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zeit stark frequentierter Verkehrsknoten, des-
sen Brennpunkt unmittelbar vor der Turm-
front der Katharinenkirche liegt und sich an
ihrer Nordseite, auf der vielbefahreren Fallers-
leber Straße fortsetzt.
Wohl zwischen 1200 und 1205 im Osten be-
gonnen, war der romanische Vorgänger der
heutigen Hallenkirche um 1230/40 bis zum
Untergeschoß des Westbaues gediehen,
dessen Gesimshöhe, wie am Dom, derTrauf-
höhe des Langhauses entsprach. Kurz vor
1250 war auch das zweite Westbaugeschoß
vollendet. Analog zum Westbau des Domes
beginnt an dieser Turmfront der Übergang
zur oktogonalen Form der beiden Türme
schon mit dem zweiten Geschoß, das hier
aber bei weitem nicht mehr so geschlossen
und blockhaft gestaltet ist wie dort. In einem
zweizonigen Aufbau, geteilt durch ein feines
Gesimsband, sind an diesem Geschoß auf
unterschiedlichen Höhen und in verschiede-
nen Größen spitzbogige Arkadenöffnungen
bzw. Blendbögen eingelassen, die zusam-
men mit einer Reihe von Stäben und Kanten-
lisenen und einem das Geschoß abschlie-
ßenden gestuften Bogenfries eine sehr leb-
hafte und plastische Wirkung erzeugen. Im
Unterschied hierzu bleibt das nur zurückhal-
tend gegliederte Untergeschoß abhängig
von den Westbauten des Domes und St.
Martini. Mit großen Öffnungen hervorgeho-
ben ist hier lediglich die Mittelachse durch
ein reichgeschmücktes, rundbogiges Stufen-
portal, dessen vielfältige Profilierung in dem
darüberliegenden Rundbogenfenster aufge-
griffen und weitergeführt wird. Ein Bogen-
und Sägefries trennt beide Geschosse von-
einander.
Schon kurz nach 1250 begann auch an die-
ser im gebundenen System errichteten Basi-
lika der Umbau zur Hallenkirche in enger An-
lehnung an den gleichen Vorgang bei St.
Martini, wo dieser Umbau wohl nur wenige
Jahre früher stattfand. Die Umwandlung er-
folgte durch die Herausnahme der Zwi-
schenpfeiler im Mittelschiff und die Öffnung
der Scheidbögen auf die Höhe der neuerrich-
teten, mit dem Mittelschiff gleich hohen Sei-
tenschiffe. Beibehalten wurden vom romani-
schen Ursprungsbau die gurtlosen Gratge-
wölbe des Mittelschiffes und des Querhau-
ses. Auch die Werkstücke der Zwischenpfei-
ler der alten Basilika mit Wandvorlage und
Kantensäulchen wurden als Stützglieder der
neuen, hohen Scheidbögen des Hallenrau-
mes wiederverwendet, so daß im Aufbau der
Pfeiler eine Zweigeschossigkeit entstand.
Die in der Flucht der Querhausstirnseiten auf-
geführten Seitenschiffe mit Gurtbögen und
Kreuzrippengewölben in Birnstabform wa-
ren im letzten Viertel des 13. Jh. vollendet. Im
Anschluß an den Umbau zur Hallenkirche er-
folgte eine Erweiterung des Chores, die noch
vor 1350 mit der Errichtung des 7/10-Chor-
schlusses ihren Abschluß fand. Seine end-
gültige Form erhielt das Langhaus im späten
14. Jh., als die Seitenschiffe über das Quer-
haus hinaus um zwei Joche verlängert wur-
den, wodurch zwei Seiten des Chorpolygons
in den Innenraum zu liegen kamen.
Der Außenbau der Halle ist gekennzeichnet
durch eine gleichmäßige Abfolge der von

schmalen Strebepfeilern eingefaßten Seiten-
schiffjoche mit drei- und vierbahnigen Maß-
werkfenstern und krabbenbesetzten Zwerch-
giebeln. In der Stirnwand des ehemaligen
nördlichen Querhausarmes sitzt noch ein
einfaches, spätromanisches Portal mit Sok-
kelumlauf und im Westjoch der Nordseite ein
weiteres gotisches Stufenportal mit reich ge-
stalteten Blattkapitellen. Großen Formen-
reichtum zeigen die Blendmaßwerke der
Zwerchgiebel,von denen die überden Quer-
häusern aber erst 1848/49 ihre heutige Ge-
stalt erhielten. Darüber hinaus bemerkens-
wert sind die figürlichen Darstellungen an
drei Giebeln der östlichen Abschlußjoche auf
beiden Seiten des Chores: im Süden zeigen
sie, eingebunden in das Maßwerk, eine Ma-
rien krön ung mit zwei Assistenzfiguren sowie
eine Kreuzigung und im Norden die Statue
der Hl. Katharina. Neben ihr ist in einem Maß-
werkbogen das Datum „1450“ eingemeißelt,
das wohl den endgültigen Abschluß der Um-
bauarbeiten zur Hallenkirche dokumentiert.

Die oberen Geschosse der Westanlage mit
der in ihren Maßwerkformen vom Dom ab-
hängigen Glockenstube waren 1379 mit der
Vollendung des Südturmes, einschließlich
des spitzen Pyramidendaches, abgeschlos-
sen. Der nie vollendete Nordturm erhielt 1511
ein Glockendach mit Laterne.
Von der mittelalterlichen Ausstattung der Kir-
che ist so gut wie nichts mehr erhalten. Unter
den wenigen noch vorhandenen, aus nachre-
formatorischer Zeit stammenden Epitaphien,
ist vor allem das mehrgeschossige, vielfigu-
rige für Jürgen von der Schulenburg und sei-
ner Ehefrau Lucia zu nennen, das um 1620
von Jürgen Röttger geschaffen wurde. Als
mit Säulen und Pfeilern sowie figürlichem
und floralem Schmuck reich ausgestattete
Renaissancearchitektur diente das Epitaph
einst als Lettner zwischen Chor- und Hallen-
raum, bis es 1789 an seinem jetzigen Stand-
ort an der Westwand des südlichen Seiten-
schiffes aufgestellt wurde.

Ev. Pfarrkirche St. Katharinen, nördliches Seitenschiff nach Südosten


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