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bau (Schuhstraße 15/16), der in freier Varia-
tion die Tradition der Braunschweiger Holzar-
chitektur aufnimmt und sie in historisieren-
der Ausformung weiterführt. Eine etwas au-
ßerhalb der Fassadenmitte verlaufende Bau-
naht macht deutlich, daß ursprünglich zwei
von einander getrennte Gebäude nachträg-
lich zu einem Gesamtkomplex zusammen-
gefaßt wurden. Der 1865 errichtete nördliche
Teil erhielt 1914 zusammen mit dem etwa zeit-
gleich entstandenen, etwas schmäleren süd-
lichen Teil eine aus Quadern gemauerte ein-
heitliche Schaufensterzone, bestehend aus
drei Arkaden und zwei seitlichen Eingängen.
Dieser später mehrfach veränderte Erdge-
schoßbereich ist 1985/86 wieder in eine na-
tursteinverkleidete Arkadenreihe mit Recht-
ecköffnungen zurückgebaut worden. Der vor-
kragende Drempel, die zwischengeschaltete
Übergangszone zwischen erstem und zwei-
tem Obergeschoß sowie das gemeinsame
Dach waren bei der Zusammenlegung bei-
der Gebäude 1914 noch nicht projektiert, sind
aber wohl nur wenig später entstanden. An
dem dicht strukturierten Zierfachwerk sind
vor allem die zu Zweier- und Vierergruppen
zusammengefaßten schmalen Fenster des
oberen Stockwerkes bemerkenswert, deren
gotisch anmutende Dreipaß- und Vorhang-
bogenstürze dem mittelalterlichen Steinbau
entlehnt sind.
Auf sehr kleiner, dreieckiger Parzelle steht
das letzte noch zur Schuhstraße gehörende
Haus, bevor diese sich zum Kohlmarkt hin
öffnet. In mittelalterlicher Zeit gehörte dieses

Grundstück (Schuhstraße 17) mit zur benach-
barten Parzelle, auf der später das „Haus zur
Rose“ (Kohlmarkt 1) errichtet wurde und das
seine Hofzufahrt und wohl auch den Haus-
eingang von dieser westlichen Seite her
hatte. Kleine Buden, die schon zu Beginn
des 14. Jh. hier am Eingang zur Schuhstraße
erwähnt werden, flankierten den Zugang zu
dem weit in die Tiefe führenden Grundstück
des zum Kohlmarkt ausgerichteten Haupt-
hauses. Erst am Ende des 16. Jh. ist dieser
kleine Zwickel mit einem eigenständigen,
viergeschossigen Fachwerkhaus überbaut
worden, dessen Fassade zur Schuhstraße
mit sieben Spann Breite relativ groß, der da-
hinter liegende umbaute Raum aber äußerst
klein ist. Bis auf die Ladenzone im Erdge-
schoß, die ihre jetzige angepaßte Form erst
vor wenigen Jahren erhalten hat, ist dem
Haus der größte Teil seines Holzgerüstes be-
wahrt geblieben. Die drei Fußschwellen der
Oberstöcke sind mit der Spätform des Laub-
stabes (Facettband) gechmückt, am ersten
und zweiten Oberstock begleitet von einem
Tauband, eine Schmuckform, die sowohl an
den durchlaufenden Brüstungsriegeln der
beiden oberen Stockwerke als auch an eini-
gen Knaggen wiederkehrt. Der kleine Fen-
stererker im ersten Stock, der es den Bewoh-
nern erlaubt, den Kohlmarkt zu überblicken,
ist wohl erst im 18. Jh. angefügt worden.
Während sich die östliche Bebauung der
Schuhstraße aus einer fortlaufenden Reihe
kleinerer, unterschiedlich gestalteter Baukör-

per zusammenfügt und ein noch relativ intak-
tes Bild einer historisch gewachsenen Stra-
ßenwand bietet, an der die Überlagerungen
bzw. Abfolgen bauhistorischer Epochen ab-
lesbar sind, ist die Westseite, nach schweren
Kriegsbeschädigungen über weite Teile mit
Geschäfts- und Kaufhäusern neu bebaut
worden, deren lange, überwiegend wenig ge-
gliederte Fassaden stark mit der gegenüber-
liegenden Seite kontrastieren, wodurch von
dem Straßenbild insgesamt heute eine sehr
disparate optische Wirkung ausgeht.
Restbestände historischer Architektur finden
sich auf der Westseite der Schuhstraße nur
noch am Übergang in den Kohlmarkt am
Südende der Straße und im nördlichen Be-
reich an der Kurve, an der sich die Straße
zum Sack hin ausweitet. Während das mas-
sive, gründerzeitliche Wohn-/Geschäftshaus
Schuhstraße 21 durch seine Stellung in der
trichterförmigen Öffnung der Straße zum
Kohlmarkt die Platzgestalt des Kohlmarktes
bereits stark mitbestimmt und dessen städ-
tebauliche Stellung folglich im Verband der
Kohlmarktbebauung zu bewerten ist (s. Kohl-
markt), bildet die Gruppe von vier aus den
sechziger Jahren des 19. Jh. stammenden
Bauten im Nordteil der Straße die einzige
Stelle, an der das historische Straßenbild auf
beiden Seiten noch intakt ist. Die Gruppe be-
steht aus drei Fachwerkbauten und einem
Bau mit Ziegelfassade, dessen restliche drei
Seiten aber ebenfalls in Fachwerk errichtet
sind (Schuhstraße 35, 36, 37, 38). Die drei
Fachwerkbauten sind alle in den Jahren

Schuhstr. 17, Ende 16. Jh.


Schuhstr. 15/16, 1865


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