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penstieg 2 zurück. Dem dreigeschossigen
Wohnhaus liegt ein Entwurf des herzogl.
Kreisbauinspektors Krähe zugrunde, der in
den beiden Obergeschossen jeweils fünf
Räume für insgesamt zehn Konventualinnen
vorsah und im Erdgeschoß einen gemeinsa-
men Wohnraum sowie zwei Zimmer für die
Oberin. In einem eingeschossigen Anbau auf
der Hofseite waren Küche, Speisekammer
und Waschküche untergebracht. Das in sei-
nem äußeren Erscheinungsbild unverän-
derte Gebäude ist in der für den Späthistoris-
mus untypischen Reduktion des schmük-
kenden Beiwerkes und in der stringenten
Ausschöpfung der gestalterischen Möglich-
keiten des Ziegels an den Prinzipien der
Hannoverschen Schule orientiert, ein im
Braunschweiger Stadtbild seltenes Beispiel
dieser sachlich und bescheiden wirkenden
Architektursprache, die zur Entstehungszeit
des Gebäudes für die Funktion eines Begi-
nenhauses als angemessen erachtet wurde.
Neben dem Vieweghaus auf der Ostseite des
Papenstieges dominieren heute das Stra-
ßenbild zwei große Geschäftshäuser, die zu-
sammen mehr als die Hälfte der Westseite
der Straße beanspruchen. Es sind dies die
Druckereigebäude der Firma Langerfeldt/
Limbach (Papenstieg 4-7), beide von den Ar-
chitekten Rasche und Kratsch entworfen
und 1903/04 (Nordteil) und 1910 (Südteil) er-

baut. Von den beiden erst jüngst renovierten
Bauten ist der ältere nördliche Teil einem ver-
sachlichten Jugendstil zuzuordnen, der bis
auf die mit Wappen und Emblemen, dem Fir-
menschriftzug und zwei umrankten Masken-
köpfen ausgestattete Übergangszone zwi-
schen Erd- und erstem Obergeschoß fast
keinen weiteren Bauschmuck aufweist. Den
Putzbau gliedern im übrigen gleichmäßig ge-
reihte Arkaturen, wobei sich das Erdgeschoß
durch eine Quaderimitation von den glatt ver-
putzten und alle drei Obergeschosse über-
greifenden Bogenfeldern absetzt.
Der jüngere, südliche Baukörper, dessen stei-
les Dach ebenso wie das des nördlichen mit
Gauben bzw. Dachhäuschen zweigeschos-
sig ausgebaut ist,wird von einerornamentlo-
sen Putzgliederung bestimmt, die mit mächti-
gen Wandpfeilern und breiten horizontalen
Wandstreifen die Fassade in eine rechtwink-
lige Rasterung zwingt.
Der Papenstieg endet im Norden an einer
Kreuzung, die er mit den dort aufeinander-
treffenden Straßen Schild, Höhe und Marstall
bildet. Der von hier nach Osten abbiegende
Marstall zeichnet zusammen mit dem Verlauf
des Papenstieg die sichelförmige Linie nach,
in der bis zum Ende des 18. Jh. die nördliche
Hälfte des Burggrabens die alte Burgfreiheit
umfloß. Beim Wiedereintritt dieses Grabens
in die erst Ende des 19. Jh. verrohrte Oker am

heutigen Ruhfäutchenplatz hatte das Weich-
bild Sack seinen einzigen Zugang zum Fluß
mit der den Stadtteil versorgenden Wasser-
kunst und einer Pferdetränke. Die erst seit
1870 nach einem im 14. Jh. hier nachweisba-
ren Marstall benannte kurze Straße ist nach
Kriegszerstörungen auf der Nordseite heute
modern bebaut.
Auf der Südseite haben sich zwischen einer
jüngst erst geschlossenen Baulücke im Be-
reich der Kreuzung im Westen und der Nord-
front des Hotels Deutsches Haus (s. Ruhfäut-
chenplatz) zwei Wohn-/Geschäftshäuser des
19. Jh. erhalten, von denen Marstall 19 nahezu
unversehrt überdauert hat und Marstall 18
als historisierender Neubau mit wiederver-
wendeten Werksteinversatzstücken vor allem
straßenbildschließende Funktion hat. Mar-
stall 19 besitzt eine späthistoristische Fas-
sade, die mit ihren der Neorenaissance zuzu-
rechnenden Gliederungselementen das Ge-
bäude in die neunziger Jahre des letzten
Jahrhunderts datiert. Mit seinem Formen-
reichtum, der soliden handwerklichen Verar-
beitung des in Kontrast zum roten Ziegel-
mauerwerk gesetzten Werksteinschmuckes
und aufgrund seines guten Erhaltungszu-
standes ist der Bau zu den wertvolleren Ex-
emplaren der in der Innenstadt Braun-
schweigs nur noch in wenigen Beispielen
vorhandenen Architekturen der späten Grün-
derzeit zu zählen.

Papenstieg 4-7, ehern. Druckerei- und Bürogebäude, 1903/04, Papenstieg 2, ehern. St. Annenkonvent, 1894/95,
Architekten Rasche und Kratsch Architekt Kreisbauinspektor Krähe


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