverwendet wurde. 1948 wurde
die Aegidienkirche als katholische Propstei-
kirche wieder gottesdienstlichen Zwecken
zugeführt. Die übrigen Gebäude werden vom
heutigen „Braunschweigischen Landesmu-
seum“ für die Abteilung Geschichte und
Volkstum genutzt.

St. Aegidien, Luftaufnahme


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